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Natacha Atlas - Gedida

Es ist nicht zuletzt ihre eigene Biographie, die Frau Atlas geradezu zwang, eine Ikone des Ethno-Pop zu werden. Ihre Vorfahren stammen aus Ägypten und zogen im Laufe einige Generationen über Palästina nach Marokko und schließlich nach Belgien, wo Natacha im arabischen Viertel von Brüssel geboren wurde. Als Teenager verbrachte sie etliche Jahre in Northhampton, bevor sie wieder nach Belgien ging. In den letzten fünf Jahren verbrachte sie mehr und mehr Zeit in Kairo, um sich vor allem mit shaabi, einer ursprünglichen ägyptischen Variante bluesiger Folksmusik zu beschäftigen. Den Sound ihrer Vorfahren verbindet sie in ihrer eigenen Musik immer wieder mit westlichen Einflüssen neuesten Datums, wodurch ihr wahrlich der Crossover zwischen den Welten gelingt und Neues entsteht. So heißt denn auch ihr aktuelles, drittes Soloalbum programmatisch "Gedida" (arabisch für "neu").

Natacha Atlas startete ihre musikalische Karriere als Sängerin und Tänzerin von "Transglobal Underground", mittlerweile ist sie aber auch als Solo-Künstlerin eine feste Größe. In Nordafrika, dem Mittleren Osten und auch Frankreich ist sie gar ein veritabler Star: So erhielt sie für ihre Single "Amulet" einen begehrten Musikpreis in Tunesien, verkaufte sie mehr als 100.000 Alben in Frankreich und ist im Frühjahr 1999 im noblen Pariser Olympia aufgetreten.

Natacha Atlas nähert sich der Musik ähnlich wie ein shaabi-Sänger, sie versucht in ihrem Genre die Grenzen so weit wie möglich auszudehnen. Dabei geht sie sehr respektvoll mit der klassischen Technik um und ist schon beinahe besessen, wenn es darum geht Arabisch so gut wie möglich zu singen - das kann schon einmal dazu führen, daß die Songs dreimal neu aufgenommen werden , damit die Aussprache auch den strikten Regeln des Radios in den Golf-Staaten entspricht. Bei allem Sinn für Details behält sich dennoch das Ganze im Auge und wagt sich nicht nur musikalisch weit nach vorne, sondern auch inhaltlich. "Bastet" zum Beispiel hat eine deutliche politische Aussage: "the endless flow of distorting political and religious belief systems acts like an addiction..." Andere Inhalte ihrer Songs sind antike Träume und zeitlose Gefühle, so singt sie z. B. über "the dreams of girls that have not changed for a thousand years". Hier verschmelzen dann Form und Inhalt zu Cinemascope - die Arrangements haben dabei den Charme einer Filmmusik von Ennio Morricone und Natachas arabesker Gesang fungiert als Hauptelement in einem klassischen Eastern.

Was "Gedida" aber so wirklich neu, sensationell und sicher auch leichter zugänglich für nordeuropäische Ohren macht ist zum einen eine Coverversion von "Mon Amie La Rose" und zum anderen eine Kollaboration mit David Arnold. Francoise Hardys "Mon Amie La Rose" erhält durch Natachas Interpretation eine völlig neue Note und ist mehr als nur ein Dank an treue französische Fans. Für "One Brief Moment" schließlich, dem letzten Song auf dem atemberaubenden Album, stand David Arnold als Partner zur Seite, den Natacha Atlas seit ihrer gemeinsamen Arbeit am "Stargate" - Soundtrack kennt und für dessen "Shaken and Stirred" Compilation sie bereits den Song "From Russia With Love" aufgenommen hat.

1998 war ein arbeitsreiches Jahr für Natacha Atlas. Ein neues Album von Transglobal Underground wurde eingespielt und mit dieser Formation auch immer wieder getourt. Dann fragte Peter Maffay an, ob sie an seinem Projekt "Begegnungen" teilnehmen wollte, und so nahm sie mit der Maffay Band einen Song auf. Ganz nebenbei ging sie auf eine Tour als Solo-Künstlerin, die sie auch ins Haus der Kulturen nach Berlin führte. Immer Priorität hatte aber die Arbeit am neuen Album "Gedida", das in Kairo produziert wurde. Das hektische Jahr wurde von einer weiteren Tour gekrönt: Als specia guest von Page & Plant tourten Transglobal Underground feat. Natacha Atlas durch die Arenen Europas.

1999 könnte vielleicht noch stressiger werden: Gleich drei inhaltlich verbundene Videos sollen noch im Januar abgedreht werden und gleich danach geht's los mit der Promotion des Albums. Nach dieser Promotour wird sich Natacha aber zunächst einen privaten Traum erfüllen - und endlich für immer nach Kairo ziehen - back to her roots.

Anhörtips:

Mistaneek
Bastet
The Righteous Path
Bilaadi


Copyright Text: P.I.A.S. Records / Layout: Dr. Igüz 1999