RootZ.Öko – Artikel aus der Umwelt

 
Spiegel

online 03.07.07

WELTBANK-STUDIE

Hat China 750.000 Umwelttote

vertuscht?

Die chinesische Regierung

hat nach einem Bericht der “Financial Times” die Veröffentlichung

eines Weltbank-Reports über die horrenden Folgen der Umweltverschmutzung

verhindert. Die Studie hätte in China “soziale Unruhen” auslösen

können, habe Peking argumentiert.

Peking – Luftverschmutzung

in den Großstädten, schmutziges Trinkwasser in ländlichen

Gebieten: 750.000 Menschen sterben in China jährlich an den Folgen

der Umweltverschmutzung – so das Ergebnis einer Studie der Weltbank in

Zusammenarbeit mit chinesischen Ministerien und auf Basis zahlreicher publizierter

Studien. Doch die Zahl der Todesfälle wurde nach einem Bericht der

“Financial Times” (FT) aus der Vorabversion der Studie gestrichen, weil

die Regierung in Peking “soziale Unruhen” befürchtet habe. Tatsächlich

tauchen die Daten in der aktuellen Fassung des Weltbank-Berichts über

die Folgen der Umweltverschmutzung in China nicht auf.

Die Umweltschutzbehörde

und das Gesundheitsministerium in Peking hätten “bereits nach Fertigstellung

des Entwurfs vergangenes Jahr beantragt, die Informationen über die

Todesfälle zu streichen”, schreibt die FT.

Das ist anscheinend gelungen:

Mehr als ein Drittel des Berichts soll nun fehlen, darunter auch der komplette

Abschnitt zu den verschmutzungsbedingten Auswirkungen in China. Der fehlende

Teil soll auch Karten zur regionalen Verteilung der Todesfälle enthalten

haben.

Die Angaben seien auf Grund

von Zweifeln an der Zuverlässigkeit der Vorgehensweise gestrichen

worden, sagte ein früherer Mitarbeiter der chinesischen Umweltschutzbehörde

der Zeitung.

In der gekürzten Fassung

des noch unveröffentlichten Berichts, die gestern auf den Internetseiten

der Weltbank abrufbar war und SPIEGEL ONLINE vorliegt, stehen jetzt nur

noch Fakten wie diese:

    * Elf

Prozent der Patienten mit Krebs im Verdauungstrakt seien Opfer von verschmutztem

Trinkwasser.

    * Vor

allem im Osten Chinas haben die Menschen kein sauberes Leitungswasser;

im gleichen Gebiet ist die Zahl der Durchfallerkrankungen im Vergleich

zum Rest des Landes besonders hoch.

    * 16

der 20 am stärksten verschmutzten Städte der Welt liegen in China.

Unter den zehn am schlimmsten verschmutzten Orten der Welt, die die US-Umweltschutzorganisation

Blacksmith Institute vor einem halben Jahr präsentiert hat, stand

die chinesische Großstadt Linfen exemplarisch für das Problem

exzessiver Luftverschmutzung.

Auf Nachfrage von SPIEGEL

ONLINE, ob die chinesische Regierung wirklich die Weltbank dazu gedrängt

habe, die Todeszahlen aus dem Bericht zu streichen, schwieg sich Elizabeth

Mealey aus. “Wir haben der Financial Times ein Statement geschickt. Mehr

werde ich dazu nicht sagen”, so die für Ostasien und die Pazifikregion

zuständige Weltbank-Sprecherin.

In jener Stellungsnahme,

die SPIEGEL ONLINE vorliegt, steht: “Im Einklang mit der Herangehensweise

der Weltbank bei gemeinsamen Forschungsprojekten werden Ergebnisse mit

der Regierung diskutiert.” Die Ergebnisse, die noch diskutiert würden,

stünden nicht in dem Bericht, der vor einigen Wochen auf einer Konferenz

vorgestellt wurde, heißt es weiter. Dabei entspricht dieser Report

genau jener Version, auf die sich die “Financial Times” bezieht. Ob die

Zahl der Umwelt-Toten also wirklich in dem Abschlussbericht wird, bleibt

abzuwarten.

Indes hat China – früher

als gedacht – den unrühmlichen Spitzenplatz der größten

Kohlendioxid-Emittenten erreicht und somit die USA auf Platz Zwei verdrängt.

Die Organisatoren der Olympischen

Spiele 2008 in Peking haben nun angekündigt, mit verschärften

Maßnahmen die Luftverschmutzung in der chinesischen Metropole reduzieren

zu wollen. Dazu sollen für die olympischen Testwettkämpfe im

August dieses Jahres 1600 Kohlefabriken geschlossen werden. Zudem sollen

in dieser Zeit eine Million weniger Autos auf der Straße sein. Bis

zum Jahresende sollen nach Angaben des Organisationskomitees BOCOG rund

50.000 alte Taxis und 10.000 alte Busse durch neue ersetzt werden.

 

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