RootZ.Öko – Artikel aus der Umwelt

 
Tagesschau

online 22.05.07

Hoffnung auf ein klares

Signal zum Klimaschutz

Nach den UN-Berichten zum

Klimawandel drängen viele Staaten darauf, neue Verhandlungen über

globale Vereinbarungen zum Klimaschutz aufzunehmen. Die US-Regierung bewegt

sich jedoch nur sehr vorsichtig in Richtung internationaler Verpflichtungen.

Ohne die USA werden sich China und Indien aber kaum zu einem klaren Bekenntnis

gegen die Erderwärmung verpflichten lassen. Schwere Vorgaben für

die deutsche G8-Präsidentschaft, denn Washington arbeitet derzeit

mit aller Kraft daran, jegliche konkreten Beschlüsse in Heiligendamm

zu verhindern.

Von Silvia Stöber, tagesschau.de

Geht es nach Bundeskanzlerin

Angela Merkel, so werden die G8-Staaten in Heiligendamm verbindliche Zusagen

zum Klimaschutz beschließen. Sie setzt auf ein klares Signal für

eine weltweite Klimaschutzvereinbarung, die dem 2012 auslaufenden Kyoto-Protokoll

folgen soll. Damit die UN-Konferenz dazu Ende des Jahres auf Bali erfolgreich

verlaufen kann, müssen sich zumindest die acht Industrienationen einig

sein. Sie produzieren gemeinsam noch immer den größten Anteil

der klimaschädlichen Treibhausgase.

Die deutsche G8-Präsidentschaft

hat für Heiligendamm einen vergleichsweise ambitionierten Entwurf

mit konkreten Schritten vorgelegt. Derzeit verhandeln Unterhändler

der G8-Nationen über die Abschlusserklärung, die Staatsoberhäupter

Anfang Juni unterschreiben werden.

Nachprüfbare Vorgaben

sind das Ziel

Laut Entwurf vom Februar

sollen die Industriestaaten anerkennen, dass eine globale Erwärmung

um mehr als zwei Grad Celsius Risiken für die Menschheit erzeugt,

die kaum noch beherrschbar sind. Deshalb sollen sich die Industriestaaten

dazu verpflichten, die Führung im Kampf gegen den Klimawandel zu übernehmen.

Als Ziel schlägt die deutsche Präsidentschaft eine Reduktion

klimaschädlicher Treibhausgase um 50 Prozent bis 2050 vor, ausgehend

vom Stand von 1990. Wichtigstes Mittel dabei: ein effizienterer Einsatz

der Energie. Ausgehend vom Jahr 2005 soll die Energieeffizienz um 20 Prozent

bis 2020 gesteigert werden. Gebäudesanierung, alternative Kraftstoffe

sowie Kraftwerke mit höheren Wirkungsgraden und weniger Kohlendioxidausstoß

sollen dazu beitragen. Geplant ist, über eine technologische Zusammenarbeit

auch den großen Schwellenländern effiziente Technologien anzubieten.

US-Regierung umgeht Verpflichtungen

Die EU weiß die Bundeskanzlerin

hinter sich. Im März einigte sich die europäische Staatengemeinschaft

auf das ehrgeizige Ziel, den Ausstoß an Treibhausgasen bis 2020 um

20 Prozent zu verringern. Ob die Kanzlerin nun auch US-Präsident George

W. Bush zu konkreten Vereinbarungen verpflichten kann, ist noch offen.

Zwar sagte Merkel nach dem EU-USA-Gipfel Ende April in Washington: “Wir

haben einen Riesenschritt nach vorn gemacht” – immerhin hatten sich die

USA zu einem gemeinsamen Kampf gegen die Erderwärmung verpflichtet.

Doch sprach sie auch von “unterschiedlichen Ansätzen” der USA und

der Europäischen Union. Eine Einigung auf verbindliche Klimaschutzziele

kam bei dem Treffen im Weißen Haus nicht zustande – und womöglich

wird das auch in Heiligendamm nicht gelingen.

Streichkonzert hinter den

Kulissen

Wie Mitte Mai bekannt wurde,

arbeiten die US-Unterhändler daran, jede konkrete Aussage zum Klimawandel

und zu seiner Eindämmung aus dem Abschlussdokument von Heiligendamm

zu streichen. Die Ergebnisse der jüngst vom internationalen Klimaforschergremium

IPCC veröffentlichten UN-Klimaberichte wollen die USA nur zur Kenntnis

nehmen, aber keine “Besorgnis” darüber äußern. Weder konkrete

Versprechen zur Verminderung des Treibhausgas-Ausstoßes noch zur

Energieeffizienz soll es geben.

Genannt werden sollen lediglich

Maßnahmen wie die Weiterentwicklung alternativer Kraftstoffe und

von Ökostrom. Auch an Vereinbarungen für effiziente Technologien

und der Erforschung CO2-freier Kohlekraftwerke sowie am Handel mit Emissionsrechten

hat die US-Regierung Interesse.

Für das dringendste

internationale Vorhaben, ein neues Klimaschutzabkommen als Nachfolge für

das Kyoto-Protokoll, haben die USA dagegen nach wie vor nichts übrig.

Hatten sie schon nicht einmal das Kyoto-Protokoll mit dem wenig ambitionierten

Ziel einer Treibhausgasreduktion um fünf Prozent ratifiziert, soll

nun auch keine klare Botschaft zum Klimaschutz von Heiligendamm ausgehen.

Es wird bis zum Schluss verhandelt

Doch die Bundeskanzlerin

gibt nicht auf. Am 17. Mai bekräftigte Merkel ihren Willen für

konkrete Vereinbarungen: “Wir werden versuchen, uns so gezielt wie möglich

zu verabreden.” Dass an den Papieren noch gearbeitet werde, sei ganz normal.

Es werde “bis zum Schluss verhandelt”. Der Grünen-Experte Reinhard

Loske forderte, zur Not eine Erklärung ohne das Einverständnis

der USA zu verabschieden, statt faule Kompromisse einzugehen. Merkels Berater

hingegen, der Klimaforscher Hans Joachim Schellnhuber, setzt sich für

eine diplomatische Lösung mit den USA ein.

Ohne den größten

Verursacher an Treibhausgasen werden die G5-Schwellenländer China,

Indien, Brasilien, Mexiko und Südafrika wohl kaum von Klimaschutzmaßnahmen

zu überzeugen sein und sich nicht in die Nachfolgevereinbarung des

Kyoto-Protokolls einbinden lassen. Vertreter der G5 werden nach Heiligendamm

kommen, auch um über die UN-Konferenz in Bali Ende des Jahres zu sprechen.

Will Bundeskanzlerin Merkel tatsächlich ein klares Signal für

den Klimaschutz erreichen, muss sie im Zweifel darauf setzen, US-Präsident

Bush noch vor Ort in Heiligendamm mit der Kraft ihrer Argumente zu überzeugen.

 

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