>> Musik

Zurück zu den Musikkritiken
Zurück zum Inhaltsverzeichnis


Cypress Hill
Life is Real on the Hill

Nach drei Alben und drei Jahren Auszeit erscheint dieser Tage das vierte Album des gesteinigten HipHop Trios vom Zypressen Hügel. Lediglich zwei Protagonisten schafften den Weg von Los Angeles zum Interviewtermin in Deutschland. Sen Dog (Senen Reyes) verweilte lieber in Amsterdam und genoss mit vollen Zügen die fortgeschrittene Legalisierung seiner Lieblings-Droge in Europa. Eingerahmt von den temporären Cypress Hill Mitgliedern, dem Rappern Baron Ricks/B Smoove und Drummer Eric Bobo, seines Zeichens Ex-Beastie Boy und Sohn der Latino-Legende Willie Bobo, berichteten DJ Muggs (Lawrence Muggerud) und B-Real (Louis Freese) redselig und mit ungewohnt klarem Verstand von dem, was wir in Zukunft von ihnen zu erwarten haben: "Gerade wenn du dich in Sicherheit wähnst, dann kommt Cypress Hill Nummer Vier heraus"

Abgekartetes Spiel, oder Zufall ? Zum vierten Album wurden vorab nur 4 Tracks preisgegeben. Darunter die halbherzige �Happy Hour'-Single "Tequilla Sunrise", eine Nummer im klassischen Cypress-Style mit Latino-Beats und Nasal-Reimen. Dabei dreht sich der Reim-Cocktail mal nicht um Canabis und Marihuana, sondern behandelt vielmehr die Probleme von eingelegten Würmern und schweren Köpfen. Das Video zum Trinklied lag in einer ersten Rohfassung beim Interview vor. Doch weder die Band, noch alle anderen Anwesenden konnten sich beim Anblick der bunten Bilder zu rechten Begeisterungstürmen hinreissen - "It's a little bit ruff right now." Andere Reaktionen hat "Dr. Greenthumb", das zweite Stück auf der ersten Double-A-Side-Maxi, beim amerikanischen Radio ausgelöst. Die "Grow it yourself" Hymne rotiert derweilen heftig durch den Staaten-Äther und hätte demnach erste Wahl der Plattenfirma Ruffhouse sein müssen. Angesichts dem Mangel an weiteren Informationen verrät B-Real noch mehr: "Das neue Album ist dunkel, aber diesmal mit einem Licht am Ende des Tunnels. Es ist roh und man kann jede Menge Spass damit haben. You can puff many blunts to." US Kritiker urteilten nach dem Hören des gesamten Werkes eindeutiger und wähnten die Verschwörungstheorie, indem sie alle übrigen Tracks als ??? abtaten.

Die genannten Attribute sind jedoch nichts neues für einen Longplayer aus der Zypresse. Schon "Something for the Blunted" und "Stoned is the Way of the Walk" machten die Angelitos schnell zu den "Legalize It"-HipHoppern der Neunziger. In den letzten Jahren zeigte sich jedoch, daß es für DJ Muggs, Sen Dog und B-Real auch noch etwas neben der Cypress Avenue gibt: Soloprojekte, in denen sie noch ausgiebiger ihre dunklen Seiten ausleuchten konnten. B-Real stürzte sich begleitet von den Rappern Duke und Jacken , sowie Schlagzeuger Eric Bobo in den Psycho Realm. Zudem gründete er mit den Partnern DJ Scandalous und Lucky Luciano die kleine Bekleidungsfirma Joker, für die der hügeleigene Tattookünstler Cartoon als Designer verpflichtet wurde. Schließlich brachte er für den "Bulworth" Soundtrack Warren Beatty zum rappen und landete mit Coolio, Busta Rhymes und LL Cool J einen musikalischen Slam-Dunk zu "Space Jam". Sen Dog erschuff die Band SX10 und Muggerud präsentierte seine Soul Assassins, mit Gästen von Dr. Dre bis Wyclef Jean. Angesichts des großen Erfolges, wird er demnächst das zweite Kapitel aufschlagen: "Diesmal werden mehr Leute aus dem Underground dabei sein. Aber ich kann noch nicht mehr verraten, denn sonst bekomme ich nachher nicht alle zusammen."

Die Alleingänge der, ursprünglich als DVX gestarteten, Westcoastler wurden von der Presse auch als Trennung des Erfolgstrio gedeutet. B-Real stellt richtig: "Für uns stand immer Cypress Hill an erster Stelle. Aber es war an der Zeit, die langgehegten Projekte zu verwirklichen." Mit dem neuen Album im Gepäck werden sie von Ende November an auf Tour sein. Zunächst steht Europa auf dem Schedule, danach Amerika. Cypress Hill zieht bei Liveauftritten eine Fangemeinde von ungeheurer Bandbreite an. Da steht Hardcore-HipHopper neben Dead-Head. Bandintern kennt man den gemeinsamen Nenner: "Insanity has no colour, but smoking Marihuana makes them all green in the end."


Copyright Text: Stefan Faber / Layout: Dr. Igüz 1999