RootZ – Hanf – Wir haben gekifft

„Wir
haben gekifft“

„Tagesthemen“ – Moderator Ulrich Wickert
berichtete in der letzten MAX über seine Erfahrungen mit Haschisch.
Seither hagelt es Attacken und Anfeindungen. Aber auch eine ernsthafte
und längst überfällige Diskussion über die Legalisierung
von Cannabis ist im Gange. 17 Prominente steuern ihre Erfahrungsberichte
mit der Droge bei.

Das Establishment der Republik tummelte
sich bei einer „Koalitionsparty“ in der Berliner In-Disco „90°“, Grünen-Fraktionschef
Rezzo Schlauch übte sich als emsiger Gastgeber, der Kanzler hatte
es sich in einer Ecke gemütlich gemacht, als plötzlich dieser
angenehm hanfige Geruch durch den Laden zog. Jemand hatte sich einen Joint
angemacht. Schamlos. Mittendrin.

Na und? Kein großes Ding, April 
2001 in Deutschland. „Grob geschätzt, hat das halbe Kabinett seine
Hasch-Erfahrung gemacht“, sagte ein Mitglied der Regierung hinter vorgehaltener
Hand. Wozu sich also aufregen? Alles ganz normal. Dennoch ging nach Ulrich
Wickerts Hasch-Geständnis vor zwei Wochen ein Aufschrei durchs Land,
Bild fragte, ob der „Tagesthemen“-Conferencier tragbar sei, Rundfunkräte
fühlten sich zu Tadel bemüßigt.

„Ich war überrascht“, sagt Wickert.
„Ich hätte nicht gedacht, dass das noch so ein Tabuthema ist. Aber
ich habe vor allem von jungen Leuten viele E-Mails bekommen, und die waren
durchweg positiv.“ Der absurde Wiederspruch, der sich im Umgang mit dem
Thema Haschisch zeigt, ist mittlerweile symptomatisch: Während in
Nachbarländer wie Holland und der Schweiz eine Legalisierung im Gange
oder bereits vollzogen ist, drückt sich Deutschland vor einem klaren
Standpunkt. Besitz und Konsum sind verboten, werden aber je nach Bundesland
unterschiedlich geahndet. Allein in der Festlegung des „Eigenbedarfs“,
der im Normalfall vor ärgeren Verfolgung schützt, beläuft
sich die Höchstmenge mancherorts auf nur 6 Gramm, anderswo sind auch
30 Gramm noch okay.

Vor allem die Wissenschaft drängt
mittlerweile auf eine Änderung des Gesetzes. Führende Mediziner
und Wissenschaftler fordern eine Freigabe des heilsamen Cannabis-Inhaltsstoffs
THC, der in der Behandlung von Krebs, Aids oder multipler Sklerose Einsatz
finden kann. Doch auf der anderen Seite bemühen konservative Kräfte
nach wie vor die finsteren Klischees von der „gefährlichen Einstiegsdroge“
und blockieren eine Neuorientierung.

Obwohl sich in der rot-grünen Koalition
kaum harte Gegner einer Legalisierung ausmachen lassen, ist keine Initiative
erkennbar. „Geringe Mengen sind zum Eigenkonsum ohnehin geduldet“, wiegelt
Regierungssprecher Uwe-Karsten Heye auf eine Anfrage ab. „Und daran wird
die Regierung nichts ändern.“ Doch allein die Causa Wickert sollte
deutlich gemacht haben, dass eine ernsthafte Auseinandersetzung und eine
Neuorientierung wie in der Schweiz längst überfällig sind.

„Wegen Hasch habe ich mal zwei Monate im
Gefängnis von Neu-Delhi gesessen. Rundherum 30 Meter hohe Mauern,
in einem Raum mit 30 Personen. Damals, ich war 19 Jahre alt, bin ich mit
einem Freund ein Dreivierteljahr durch die Welt gereist. Dann ging uns
in Nepal das Geld aus, und ich hatte leider keine bessere Idee, als dort
vier Kilo Hasch zu besorgen und den Stoff später wieder zu verkaufen.
Als ich das Zeug nach Indien schmuggeln wollte, haben die Zöllner
mich erwischt, und ich ging in den Knast. Nach der Entlassung hatte ich
20 Kilo Untergewicht. Meinem Sohn Oskar würde ich haute nicht mal
einen Joint erlauben. Wenn er das allerdings unbedingt ausprobieren wollte,
würde ich ihn dazu überreden, mit mir  zusammen zu rauchen,
um Schlimmeres zu vermeiden. Ich selbst habe früher sogar LSD oder
Acid eingeworfen, und ich hatte einfach Glück, dass ich während
eines Trips, der ja zwölf Stunden dauern kann, weder überfahren
wurde noch aus dem Fenster geflogen bin. Hasch ist in vielen Fällen
eben doch die Einstiegsdroge.“

Heiner Lauterbach, Schauspieler

„Wenn sich bei Freunden die Gelegenheit
ergab, habe ich ab und zu ‘ne Tüte geraucht: immer nur im stressfreien
Raum, beim Musikhören oder beim Spazierengehen an der Ost- oder Nordseeküste.
Ich befürworte eine Cannabis-Freigabe.

Die Legalisierung ist überfällig.
Die Freigabe sollte mit einer Informationskampagne verbunden sein, die
erstens mit Vorurteilen über Haschisch aufräumt und zweitens
auch auf Risiken hinweist.“

Angelika Beer, MdB, Wehrpolitische Sprecherin
Bündnis 90/Die Grünen

„Eigentlich kiffe ich nicht. Es gibt aber
eine Ausnahme: 1990, noch vor der Vereinigung, war ich auf einer Veranstaltung
im Westen und wurde nach meiner Haltung zu Drogen befragt und erklärte,
mich damit noch nie beschäftigt zu haben, dass ich dies aber nachholen
werde, indem ich erst mal einiges darüber lesen werde. Als ich den
Saal verließ, steckte mir jemand etwas zu. Ich rollte das kleine
Päckchen auf und konnte lesen, dass ich mich nicht theoretisch damit
beschäftigen solle, sonder praktisch. Dabei lag eine Haschischzigarette.
Die haben wir dann zu fünft geraucht, und ich habe nichts dabei empfunden
und ergo beschlossen, damit die Praxis einzustellen. Meine Zigarettenqualmerei
reicht mir schon“

Gregor Gysi, MdB PDS

„Mein Vater war Arzt und riet mir, die
Finger von Alkohol und Nikotin zu lassen. Stattdessen empfahl er mir, mal
eine Wasserpfeife zu probieren, das sei eh viel gesünder. Ich finde,
dass wir froh sein sollten, dass einer wie Ulrich Wickert den Mut hat,
seinen Haschkonsum zuzugeben. Ich hasse diese verfickten Doppelmoralisten.
Hey, wir waren doch alle jung, und damals war es normal, Hasch zu rauchen.
Heute würde ich gern mal wieder eine Wasserpfeife probieren.“

Jürgen Drews, Schlagerstar

„Ich rauche mir gern ab und an einen Joint.
Dafür bin ich beim Alkohol eher zurückhaltend. Was anderes als
Hasch habe ich noch nie ausprobiert. Da habe ich Schiss vor. Ich finde
sowieso, dass das Denken zu Drogen revolutioniert werden sollte. Meine
Generation ist eher eine der Jointraucher als der Weintrinker. Es sind
schon viele Menschen an Alkohol gestorben, doch noch niemand an Hasch.“

Moritz Bleibtreu, Schauspieler

„Ich dachte immer, dass er wegen seines
geliebten Rotweins so gut drauf ist, aber jetzt weiß ich, dass er
ständig bekifft war. Aber im Ernst: Die spießige ARD soll sich
mit wichtigeren Dingen beschäftigen als mit meinem netten Nachbarn.
Ich finde es toll, wenn sich jemand öffentlich dazu bekennt. Ich habe
vor 30 Jahren auch mal einen Joint probiert. Doch leider ist mir kotzübel
geworden. Seitdem rühr‘ ich das Zeug nicht mehr an.“

Karl Dall, Komiker

„Legalize it! Bevor  ich begründe,
warum ich für die Freigabe bin, möchte ich mal ein überzeugendes
Argument für das Verbot von Cannabis hören. Ich habe nicht nur
gekifft, sondern auch Cola mit Waschmittel getrunken. Tja, so war das damals
in der DDR…“

Angela Marquardt, PDS

„Ich halte es mit Harald Schmidt. Der sagte
einmal: Warum lesen die Sprecher der „Tagesschau“ und die Moderatoren der
„Tagesthemen“ noch immer vom Blatt ab? Nach der Sendung wird daraus erst
mal einer  gedreht.“

Jens Riwa, „Tagesschau“-Sprecher

„Alkohol und Cannabis sind als Drogen absolut
gleichzusetzen. Nur ist Cannabis bei uns noch ungewöhnlich. So wie
Pizza nach dem Zweiten Weltkrieg.“

Günther Jonitz, Präsident der
Berliner Ärztekammer

Rechtslage

Laut Betäubungsmittelgesetz ist 
Cannabis verboten. Seit einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts von
1994 kann beim Besitz einer geringen Menge von einer Strafverfolgung abgesehen
werden. Die Definition dieser Menge ist Ländersache und schwankt zwischen
bis zu sechs Gramm (Bayern) und 30 Gramm (Schleswig-Holstein). In Deutschland
ist kein Medikament mit dem Wirkstoff THC zugelassen. Ausländische
Mittel wie Marinol, die den THC-Bestandteil Dronabinol enthalten, sind
aber verkehrsfähig. Jede Apotheke darf eine Einfuhrerlaubnis für
THC-Arzneien beantragen. Die gesetzlichen Krankenkasse sind nicht verpflichtet,
die Mittel zu bezahlen, da sie nicht zugelassen sind.

Max 07.2001


Copyright: Doc Highüz
1998 – 2002
Zum Seitenanfang

Scroll to Top