Interview mit Top Frankin’

Interview
mit 

Top
Frankin’

Essen, 16.11.2001

Von Ralf Weihrauch 

Acht Jahre Top Frankin` Sound,
kein wirklich rundes Jubiläum, aber Frank feiert jedes Jahr den Geburtstag
seines Sounds und die Partys werden immer besser. Im November starteten
im Dortmunder FZW, seinem Domizil, gleich zwei Parties. Zuerst waren Kenny
B, von BBC Radio Leeds, und Chris Goldfinger, BBC-DJ mit internationalem
Ruf, zu Gast. Zwei Wochen später stand David Rodigan, in den letzten
Jahren Freund und eine Art Mentor von Frank, auf der Bühne.

 

„Ich bin Mitte der 70er
Jahre zum Reggae gekommen. Dabei habe ich, wie fast alle, mit Bob Marley
und Peter Tosh, angefangen. Später habe ich dann natürlich immer
Rodigan`s Rockers eingeschaltet “ Zu der Zeit arbeitete er als Bergmechaniker
unter Tage, zuerst auf der Zeche Zollverein und später auf Leopold
in Dorsten. „Ich habe aber auf der Zeche keine Zukunft gesehen. 1988 begann
ich dann als Black-Music DJ Die Idee einen eigenen Sound aufzubauen hatte
ich seit 1990. Mir fehlte aber ein Partner. Die Arbeit am Mikrophon ist
nicht gerade meine Stärke. Ich lege lieber auf und bin im Hintergrund.“

Sein erster Partner war Ganjan.
„Am 21. November 1993 haben wir dann in Mülheim den ersten Dance im
Ruhrgebiet auf die Beine gestellt.“

Zu der Zeit waren die Soundsystems
noch richtige Exoten. Neben Top Frankin existierten damals noch Pow Pow,
Concrete Junge, Silly Walks und Conquering. „Wir hatten es damals 
nicht einfach“, erinnert sich Frank, „Bei unseren Partys haben wir meist
draufgezahlt.“

 

Doch trotz einiger Rückschlage
hat Top Frankin nicht aufgegeben und den Weg zum eigenen Stil gefunden:
„Ich habe immer versucht mich von anderen Sounds inspirieren zu lassen
und stets vermiede andere Sounds zu kopieren. Nur wer eigene Ideen einbringt,
kann sich unverwechselbar machen und nicht in der Masse untergehen.“

Dazu gehören beim Top
Frankin Sound-System die Remixes: „Ich hatte nie das Geld, ständig
Dubplates cutten zu lassen. Da ich aber dennoch was eigenes wollte, was
nur Top Frankin spielen konnte, habe ich begonnen, Remixe zu bauen.“

Einer der größten
Fans von Franks Mischkünsten ist David Rodigan: „Er spielt meine Sachen
auf der ganzen Welt. Den Mountain Mega Mix hat er sich schon drei Mal neu 
pressen lassen, weil er ihn so oft auflegt.“ Die Beziehung zum „Ambassador“
wuchs über eine lange Zeit: „Ich habe erst einige seiner Dances besucht
und ihm dann einige Tapes gegeben. In der Essener Temple Bar habe ich ihn
dann selber gebucht. Es war eine sensationelle Veranstaltung.“

 







Chris Goldfinger
Seit 1999 steht Shockin
Murray an Franks Seite. Der Jamaikaner lebt seit 1996 in Deutschland: „Ich
war damals mit Antonio auf Tour. Wir haben in Deutschland Österreich
und in der Schweiz gespielt. Ich habe damals beschlossen in Deutschland
zu bleiben und habe in Iserlohn bei der Sun Vibes Crew gelebt.“

Es hat natürlich einen
Unterschied zwischen Deutschland und Jamaika gegeben, sagt Murray: „Es
sind hier ganz andere Leute eine ganz andere Kultur, wenngleich es schon
eine Dancehall-Szene gab.“

Die erste Begegnung mit
Frank hatte er bei der besagten Temple Bar-Show: „Ich fand Top Frankin
großartig. So etwas hatte ich hier in Europa noch nicht gehört,
es war genauso wie auf Jamaika. Ich habe geskankt wie bei mir Zuhause.“

Es sollte aber noch drei
Jahre dauern bis aus den beiden ein Team wurde: „Ich war 99 bei meiner
Mutter auf Jamaika im Urlaub.“, erinnert sich Murray „Da rief meine Frau
an, ob ich Lust auf einen Job hatte. Ich fragte welchen, und sie sagt,
Frank hätte angerufen, er hätte einen Job in Berlin.“ Bei einem
ersten Arbeitstreffen in Wanne-Eickel besprachen die beiden Ihre Ideen
und dann ging es zur Show mit Concrete Jungle nach Berlin. „Es war das
erste mal, das ich überhaupt als MC gearbeitet habe, ich hatte vorher
keinen Gedanken daran verschwendet, dass ich das mal machen würde.
Frank hat aufgelegt und ich habe angefangen zu reden. Mann, das war wie
eine Bombenexplosion. Die Leute sind voll darauf abgefahren. Frank und
ich, das war so, als ob wir schon immer zusammengearbeitet hätten.“
So hat es auch Frank empfunden: „Murray ist wie ich eine Mensch der aus
dem Bauch lebt. Das hat der ganzen Sache noch gefehlt.“

Die beiden sehen, dass sie
noch nicht das Ende der langen Karriereleiter: „Ich habe ja schon einen
eigenen Plattenladen in Essen und das Sound. Wenn jetzt noch ein Studio
und ein eigenes Label kommt, wäre ein Netzwerk komplett.“ Murray arbeitet
momentan an einem Album, von dem er schon bald die ersten Singleauskopplung
präsentieren will.

Obwohl es immer noch harte
Arbeit ist, als Soundsystem zu arbeiten, ist es doch nicht mehr so schwer
wie früher: „Wir haben so etwas wie einen Boom hier in Deutschland.
Leute, die früher Hip-Hop gemacht haben steigen nun auf Reggae um.“,
stellt Frank fest. 

 







Kenny B
„Viele Sachen sind auch
O.K. , aber es steckt noch alles in den Kinderschuhen und sind lange nicht
so gut wie sie von vielen gemacht wird.“ Die Reggae-Szene in Deutschland
leidet nach Franks Meinung an zu vielen Bestimmern: „Wenn ich im Netz so
manche Diskussionen verfolge, geht mir einiges auf die Nerven. Alle wollen
zu allem etwas sagen, viele wollen Normen und Regeln aufstellen. Das kann
es für Reggae nicht geben, das ist ganz und gar eine Bauchsache. Wir
müssen daran denken, woher die Musik kommt und die Kultur bewahren.
Da die Deutschen aber keine Kultur haben, gehen sie auch so verantwortungslos
mit der Kultur anderer Menschen um.“ Sein beliebtester Deutscher Artist
ist Ragga Fränkie „Der macht wenigstens richtige Lyrics. Davon können
sich alle eine gehörige Scheibe abschneiden.“

Ebenso zwiespältig sehen
Frank und Murray die Soundclashs, wenngleich sie gerade vor einigen Wochen
Wadada abgeledert haben: „Das wird nie so werden wie auf Jamaika „, meint
Murray „Es sind viel zu wenige Leute im Publikum, die genau wissen, was
da oben eigentlich abgeht. Auch die Sounds haben oft eine falsche Idee.
Die meinen wenn sie 20 000 Mark für Dubplates ausgeben können
sie jeden killen. Dabei wissen sie nicht, wie man die Plates richtig einsetzt.
Es ist als ob man Soldaten mit den modernsten Waffen losschickt, die aber
nicht wissen wie man sie benutzt, und sie nur den Effekt einer Wasserpistole
erreichen. Auf Jamaika ist es normal, dass jemand mit einer No-Name Dubplate
eine Big-Star-Dubplate völlig ausradieren kann.“ Sagt Murray „Es kommt
darauf an, wie du die Platte spielst und wie Du das Publikum mit einbeziehst.
Du musst es auf Deine Seite ziehen. Wenn Du dann die richtige Plate zum
richtigen Zeitpunkt spielst, hast du auch den richtigen Effekt.“

Das Top Frankin Sound System
legt an jedem zweiten und vierten Freitag im Monat im FZW in Dortmund auf.


Copyright Text: Ralf
Weihrauch / Photos: Ralf Weihrauch / Doc Highüz /  Layout: Doc
Highüz 2002
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