RootZ.Öko – Artikel aus der Umwelt

 
Spiegel

online 15.09.07

DRAMATISCHE ARKTIS-SCHMELZE

Nordwest-Passage komplett

eisfrei

Das Meereis der Arktis ist

auf einen rekordverdächtigen Tiefstand abgeschmolzen. Aktuelle Satellitenbilder

zeigen, dass die Nordwest-Passage vom Atlantik zum Pazifik völlig

eisfrei und damit für Schiffe befahrbar ist. Ein Experte bezeichnet

die Schmelze als “extrem”.

Die Nordwest-Passage ist

für die Schifffahrt seit langem ein Objekt der Begierde: Sie könnte

den Seeweg von Europa nach Ostasien gegenüber der klassischen Route

durch den Suezkanal um mehrere Tausend Kilometer abkürzen. Allerdings

war die Benutzung der Nordwest-Passage bisher zu gefährlich: Das Meereis

der Arktis machte sie für Transportschiffe praktisch unpassierbar.

Doch das hat sich geändert,

wie die europäische Weltraumbehörde Esa jetzt meldet: Auf Satellitenbildern

sei erkennbar, dass die Eisfläche in der Nordpolregion auf ihre geringste

Ausdehnung seit Beginn der Satellitenbeobachtung vor 30 Jahren geschrumpft

sei. Die Aufnahmen zeigten, dass die gesamte Route gegenwärtig schiffbar

sei.

Die Eisfläche im Nordpolargebiet

ist laut Esa auf drei Millionen Quadratkilometer geschrumpft – eine Million

weniger als die bislang geringsten Ausdehnungen in den Jahren 2005 und

2006, und auch damals sei die Nordwest-Passage nicht vollkommen frei gewesen.

Die größte Ausdehnung

des arktischen Meereises wird jeweils im März und die geringste im

September registriert. In den vergangenen zehn Jahren verringerte sich

das Eis im Durchschnitt um etwa 100.000 Quadratkilometer pro Jahr, teilte

die Esa mit. “Ein Rückgang um eine Million Quadratkilometer in nur

einem Jahr ist extrem”, sagte Leif Toudal Pedersen vom dänischen Raumfahrtzentrum.

Das könne bedeuten, dass das Meereis im Sommer wesentlich früher

verschwunden sein könnte als bisher angenommen. “Wir müssen dringend

die daran beteiligten Prozesse besser verstehen”, sagte Pedersen.

Die Arktis gilt seit langem

als der Ort, an dem der Klimawandel weltweit die deutlichsten Folgen haben

wird – unter anderem wegen eines Rückkopplungseffekts. Wenn das Polareis

schmilzt, wird die Fläche kleiner, die die Sonnenstrahlung ins All

reflektiert – weshalb die Schmelze weiter an Geschwindigkeit zunimmt. Wissenschaftler

glauben, dass das arktische Meereis bis zum Jahr 2040, möglicherweise

schon 2020 während des Sommers, komplett verschwunden sein könnte.

Die Arktis-Anrainer sehen

im Abschmelzen des Nordpols aber durchaus auch Vorteile. Neben der Nordwest-Passage

wird der Zugang zu Erdöl- und Gasreserven in dem Gebiet frei. Dies

hat bereits zu neuen Rangeleien um die Souveränitätsrechte in

der Arktis geführt (mehr…). So stellten russische Forscher kürzlich

demonstrativ die Nationalflagge in 4000 Meter Tiefe auf dem Meeresboden

unter dem Nordpol auf, um den Anspruch des Landes auf das Gebiet zu unterstreichen.

 

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