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Die Krönung von Ras Tafari zum Negusa Nagast (König der Könige)

Der Titel Negusa Nagast, (König der Könige), in der italienischen Schreibweise auch Negus-Negesti genannt, ist der Titel der solomonischen Kaiser von Äthiopien. Letzter Negusa Nagast Äthiopiens ist der 1930 gekrönte Haile Selassie, der bei einem Putsch 1974 entmachtet wurde. Die göttliche Herrschaftslegitimation der solomonischen Dynastie steht in dem im 13. Jahrhundert verfassten Kebra Nagast (die Herrlichkeit der Könige). Darin wird der Herrschaftsanspruch der Solomoniden legitimiert, indem ihre Abstammung von König Salomon und der Königin von Saba durch die Heilige Schrift hergeleitet wird. Der Negusa Nagast ist Oberhaupt, Symbol und Verkörperung des heiligen äthiopischen Reiches, des Volkes und der Nationalkirche. 
 
Neben dem Kebra Nagast existiert das weniger bekannte Fetha Nagst (Gesetz der Könige). Es vereinigt geistige und weltliche Angelegenheiten. Das Regelwerk wurde bis zur sozialistischen Revolution 1974 von den Regierungen des Reiches und der Kirche angewendet, unterstützt und in Ehre gehalten. Es beinhaltet die Rechtsprinzipien, die in Äthiopien für Jahrhunderte angewendet wurden. Der Inhalt ist nicht nur für das gemeine Volk, Klerus und Adel, sondern auch für den Negusa Nagast verbindlich. Es ist im Grunde genommen nichts anderes, als die Festschreibung eines theokratischen Systems nach dem Vorbild der Tradition israelitischer Könige, die mit David I begonnen hat. Hier ein paar Beispiele (Erläuterungen in Klammern):

- Ein Herrscher wird nur von Gott bestimmt. Gott hat einen Herrscher und Richter eingesetzt, damit auf der Welt eine wunderschöne Ruhe herrscht. (Gegen die Autokratie von Gottes Vertreter auf Erden hat sich niemand zu stellen)

- Der Negusa Nagast soll von dem Priestern das Heilige Buch bekommen, so daß er Gottesfurcht lernt, die Gebote beachtet und ausübt. Wenn der König zum Häretiker wird, ist er nicht länger ein König, sondern ein Rebell. (Kirche und Staat folgen einer Lehre. Es gab zweimal Versuche, diese Einheit zu trennen: die nicht auf König Salomon zurückgehende  muslimische Sagwe Dynastie übernahm für eineinhalb Jahrhunderte die Macht, bevor die christlichen Solomoniden wieder in die Regierung zurückkehrten. Anfang des 20. Jh. versuchte der Thronfolger von Menelik II, Lij Iyasu, den Islam zu umarmen. Damit zog er den Zorn von Kirche und Adel auf sich und wurde von Ras Tafari, dem späteren Haile Selassie, abgesetzt.)

- Der ernannte König muß ein Amhara aus der Blutlinie Salomo sein. Es steht nicht an, einen Fremden oder Ungläubigen über sich zu stellen. (Obwohl sie in Äthiopien in der Minderheit sind, haben die Amhara immer die Geschicke des Landes geleitet. Ihre Sprache, das Amharische, ist semitischen Ursprungs. Sie geht auf das Ge’ez zurück, das heute nur noch als liturgische Sprache verwendet wird. Die Amhara behaupten von sich, das Mischprodukt aus einheimischen Hamiten und den zu salomonischen Zeiten mit David II (Bayna Lehkhem / Menelik I) nach Äthiopien eingereisten Israeliten zu sein. 

- Der König soll auf den Rat der Alten und Weisen hören und nicht der Generation der Jungen, die mit ihm aufgewachsen ist, folgen oder sie zu stark in seine Regierung einbinden. (Salomos zweiter Sohn, Rehoboam hat nach seiner Übernahme als König von Israel die von Salomo geschätzten Alten aus seiner höfischen Verwaltung entfernt und durch Leute ersetzt, mit denen er groß geworden ist. Als Folge änderten sich die Innen- und Außenpolitik des Landes von salomischer Weisheit, Güte und Brüderlichkeit zur Regierung der eisernen Faust. Der Gipfel der problematischen und konfliktgeladenen Politik war die Spaltung des Landes und die Wahl eines neuen Königs, Jerobeam, der die nördlichen Stämme anführte und der folgende Niedergang des Landes Israel.)

- Der spirituelle und gesellschaftliche Nutzen, der vom Herrscher ausgeht, soll durch Tribute und Geldgeschenke anerkannt werden. (Der König forderte den biblischen Zehnten als Abgabe.)

- Der König muß den Klerus ehren und mit Geld, in der Höhe vom Rang des Geistlichen abhängig, unterstützen. Die Kirche muß keine Abgaben an den König leisten. (Eine weitere Verquickung von weltlicher und geistlicher Macht.)

- Der König soll seine Hand nicht gegen Geistliche oder die Heiligen Gottes heben, damit er vom Schicksal der bösartigen Kinder Israels verschont bleibt. (Salomon hat fremden Götzen gehuldigt. Damit begann spirituell der Niedergang des Landes. Als dann die Juden ihren König Jesus Christus kreuzigten, besiegelten sie ihr Schicksal: gemäß der Bibel wurden sie auf der ganzen Erde verteilt und müssen leiden, bis ihr noch zu erscheinender Messias sie erlösen wird.)


Alle diese Regeln sind aus dem Alten Testament abgeleitet und mit Beispielen aus der Schrift erläutert.

Selassie hat nach seiner Krönung zum Kaiser auf Basis des Fetha Nagast einen Strafcode entwickelt, der zunächst nicht unter das Volk gelangte, weil die italienischen Invasoren die bereits gedruckten Kopien und die Druckstöcke verbrannten. In den Sechziger Jahren des 20. Jh. wurde das Buck dann gedruckt und von der Rechtsfakultät der Haile Selassie Universität in Adddis Abeba ins Englische übersetzt. 
 

H.I.M. mit der Kaiserkrone
Ras Tafari wurde insgesamt drei Mal gekrönt: 1916 zum Regenten, weil der auserkorene Thronfolger Lij Yasu unfähig war und beabsichtigte, die älteste christliche Nation zu islamisieren. 1928 wurde Tafari Negus (König), nachdem er eine Palastrevolte von Zauditu, Frau des vorigen Kaisers Menelik II, die als Frau den traditionell männlich besetzten Kaiserthron besteigen wollte, niederschlug. 1930 krönte man ihn nach Zauditus Tod zum Negusa Nagast. Es folgt eine kurze Zusammenfassung der Zeremonie, die ihn zum Kaiser von Äthiopien machte. 

Einen Tag nach dem Tod der Regentin Zauditu am 2.4.1930 wurde Ras Tafari Makonnen vom äthiopischen Staaatsrat zum neuen Negusa Nagast erklärt. Damit wurde der 225. Nachkomme Salomos, der 134. christliche Herrscher von insgesamt 334. äthiopischen Königen. Er erhielt den Namen Haile Selassie I, was in Ge’ez, der liturgischen Sprache des Landes  „Macht der Dreifaltigkeit” bedeutet. Sein kompletter Titel ist vom biblischen König Salomon von Israel vererbt und lautet: Haile Selassie I, King of Kings, Lord of Lords, Elect of God, The Root of David, Conquering Lion of the tribe of Judah, Light of the Universe.

Die tatsächliche Krönungszeremonie fand erst über 7 Monate später in der architektonisch auffälligen, achteckigen, St. Georgs Kathedrale in Äthiopiens Hauptstadt statt. Im Vorfeld des Ereignisses gingen Einladungen zur Feier an unzählige Würdenträger aus Politik und Adel in die ganze Welt. Addis Abeba wurde rausgeputzt und modernisiert. 

Selassie erhielt die Insignien seiner Macht: die Robe, die Krone, den Reichsapfel, das Schwert, das Szepter (dieses ist vom englischen Herrscher eigens für die Inthronisation an Äthiopien zurückgegeben worden), den Diamantring und die Lanzen. In einer fünfstündigen Zeremonie nach alter zionistischer Tradition, die der Erzbischof der äthiopisch orthodoxen Kirche auf Ge’ez und Amharisch durchführte, wurde Selassie zum Negusa Nagast gekrönt. Er wurde sieben Mal mit dem Heiligen Öl der Könige Israels gesalbt, währenddessen er die genannten sieben Insignien der Macht erhielt und es erklangen Gesänge: „Gesegnet sei der König von Israel.“. Die Zeremonie wurde begleitet von prunkvollen Feiern mit Würdenträgern aus dem In- und Ausland und Paraden des Militärs, die insgesamt eine Woche andauerten. 
 
Die rituelle Form der Krönung zeigte, wie stark das Land noch nach Jahrtausenden der Tradition des alttestamentarischen israelitischen Königtums von David I folgte. Das Wissen dafür wurde über die Generationen in den beiden Büchern Kebra Nagast und Negusa Nagast erhalten. 

Selassies Verwandtschaft mit Jesus Christus über König David von Israel gibt ihm einen divinen Status. Hinzu kommen viele Passagen aus dem Alten und Neuen Testament, die aus Sicht der Äthiopier und der Rastafarians unterstreichen, daß Haile Selassie der rechtmäßige Nachfolger auf dem Thron der Heiligen Könige Zions und damit das rechtmäßige Oberhaupt aller Christen ist. Seine Krönung erfüllt die ursprüngliche Bedeutung vieler Psalme und Prophezeiungen des Alten und Neuen Testamentes. 

Every knee shall bow!
 


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