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Alain Peters - Parabolér

Schon bevor ich diesen exotischen Silberling in meinen CD Player eingeführt habe, ahnte ich, daß ich da eine Scheibe mit Retro-Freakmusik erwischt haben muß. Und das aus Réunion, kleine Insel im Indischen Ozean, von wo ich bisher eher kreolische oder andere südlichere Klänge gewohnt war.

Alain Peters, 1952 auf besagter Vulkaninsel geboren, ist seit den Siebziger Jahren im Musicbizz von Réunion tätig und wohl bekannt. Nie wollte er sich unterordnen und hatte schon bald den Ruf des "enfant terrible" der Insel weg. Vermutlicherweise hatte das auch mit dem Konsum illegaler grüner Substanzen zu tun, denn Alain war ein Freak und wir wissen, wie bekloppt die französischen Behörden auf Ganja, auf der Insel übrigens "Zamal" genannt, reagieren.

Als Musiker eroberte er schnell die Herzen und natürlich auch die Ohren der Bewohner von Réunion, aber nicht nur seine Musik ist lieblich, sondern seine Begabung, sehr aussagekräftige Texte zu schreiben, macht die Stücke von Alain Peters besonders unter den Kreolen der Insel bis heute so beliebt. Keiner konnte es verstehen, warum der so populäre Inselstar 1995 ganz urplötzlich von der Szene verschwunden ist und bis heute nie wiedergesehen wurde. Gerüchte gibt es zuhauf, aber keiner weiß, was mit dem populären Outsider aus Réunion tatsächlich passiert ist. Wenn ich die Message seiner CD höre, kann ich mir sehr gut vorstellen, daß er irgendwo in Asien in einem buddhistischen Kloster sitzt und hoffentlich mit verknoteten Gliemaßen für einen Set neuer Songs meditiert.

"Parabolér" ist eine Werkschau über das Schaffen des Musikers vom Anfang der Siebziger Jahre bis zu seinem mysteriösen Verschwinden 1995. Es sind Songs, aus denen die tiefste Seele der Bewohner von Réunion spricht, wundervoll süße Weisen, dann aber auch Percussionstücke, kreolischer Blues oder einfach gut produzierte Chansons. Alles kommt daher in einem leichten akkustsch produzierten Gewand, so daß der Eindruck erweckt wird, ein Hauch von Flowerpower weht durch den Raum. Dieses Album hat mehr Roots, als ein früher Donovan oder ein näselnder Jungdylan. Dabei ist die Mucke mit einfachsten Mitteln und Instrumenten produziert und eingespielt worden.

Parabolér ist der Soundtrack für einen exotischen Traum, der einen zwei Jahrzehnte in die Vergangenheit entführt. Dort angekommen hockt man sich mit den Musikern vor eine hölzerne Kreolencase, holt die Instrumente heraus, läßt die Tüte mit Zamal kreisen und spielt mit die friedlichste Musik, die je an des Doktors Trommelfell vorgedrungen ist - vraiment merveilleux. Man kann nur hoffen, daß Alain Peters noch lebt und sich eines Tages entscheiden wird, der Welt noch mehr seiner wunderschönen Musik zu schenken.

Anhörtips:

Mangé pou le coeur
Catoubadia
Complaint pour mon défunt papa
Plime la misère
Maya

Alain Peters


Copyright: Dr. Igüz 1999