Hypnotix- Witness of Our Time


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Musik

Hypnotix- Witness
of Our Time

Viele Reaktionen hat diese Band der Neunziger Jahre aus Prag schon
in den Medien ausgelöst. Da ist von der “Kultband der ausklingenden
Neunziger Jahre” zu lesen, oder “Pink Floyd meets Mutabaruka”
oder “heavy Dub mit kristallscharfen Soundstrukturen, emphatischem
Gesang und Dub Poetry Toasting”, alles ist irgendwie zutreffend und
trifft die Nadel trotzdem nicht ganz in der Rille. Kein Wunder, denn es
ist schwer, für Hypnotix eine Schublade aufzumachen, die Musik hereinzustopfen,
die Lade wieder zu schließen und zu hoffen, daß der Sound drinbleibt.
Ist mir auch ehrlich gesagt nicht so wichtig, denn ich bin überzeugt,
daß Reggae, Dub oder artverwandte Musiken nur überleben werden,
wenn sie sich öffnen und die Konturen zu anderen Genres verwischen
zu beginnen. Hypnotix ist dabei, neben anderen Künstlern, wie Earl
Sixteen oder auch Junior Delgado mit seinem neuen Album, eine der Speerspitzen.

Die Musik von “Witness of Our Time” bewegt sich irgendwo
im Kosmos aus Ethno, Dub, Trip Hop und Drum’n’Bass und die Produktion ist
so ausgelegt, daß auch die letzte Grenze zwischen den Genres verschwindet.
Dafür sorgt der schon am letzten Werk “New World Order”
beteiligte Mixer Louis Beckett, der seine bisherigen Lorbeeren bei Bands
wie “African Head Charge” und “Asian Dub Foundation”
verdient hat. Wer die Sounds besagter Kombos kennt, versteht, warum Hypnotix
gerade diesen Mann an den Knöpfen schrauben lassen wollte, das Ergebnis
jedenfalls ist brilliant, Musik für das nächste…., na, Ihr
wißt alle, was ich schreiben will.

Zur Musik gesellt sich der eigenwillige Gesang von Bourama Badji,
dem seit 1992 mit der Band Hypnotix zusammen arbeitenden Sänger aus
dem Senegal. Eigenwillig, weil seine Sprache, das “Wolof” sehr
viele gutturale Laute enthält und daher recht hart rüberkommt,
und weil die Gesangspassagen bei Hypnotix spärlich sind und deswegen
sehr stark zur Akzentuisierung der Musik und zum Erreichen von Kontrasten
eingesezt werden. Bourama orientiert sich mit seinen Aussagen stark an
den Themen der Rastaphilosophie: die Befreiung Afrikas, Frieden in der
Welt, Kampf gegen Babylon, Verehrung von Jah Almighty, Kritik am G7-Gipfel
undundund. Ein Text jedoch macht eine Ausnahme, er erzählt, wie seine
sterbenskranke Mutter ihm einen Brief geschrieben hat, um ihn vor ihrem
Ableben noch einmal zu sehen und er es nicht geschafft hat, rechtzeitig
in den Senegal zurück zu kommen.

Neben Bourana gibt es noch Vocal Samples von Talvin Singh und den
Einsatz der wunderschönen Stimme von Ashwaq Abdul, einer jeminitischen
Sängerin. Als Gesamtkomposition fügen die Vocals dem Album einen
wunderschön orientalisch-exotischen Touch zu, die den gutturalen Lauten
von Bourama den letzten Schliff geben. Ich gönne dieser Prager Band,
daß sie mit Witness of Our Time an den Liveerfolg von 1998, sie wurden
auf vielen Open Air Festivals frenetisch gefeiert, anknüpfen können
und daß die ’99er “Witness of Our Time-Tour” auch so ein
Knaller wird, die Termine gibt’s natürlich bei I R I E.

Anhörtips:

Jam La Nu Bege (We Want Peace)
G7
Reasoning (Vintage RMX)


Copyright: Dr. Igüz 1999

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