RootZ.Öko – Artikel aus der Umwelt

 
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online 13.07.07

Grüne Autos – Gegen

das Image des Klimakillers

Von Henning Peitsmeier

Deutschlands Autohersteller

sind berühmt für ihre Ingenieurkunst und berüchtigt für

ihr miserables Marketing. Als Zielscheibe für Umweltschützer

machte die PS-Branche in den vergangenen Monaten keine gute Figur. Trotz

ihrer nachweislichen Innovationskraft ist es ihr bis heute nicht gelungen,

das Image des Klimakillers loszuwerden.

Das soll sich nun ändern.

Verwundert schaut der potentielle Autokäufer in diesen Tagen auf die

einschlägigen Werbeanzeigen, die ohne Scham suggerieren, die deutschen

Automarken hätten den Klimaschutz erfunden. Ob Volkswagen oder Opel,

BMW oder Mercedes-Benz, sie alle werben für saubere und sparsame Motoren

und versuchen sich mit großem Wortgeklingel zu übertrumpfen

im Wettbewerb um das „grünste“ Auto.

Daimler-Chrysler unterstützt

Al Gores „Live Earth“-Konzerte, bewirbt die neue Sparsamkeit seiner „Bluetec“-Diesel

mit dem Hinweis auf einen geringeren Ausstoß des klimaschädlichen

Kohlendioxids und tauft den einst ungeliebten Winzling Smart in „CO2-Champion“

um; BMW zügelt den Durst seiner großen Limousinen, erklärt,

nun besonders verantwortungsvoll mit den knappen Ressourcen umzugehen,

ohne den Fahrspaß einzutrüben, und spricht von „Efficient Dynamics“;

Opel bietet für seine emissionsarmen „Ecoflex“-Modelle günstige

Finanzierungen und eine Verschrottungsprämie für den Gebrauchtwagen

von 1000 Euro an; VW schließlich leiht einen Polo „Bluemotion“ an

den BUND für ein Vogelschutzprojekt aus.

So wird das wohl noch eine

ganze Weile weitergehen, denn auch die größte Automesse der

Welt, die IAA, legt im September ihren Schwerpunkt auf den Umweltschutz:

Die Palette reicht vom „Ökopfad“ über die „Bio Fuel Bar“ bis

hin zum „Eco-Training“ für Messebesucher. Die IAA solle für alle

sichtbar die Fortschritte aufzeigen, „die die deutsche Automobilindustrie

bei kraftstoffeffizienten Fahrzeugen erzielt“, kündigt der neue Präsident

des veranstaltenden Branchenverbandes VDA, Matthias Wissmann, selbstbewusst

an.

Vergessen ist der Streit

mit der Europäischen Union um angeblich zu harte Klimaschutzauflagen,

die die deutsche Autoindustrie so rasch nicht erfüllen könne.

Nicht mehr die Rede ist von der angeblich zu passiven Haltung des VDA in

der Umweltdebatte, die Wissmanns Vorgänger Bernd Gottschalk im Frühjahr

das Amt kostete. Geblieben ist aber eine gewisse Arroganz der deutschen

Autoindustrie.

Im Wissen um ihre technologische

Führerschaft auf vielen Gebieten haben Deutschlands Automanager beim

Thema Umweltschutz geschlafen. Und das nicht zum ersten Mal: Der Dreiwegekatalysator

fand erst den Weg in deutsche Auspuffrohre, als ihn die ausländische

Konkurrenz längst werbewirksam ausgeschlachtet hatte. Auch dem Dieselpartikelfilter

sprachen deutsche Ingenieure lange die Wirksamkeit ab, bis der französische

Hersteller Peugeot seine Fahrzeuge serienmäßig damit ausstattete

und einen bemerkenswerten Verkaufserfolg erzielte.

Vorzeige-Hybridauto: Der

Toyota Prius

Zwei Jahre später rühmen

sich nun die deutschen Hersteller damit, dass 87 Prozent ihrer Autos einen

Filter haben, während es bei den Import-Fahrzeugen nur 61 Prozent

sind. Auch im Bemühen um die Kohlendioxid-Reduktion sieht es ganz

nach dem alten Muster aus: Die Deutschen fangen spät an, aber wenn

sie erst mal loslegen, sind sie nicht mehr zu bremsen.

Fast jeder siebte Arbeitsplatz

in der Autoproduktion

Dieses Mal ist die Lage ernst:

Die EU-Kommission hat wiederholt geäußert, dass ihr Umweltschutz

und Energieeffizienz Anliegen sind, denen sich die Autoindustrie stellen

muss. Deutschlands Autolobbyisten sind erst Sturm gelaufen gegen die starren

CO2-Grenzwerte, witterten gar die Gefahr, dass hier ein Industriezweig

auf dem politischen Altar geopfert werde.

Der VW Bluemotion gilt als

„grünes Auto”

Schließlich hänge

fast jeder siebte Arbeitsplatz im Land direkt oder indirekt von der Autoproduktion

ab. Inzwischen ist unter Europas Autoherstellern das Ziel einer differenzierten

Verbrauchsregulierung unstrittig.

Scheitern wie der brave „Drei-Liter-Lupo“

Die Fortschritte sind ebenso

unstrittig. So ist allein im vergangenen Jahrzehnt der durchschnittliche

Kraftstoffverbrauch von Neufahrzeugen um 40 Prozent gesenkt worden. Es

wurde immer wieder mit Spritsparautos experimentiert.

Dieselrußfilter zum

Nachrüsten

In den achtziger Jahren nannte

Volkswagen etwa die automatische Motorabschaltung beim Stopp an der roten

Ampel „Formel E“, Audi baute in den neunziger Jahren das Aluminiumauto

A2, das in seiner Sparversion weniger als vier Liter Diesel verbrauchte,

am Ende aber ebenso grandios in den Verkaufsräumen scheiterte wie

der brave „Drei-Liter-Lupo“ aus Wolfsburg.

Symbole deutscher Technikkompetenz

Früher taugten diese

Autos lediglich als ökologisches Feigenblatt. Heute könnte die

breit angelegte Umweltinitiative tatsächlich zum Verkaufsschlager

werden. Der öffentliche Druck ist groß genug. Und die deutschen

Hersteller haben aus den Marketingfehlern der Vergangenheit gelernt. Eine

nachhaltige Reduzierung der CO2-Emissionen steht bei den Ingenieuren sowieso

ganz oben im Lastenheft.

Der BMW Hydrogen 7 fährt

mit Wasserstoff

Trotzdem werden Daimler,

BMW und Audi sich weiterhin über ihre teuren Premiumfahrzeuge definieren,

die zu Recht als Symbole deutscher Technikkompetenz gelten. Das ist kein

Widerspruch, wenn die Industrie in ihren Flaggschiffen jene Umwelttechnik

erprobt, die später auch den Kleinwagen zugutekommt. Hocheffiziente

Verbrennungsmotoren und Hybridantriebe sind dann ökonomisch und ökologisch

sinnvoll.

Wenn sich schließlich

auch noch Bund und Länder darauf verständigen könnten, die

Kraftfahrzeugsteuer stärker nach dem CO2-Ausstoß neuer und alter

Fahrzeuge zu bemessen, hätten auch weniger umweltbewusste Autofahrer

einen Anreiz zum Kauf grüner Autos.

 

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