RootZ.Öko – Artikel aus der Umwelt

 
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online 13.07.07

Weniger bringt mehr

VON STEPHAN BÖRNECKE

Der Anbau von Pflanzen zur

Energieerzeugung birgt viele Risiken für die Natur. Fachleute fordern,

den Anbau zu begrenzen.

Vor einer Euphorie bei der

Nutzung der Biomasse zur Erzeugung von Kraftstoffen, Wärme und Strom

warnt der Sachverständigenrat für Umweltfragen. Vor allem beim

Ausbau der Öko-Kraftstoffbranche sehen die Experten in ihrem Sondergutachten

zum “Klimaschutz durch Biomasse” viele Probleme: Anlagen mit Kraft-Wärme-Koppelung,

die Biogas verbrennen, könnten “bei gleicher Anbaufläche” wesentlich

höhere Energiepotenziale ausschöpfen als die Biokraftstoffe allein.

Das Votum ist eindeutig: Es sollte ein “nur mäßiger Anbau” von

Getreide oder Raps für den Sprit vom Acker angestrebt werden.

In dem Gutachten plädiert

das Beratergremium der Bundesregierung deshalb unter anderem für ein

Einfrieren des derzeitigen Anteils der Biokraftstoffe “möglichst nahe

am heutigen Niveau”. Die Begründung: Aus Biomasse hergestellter Kraftstoff

(Diesel und Benzin) nutzt den Rohstoff weniger günstig aus als Biogasanlagen,

die Strom und Wärme erzeugen. Zur Zeit werden dem Diesel 4,4 Prozent

und dem Benzin 1,2 Prozent Ökosprit beigemengt.

Eine hohe Biokraftstoffquote

werde zudem die Kosten in Sparten, in denen Biomasse “klimapolitisch ertragreicher”

eingesetzt werden könne, “in die Höhe treiben” und damit kontraproduktiv

wirken. Die Vorgabe des Europäischen Rates, bis 2020 einen Bioanteil

im Sprit von zehn Prozent zu erreichen, “bedarf einer Revision nach unten”.

Bereits das deutsche Ziel,

bis 2010 einen Anteil von 6,75 Prozent zu erreichen, würde bedeuten,

sämtliche Flächen, die hierzulande zur Verfügung stehen,

für die Produktion von Kraftstoff zu nutzen. Diese Quote sei also

nicht zu erreichen ohne Importe – die aber aus ökologischen Gründen

umstritten sind.

Der Sachverständigenrat,

der das Gutachten am Donnerstag, vorstellte, schlägt zugleich deutliche

Einschnitte bei der Art des Anbaus von Biomasse vor. Die Intensivlandwirtschaft

erweise sich bei Biomasseerzeugung als “umweltgefährdend”: Der vermehrte

Anbau von Raps und Mais “auf Kosten weniger umweltgefährdender Kulturen”

falle dabei besonders ins Gewicht.

Um den Trend zu einer Intensivlandwirtschaft

zu stoppen, favorisiert der Rat in deutlichen Worten “Anbaurestriktionen”,

um Umweltauswirkungen zu begrenzen: Dazu zahlt unter anderem ein Verbot,

Grünland in Felder umzupflügen – das soll eine monotone Ackerwüste

verhindern. Bauern sollten nach Ansicht der Sachverständigen zudem

gezwungen werden, eine dreijährige Fruchtfolge einzuhalten.

Das würde etwa den Maisanbau

begrenzen, der von Landwirten als Monokultur ohne jährlichen Wechsel

zu einer anderen Frucht betrieben wird. Statt weiter auf intensive Produktionsmethoden

für die Biomasseerzeugung zu setzen, verlangt der Rat ein Umdenken

und eine verstärkte Nutzung von Reststoffen. Dazu zählen Stroh

und restliches Waldholz, aber auch Abfälle aus der Tierkörperbeseitigung

oder der Lebensmittelindustrie.

Gleichzeitig plädiert

der Sachverständigenrat für eine Stickstoffabgabe der Landwirtschaft.

Wer auf dem Hof deutlich mehr Stickstoff einsetzt als sich in den Produkten

wiederfindet, der müsse zahlen, sagt der Generalsekretär des

Umweltrates, Christian Hey. Überschüssiger Stickstoff kann als

Nitrat Gewässer verunreinigen oder sich in klimaschädliches Lachgas

umwandeln. Generell müsse viel stärker als bisher “insbesondere

bei Biokraftstoffen”, der gesamte Produktionspfad betrachtet werden, wobei

dann auch klimaschädliche Wirkungen – siehe Lachgas – einbezogen werden

könnten.

Um einen generellen Trend

zu einer umweltverträglicheren Landwirtschaft zu erreichen, plädieren

die Sachverständigen für einen Abbau der Agrarsubventionen und

eine reduzierte Einspeisevergütung vor allem für “suboptimale

Kleinstanlagen”. So sei es Praxis geworden, sagt Hey, auf Grund der bestehenden

Förderkriterien mehrere kleine Anlagen an einem Standort zu bündeln,

statt auf dem gleichen Platz eine effizientere Großanlage zu installieren.

Auch der Naturschutzbund

Deutschland (Nabu) warnt vor zu hohen Erwartungen: Bundesregierung und

EU-Kommission würden die Potenziale von nachwachsenden Rohstoffen

“gleich mehrfach verplanen”.

Die gewaltigen Anteile beim

Biosprit seien unrealistisch, wenn man gleichzeitig im “Wärme- und

Strombereich auf hohe Biomasseanteile setzt”. Darüber hinaus vermisst

Nabu-Bundesgeschäftsführer Leif Miller “strenge Umweltauflagen

zur Herstellung von Biokraftstoffen”.

 

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