RootZ.Öko – Artikel aus der Umwelt

 
Spiegel

online 23.10.07

ATMOSPHÄRE

CO2-Gehalt steigt schneller

als erwartet

Wird sich die Erde noch schneller

und noch stärker erwärmen als bislang befürchtet? Neue Analysen

zeigen, dass sich der Kohlendioxidanteil der Atmosphäre rascher erhöht

als angenommen. Zu zwei Dritteln ist daran der Mensch schuld, glauben Forscher.

Der Kohlendioxidgehalt in

der Atmosphäre steigt – und zwar schneller als bislang befürchtet.

Schuld daran ist das globale Wirtschaftswachstum und eine immer ineffizientere

Industrie, meinen Forscher.

Der Kohlendioxidgehalt in

der Atmosphäre gilt als der wichtigste Indikator des Klimawandels.

Zu Beginn der industriellen Revolution lag er bei 280 Teilchen pro Millionen

(ppm), 2006 wurden 381 ppm erreicht. Mit einer stetigen Zunahme der CO2-Konzentration

haben sich viele Menschen längst abgefunden – zumindest für die

Gegenwart.

Doch der CO2-Anteil ist in

den vergangenen Jahren sogar schneller gestiegen als erwartet. In den achtziger

und neunziger Jahren erhöhte er sich noch um 1,5 bis 1,6 ppm pro Jahr.

Im Zeitraum von 2000 bis 2006 betrug die jährliche Rate jedoch 1,93

ppm, wie Josep G. Canadell und seine Kollegen vom Global Carbon Project

in Canberra (Australien) jetzt berichten.

Die Atmosphäre hat nach

ihren Berechnungen zwischen 2000 und 2006 im Schnitt 4,1 Milliarden Tonnen

Kohlenstoff pro Jahr zusätzlich aufgenommen. Deprimierendes Fazit

der Wissenschaftler: Das Klima werde sich aufgrund dieser Veränderungen

stärker und früher als angenommen wandeln.

Zwei Gründe haben die

Forscher für den unerwartet schnellen Kohlendioxid-Anstieg ausgemacht:

Zum einen habe die Menge der CO2-Emissionen zugenommen, schreiben Canadell

und seine Mitarbeiter im Fachblatt ” Proceedings of the National Academy

of Sciences”. Zum anderen würden immer weniger Treibhausgase gespeichert

– sowohl auf dem Land als auch in den Ozeanen.

Die Wissenschaftler hatten

umfangreiche Daten zum Kohlenstoffhaushalt der vergangenen 150 Jahre ausgewertet.

Dabei stellten sie fest, dass die Effizienz der Industrie in Bezug auf

das Treibhausgas zurückgegangen ist. Seit dem Jahr 2000 wird mehr

Kohlendioxid freigesetzt, um dieselbe wirtschaftliche Leistung zu erreichen.

Bisherige Prognosen waren stets davon ausgegangen, dass sich die Nutzungsbilanz

wie in den Jahrzehnten vor 2000 weiter verbessert.

Wirtschaftswachstum in Asien

maßgeblich Schuld

Schuld daran ist nach Ansicht

der Forscher das weltweite Wirtschaftswachstum, vor allen in Teilen Asiens

wie China und Indien. Der Studie zufolge stiegen die weltweiten Kohlendioxid-Emissionen

zwischen 2000 und 2006 jährlich um 3,3 Prozent. In den neunziger Jahren

waren es hingegen nur 1,3 Prozent. Den Anteil des globalen Wirtschaftswachstums

an der CO2-Zunahme in der Atmosphäre beziffern die Autoren mit 65

Prozent.

35 Prozent der Kohlendioxid-Zunahme

führen sie auf kaum noch aufnahmefähige CO2-Senken zurück.

Land als auch Ozeane können immer weniger Treibhausgas der Atmosphäre

entziehen. In den achtziger und neunziger Jahren seien dies nur etwa 3,2

bis 3,4 Milliarden Tonnen jährlich gewesen. Veränderte Windzirkulationen

im südlichen Ozean und eine Serie von Dürren in den mittleren

Breitengraden seien dafür die Ursachen.

Erst kürzlich hatten

britische Forscher berichtet, dass die Weltmeere heute deutlich weniger

Treibhausgase aufnehmen als noch vor zehn Jahren. Die Wissenschaftler unter

Leitung von Andrew Watson von der University of East Anglia hatten mehr

als 90.000 Messungen aus dem Nordatlantik in der Zeit von 1995 bis 2005

ausgewertet. Ihr Ergebnis: Die CO2-Aufnahme des Meeres verringerte sich

in diesem Zeitraum um die Hälfte. Diese Ergebnisse seien “höchst

beunruhigend”.

 

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