RootZ.Öko – Artikel aus der Umwelt

 
Spiegel

online 09.10.07

KLIMASCHUTZPOLITIK

US-chinesisches Geheimtreffen

zur Nach-Bush-Ära

Von Gregor Peter Schmitz,

Washington

Chinesische Offizielle und

US-Parlamentarier haben nach Informationen von SPIEGEL ONLINE insgeheim

über die Zukunft der amerikanischen Klimapolitik geredet – ohne Beteiligung

des Weißen Hauses. Pekings Abgesandte wollten vor allem wissen, wie

sich die Gesetzgebung nach der Bush-Ära ändern wird.

Washington – Im Vorfeld der

heute beginnenden Konferenz von 16 Staaten mit dem höchsten Schadstoffausstoß

in Washington hat es ein hochrangiges Geheimtreffen zwischen chinesischen

Offiziellen und amerikanischen Parlamentariern gegeben.

Nach Informationen von SPIEGEL

ONLINE ist der stellvertretende Leiter der chinesischen National Development

and Reform Commission (NDRC), Xie Zhenhua, gestern Morgen mit einer Gruppe

führender Republikaner und Demokraten aus dem US-Kongress zusammengetroffen.

Laut Aussagen hochrangiger Vertrauter von Teilnehmern wollten die Chinesen

dabei herausfinden, wie entschlossen der US-Kongress in Zukunft Gesetzgebungen

zum Klimaschutz angehen möchte. Im Gespräch hätten die Kongressabgeordneten

keinen Zweifel daran gelassen, dass sie sehr bald Gesetze mit verbindlichen

Emissionsgrenzen verabschieden möchten – auf einen klaren Zeitplan

hätten sie sich gegenüber den Chinesen aber nicht festlegen wollen.

US-chinesisches Treffen ohne

Beteiligung des Weißen Hauses

Dieses Treffen – das ohne

Beteiligung des Weißen Hauses arrangiert wurde – ist deshalb bemerkenswert,

weil es zeigt, wie besorgt die Chinesen die amerikanische Haltung zur Klimapolitik

verfolgen. Bislang konnte China, neben den USA das Land mit dem größten

Schadstoffausstoß überhaupt, stets darauf verweisen, dass die

Amerikaner selbst noch keine entschlossenen Maßnahmen getroffen hätten.

Rob Watson, Geschäftsführer

der in China tätigen Eco Tech International, sagte noch diese Woche

der “New York Times”: “Die Chinesen nehmen uns nicht ernst, solange die

Amerikaner nicht mit gutem Beispiel vorangehen.” Auch im Vorfeld der Washington-Konferenz

hatten die Chinesen ihre Skepsis gegenüber rascheren Maßnahmen

zum Klimaschutz erneut bekräftigt. “Für ein Entwicklungsland

ist der Kampf gegen die Armut am wichtigsten”, sagte Xie Zhenhua bei einer

Diskussionsveranstaltung.

Die Bush-Regierung hatte

ihnen diesen Freiraum stets gelassen, weil sie bei den Klimaverhandlungen

mit China nicht auf verbindlichen Festlegungen bestand – und die Philosophie

vertrat, jedes Land solle seinen eigenen Ansatz zum Klimaschutz verfolgen.

Mit dieser Haltung steht das Weiße Haus aber auch innenpolitisch

zunehmend alleine da.

In aktuellen Gesetzen des

US-Kongresses finden sich zunehmend Klauseln, die Strafmaßnahmen

gegen Handelspartner ohne Schadstoffgrenzen – wie beispielsweise China

– vorsehen. Auf regionaler Ebene und in Meinungsumfragen unterstützt

zudem mittlerweile eine klare Mehrheit der Amerikaner entschiedenere Maßnahmen

zum Klimaschutz.

Bei dem Treffen zeigten sich

die Chinesen nach Aussagen von Teilnehmern nach wie vor ausweichend, sobald

es um einen eigenen Beitrag zum Klimaschutz ging. Sie seien aber sehr besorgt,

dass dies in der “Post-Bush-Ära” nicht länger möglich sein

wird. Dies sei auch ihre wichtigste Motivation für das Treffen gewesen:

Sie hätten herausfinden wollen, ob sich die amerikanische Haltung

unter einer neuen US-Administration wirklich ändern wird.

Merkel wollte nicht zu Bushs

Klimakonferenz kommen

Nun haben sie vom Kongress

die Botschaft erhalten, dass die Parlamentarier schon bald die breite Unterstützung

der amerikanischen Bevölkerung für mehr Klimaschutz berücksichtigen

wollen, hieß es nach dem Gedankenaustausch.

Ob das Weiße Haus über

das Treffen informiert war, ist unklar. In jedem Fall ist es ein Hinweis

darauf, wie wenig Bedeutung der Bush-Administration bei der Gestaltung

der Zukunft der US-Klimapolitik noch beigemessen wird. Dies hatte sich

auch schon im Vorfeld der Klimakonferenz gezeigt. Nach Informationen von

SPIEGEL ONLINE hatte US-Präsident Bush versucht, Angela Merkel als

Eröffnungsrednerin zu gewinnen. Diese sagte jedoch nach Konsultationen

mit dem britischen Premierminister Gordon Brown ab. Hochrangigster deutscher

Vertreter bei der Konferenz ist nun Umweltminister Sigmar Gabriel.

 

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