RootZ.Öko – Artikel aus der Umwelt

 Tagesschau online

12.02.07

REGIONALES MODELL

Wo es in Deutschland am heißesten wird

Regenfluten im Südwesten,

Tropennächte an der

Küste: Ein neues Klimamodell zeigt, wie sich zwischen Eifel,

Rügen und

Oberbayern das Wetter ändern könnte. Den tiefstgreifenden

Wetterwandel

haben Norddeutsche und Bewohner des Voralpenlandes zu erwarten.

Eifel und Hunsrück, jene Mittelgebirge zwischen

denen die Mosel

Richtung Rhein fließt, steht eine Zukunft mit Regen bevor. Mit

viel

Regen. Es wird dort im Zeitraum zwischen 2071 und 2100 auch deutlich

wärmer sein als gegenwärtig. Nicht überall gehen warm

und feucht

einher: Die möglichen Auswirkungen des Klimawandels unterscheiden

sich

in den unterschiedlichen deutschen Landschaften zum Teil drastisch.

Während in Rheinland-Pfalz mehr Regen fallen

könnte, wird es

besonders im Nordosten Brandenburgs und Vorpommerns auf Grund

heißer,

regenarmer Sommer deutlich trockener werden – so erzählen es die

Ergebnisse einer neuen regionalen Modellrechnung im Auftrag des

Umweltbundesamtes (UBA).

Deutschland droht demnach bis zum Jahr 2100 ein

merklicher

Temperaturanstieg. Im Vergleich zum Zeitraum von 1961 bis 1990

müsse

von einer Erhöhung der Tagesmittelwerte zwischen 1,8 und 2,3 Grad

Celsius ausgegangen werden, so die Behörde. Die stärkste

absolute

Erwärmung könnte es in Norddeutschland abseits der

Küsten sowie in den

Voralpen geben.

Der “Wettreg” genannten Studie zufolge nehmen die

Niederschläge von

2071 an deutschlandweit um 17 bis 22 Prozent ab, im ohnehin schon

trockenen norddeutschen Tiefland gar um bis zu 50 Prozent. Für die

Winter in den Gebirgsregionen werden hingegen deutlich höhere

Niederschläge erwartet.

Mögliches Wetter von Morgen simuliert

Andreas Troge, der Präsident des

Umweltbundesamtes, sprach davon,

dass die Berechnungen verdeutlichten, “was mit dem Klimawandel auf uns

zu kommen dürfte”. Zugleich könne man sich rechtzeitig auf

diese

unabwendbaren Folgen einstellen.

Tatsächlich tauchen in den Szenarien aus dem

Supercomputer viele

Prognosen auf, die nicht zum ersten Mal geäußert werden: Es

wird im

Durchschnitt wärmer. Die Sommer werden trockener, die Winter

feuchter

und milder. Hitzesommer wie jene in den Jahren 2003 und 2006 werden

wohl häufiger werden, inklusive vieler sogenannter

Tropennächte mit

mehr als 20 Grad Celsius und Niedrigwasser in deutschen Flüssen.

“Für Leute, die mit Klimamodellierung zu tun

haben, ist das jetzt

nicht die Neuigkeit schlechthin”, sagt UBA-Sprecherin Claudia

Mäder zu

SPIEGEL ONLINE.

Erst im vergangenen April hatte das Amt eine Studie zu

den

regionalen Auswirkungen des Klimawandels veröffentlicht. Das

Hamburger

Max-Planck-Institut für Meteorologie hatte mit einem

Computermodell

namens Remo mediterrane

Temperaturen für die Ostseeküste, heiße Nächten in

Freiburg und

teilweise deutliche Zunahmen der Winterniederschläge prognostiziert.

Statistischer Vergleich statt Schachbrett-Hochrechnung

Im Oktober stellte sich dann bei einer Fachkonferenz in

München heraus: Ein

Rechenfehler in dem komplizierten Formelwerk hatte für den

Alpenraum zu

Über- und Unterschätzungen der Niederschlagsmenge geführt.

Teilweise waren in einem Planquadrat der Simulation die Regenmengen

stark gestiegen, im nächsten Nachbarquadrat hingegen stark

gesunken.

Forscher sprechen von einem Schachbretteffekt.

“So etwas passiert bei Wettreg definitiv nicht”, sagt

Mäder. Anders

als bei Remo sei Deutschland diesmal nicht in Planquadrate unterteilt

worden, in denen Algorithmen die gesamte Hydro- und Thermodynamik des

Wettergeschehens simulieren sollten. Vielmehr hat für Wettreg die

Firma

Climate & Environment Consulting (CEC) aus Potsdam die Wetterdaten

von 282 aus Klima und 1700 Niederschlag-Messstationen in ganz

Deutschland ausgewertet.

Als statistisches Klimamodell basiert Wettreg auf der

Annahme:

Wenn man die jeweils herrschende Großwetterlage mit den

Parametern des

Mikroklimas in einer Region vergleicht, so erhält man eine

wahrscheinliche Voraussage, welches regionale Wetter dieselbe

Großwetterlage in der Zukunft verursachen wird.

Und über Rechenmodelle zur Vorhersage der globalen

Klimaveränderungen verfügen Forscher bereits seit Jahren.

Eines davon,

das sogenannte Echam5-Modell (ebenfalls vom Hamburger MPI), diente der

Wettreg-Studie als Grundlage.

Mit nur einem Regionalmodell “ziemlich schlecht beraten”

“Diese statistische Regionalisierung ist in der

Meteorologie weit

verbreitet”, sagt Uwe Ulbrich von der Freien Universität Berlin zu

SPIEGEL ONLINE. Doch er schränkt ein: “Kann man die für das

jetzige

Klima gültigen Ansätze auch auf das zukünftige Klima

übertragen?” Von

der Großwetterlage auf die regionale Witterung zu

schließen, sei

prinzipiell sicher zulässig. Ob das aber auch für einzelne

Parameter

wie Niederschlagsmenge und Temperatur gelte, sei nicht

zwangsläufig

gesagt.

Auch Claudia Mäder vom Umweltbundesamt spricht beim

aktuellen

Regionalmodell von einem “weiteren Steinchen”. “Wenn man sich alleine

darauf verlassen würde”, sagt Wetterexperte Ulbrich, “wäre

man ziemlich

schlecht beraten”. Im April erwartet das Dessauer Amt die Resultate

einer Forschungsarbeit, in der die Ergebnisse von Wettreg und Remo

miteinander verglichen werden.

Jetzt schon könne man aber sagen, dass die neuen

Ergebnisse im

Großen und Ganzen mit dem in Remo aufgezeigten Trend vergleichbar

seien, sagte Mäder. Dennoch zeigen auch die heute vorgestellten

Ergebnisse nur mögliche Versionen der Zukunft – und nur solche,

die

sich berechnen ließen.

Das Beratergremium International Panel on Climate

Change (IPCC) der

Vereinten Nationen hatte im Jahr 2000 eine eigene, recht kryptische

Bezeichnung für Was-passiert-wenn-Gedankenspiele zum Weltklima

vorgestellt: Verschiedenen Szenarientypen werden darin mit den

Bezeichnungen A1, A2, B1 und B2 unterschieden und teilweise nach

weiteren Aspekten untergliedert.

Alle verwendeten sind eigentlich Horror-Szenarien

Drei dieser möglichen Zukünfte haben die

Klima-Modellierer von CEC

für ihre Rechenläufe berücksichtigt: A1 bezeichnet dabei

die Annahme,

dass bei weiter starkem Wirtschaftswachstum auch die

Kohlendioxidemissionen deutlich steigen werden. UBA-Sprecherin

Mäder

bezeichnet den Ausstoß des Klimagases als “relativ hoch”. Das

Szenario

B1 hingegen betont die Nutzung erneuerbarer und klimaschonender

Technologien stärker. Mäder spricht von einem Szenario mit

niedrigerem

CO2-Ausstoß. Das Szenario A2 stellt eine zunächst moderate,

aber

langfristig gesehen besonders erwärmungsträchtige Entwicklung

dar. Weil

die Ergebnisse bis zum Jahr 2100 bei A2 aber zwischen den beiden

anderen Szenarien lagen, werden sie in der Kurzdarstellung des

Umweltbundesamtes gar nicht mehr berücksichtigt.

Alle verwendeten Modelle beschreiben zukünftige

Entwicklungen, die

nicht wirklich erstrebenswert sind. “Das ist nicht, was wir im

Klimaschutz erreichen wollen”, betont Mäder, “wir wollen eine

Erwärmung

von mehr als zwei Grad Celsius im Vergleich zu vorindustriellen Zeiten

vermeiden”.

Am Freitag wird das IPCC bei der Klimakonferenz der Uno

in Paris die neueste Fassung seines Reports vorstellen, dessen

wichtigste Ergebnisse bereits im vergangenen Jahr durchgesickert waren.

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