RootZ.Öko – Artikel aus der Umwelt

 
Spiegel

online 20.04.07

VORSTOSS

Norwegen soll als erstes

Land CO2-neutral werden

Bis zur Jahrhundertmitte

will der norwegische Regierungschef sein Land zum globalen Klimaprimus

machen: Die Emissionen sollen bis 2050 so weit reduziert und neutralisiert

werden, dass sie netto bei Null liegen.

Norwegen soll das erste CO2-neutrale

Land der Welt sein, wenigstens wenn es nach dem derzeit amtierenden Premierminister

Jens Stoltenberg geht. Allerdings hat er dieses ehrgeizige Ziel nicht im

Kabinett oder gar bei einer Regierungserklärung vorgestellt. Vielmehr

kündigte er beim Parteitag der regierenden Arbeiterpartei an, wie

das ölreiche und bevölkerungsarme skandinavische Land in drei

Schritten die Klimaneutralität erreichen will:

    * Bis

zum Ende der Laufzeit des Kyoto-Protokolls im Jahr 2012 solle Norwegen

seine eigene Selbstverpflichtung um zehn Prozent übererfüllen,

schlägt Stoltenberg vor.

    * Schon

im Jahr 2020 soll der Ausstoß von Treibhausgasen dann um 30 Prozent

gesenkt werden.

    * Bis

zur Jahrhundertmitte solle das Land dann Reduktionsmaßnahmen ergreifen,

die einer Verminderung um 100 Prozent entsprechen würden.

Dass in einem hochzivilisierten,

obendrein meist kalten Land plötzlich keine fossile Energie mehr verbraucht

werden könnte, erscheint indes eigentümlich irreal.

“Norwegen beabsichtigt, zuhause

und im Ausland Vorkehrungen zu treffen, um dieses Ziel zu erreichen”, teilte

das Büro des Premiers mit. Mit anderen Worten: Mit Verschmutzungsrechten

und Ausgleichsmaßnahmen will das Land entstehende Emissionen ausgleichen,

bis – mathematisch – eine Null erreicht ist.

Kritik ausgerechnet von Umweltschützern

“Ich tue das, weil das Klima

entscheidend ist”, sagte Stoltenberg. “Der Treibhauseffekt betrifft alle

Menschen. Er ist das gefährlichste Umweltproblem.” Die beiden Juniorpartner

in Stoltenbergs Regierung, die sozialistische Linke und die Zentrumspartei,

unterstützen die erste der drei Forderungen, haben sich zu den beiden

anderen aber bislang nicht geäußert. Der Klimawandel war das

zentrale Thema beim Parteitag der norwegischen Arbeiterpartei.

Am Freitag sprachen zwei

prominente Gäste zu den Delegierten: der ehemalige Uno-Generalsekretär

Kofi Annan und die ehemalige Premierministerin Norwegens, Gro Harlem Brundtland.

Sie leitete die Uno-Kommission, die im Jahr 1987 die grundlegende umweltpolitische

Studie “Unsere gemeinsame Zukunft” (“Our Common Future”) verfasste.

Kritik an der Ankündigung

übte die Umweltschutzorganisation WWF. Deren norwegischer Generalsekretär

Rasmus Hansson sagte: “Stoltenberg ist doch naiv, wenn er denkt, dass Länder

wie Indien und China einfach dabei zusehen werden, wie Norwegen sich mit

Verschmutzungsrechten seinen Weg aus den Problemen herauskauft.” In den

westlichen Ländern selbst müsse es Einschnitte geben, fügte

er hinzu.

 

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