RootZ.Öko – Artikel aus der Umwelt

 
Spiegel

online 16.03.08

WARNUNG DER UNO

Gletscher schmelzen im

Rekordtempo

Die Gletscher schmelzen weltweit

im Rekordtempo. Das zeigt eine Studie, die das Uno-Umweltprogramm Unep

heute vorstellte. Trotzdem kommt die Staatengemeinschaft beim Klimaschutz

kaum weiter. Ein Gipfel der größten Sünderstaaten brachte

keine entscheidenden Fortschritte.

Nairobi/Zürich – Die

Ergebnisse sprechen eine eindeutige Sprache: Eine Untersuchung des Gletscherüberwachungszentrums

der Universität Zürich hat ergeben, dass die Gletscher zwischen

2004/2005 und 2005/2006 in etwa doppelt so schnell geschmolzen sind wie

in den vorangegangenen zwei Jahrzehnten, wie ein Unep-Sprecher in Nairobi

mitteilte. Das Institut habe weltweit fast 30 Gletscher in sieben Gebirgszügen

untersucht. “Die Zahlen sind Teil eines sich beschleunigenden Trends, bei

dem kein Ende abzusehen ist”, warnte Wilfried Häberlie, der Direktor

des Gletscherinstituts.

Unep-Direktor Achim Steiner

erinnerte an die Bedeutung der Gletscher als natürliche Wasservorräte:

“Millionen, wenn nicht Milliarden Menschen hängen unmittelbar von

ihnen ab.” Der Klimawandel sende viele Alarmsignale aus. “Die Gletscher

sind unter denen, die besonders laut sind, und jeder sollte aufmerken und

hinhören.”

Das Institut hat über

die Jahrzehnte die Veränderungen der Dicke der Eisschichten gemessen.

Während die Gletscher in den achtziger Jahren bis zur Jahrtausendwende

durchschnittlich 30 Zentimeter Dicke pro Jahr verloren hätten, seien

sie seit dem Jahr 2000 um jährlich einen halben Meter und in den vergangenen

Jahren sogar um 70 Zentimeter dünner geworden.

Besonders dramatisch sei

die Lage am norwegischen Breidalblikkbrea-Gletscher, der allein im Jahr

2006 um mehr als drei Meter schrumpfte. Alarmierend sei auch der überdurchschnittlich

schnelle Rückgang des Großen Goldbergkeesgletschers in Österreich,

des Ossoue-Gletschers in den französischen Alpen und des spanischen

Maladeta- Gletschers.

Im Kampf gegen die Erderwärmung

haben die 20 größten Umweltsünder bei ihrem Gipfel in Japan

trotz der alarmierenden Nachrichten keine entscheidenden Fortschritte erzielt.

Die Positionen von Industrienationen, Schwellen- und Entwicklungsländern

seien zu unterschiedlich, sagte Japans Umweltminister Ichiro Kamoshita

zum Ende des sogenannten G-20-Gipfels im Tokioter Vorort Makuhari. Das

Nachfolgeabkommen für das 2012 auslaufende Kyoto-Protokoll solle nun

nach dem “Prinzip der gemeinsamen, aber differenzierten Verantwortung”

ausgehandelt werden. Das Nachfolgeabkommen soll bis Ende 2009 verabschiedet

werden.

Japan sprach sich während

des Treffens der Länder, die zusammen 80 Prozent des weltweiten Ausstoßes

an klimaschädlichen Treibhausgasen zu verantworten haben, für

einen “branchenspezifischen Ansatz” aus, bei dem für jeden Industriezweig

eigene Klimaziele aufgestellt werden sollen. “Unser Vorstoß war sinnvoll,

weil er eine neue Idee zeigt”, sagte Kamoshita. Dies unterscheide sich

von den bisher geltenden festen Emissionzielen für jedes Land. Japan

schafft es derzeit nicht, die im Kyoto-Protokoll festgeschriebenen Obergrenzen

zu erreichen.

Aufstrebende Länder

wie Südafrika lehnten den Vorstoß Japans jedoch ab. Sie wollen

sich nicht auf die gleichen Ziele verpflichten lassen wie Industriestaaten.

Dennoch sei sich Südafrika der “Dringlichkeit zum Handeln” bewusst,

sagte Umweltminister Marthinus van Schalkwyk. “Als Entwicklungsland sind

wir bereit, einen fairen Beitrag in einem Klimasystem zu leisten”, sagte

er. Sonderregelungen für Entwicklungsländer lehnen wiederum die

USA als unfair ab.

Der frühere britische

Premierminister Tony Blair hatte in seiner Eröffnungsrede gestern

vergeblich für verbindliche Klimaschutz-Ziele geworben. “Wir haben

den kritischen Moment für die Entscheidung über den Klimawandel

erreicht”, sagte Blair. Den Entwicklungs- und Schwellenländern räumte

er zugleich ein Recht auf Wachstum ein. Der Brite leitet eine Gruppe internationaler

Klimaexperten, unter deren Vermittlung ein Kompromiss der G-20 über

verbindliche Klimaschutzziele zustande kommen soll.

Die Teilnehmer der Uno-Klimakonferenz

auf der indonesischen Insel Bali hatten sich im vergangenen Dezember darauf

geeinigt, bis Ende 2009 ein Nachfolgeabkommen für das Kyoto-Protokoll

auszuhandeln. Ende März sollen die Gespräche in Bangkok fortgeführt

werden. Auch beim Gipfel der acht bedeutendsten Industriestaaten (G 8)

im Juli auf der japanischen Insel Hokkaido soll der Klimaschutz im Mittelpunkt

stehen. Beim G-8-Gipfel in Heiligendamm im vergangenen Jahr hatten die

Teilnehmer sich darauf verständigt, eine Verringerung der Treibhausgase

um mindestens 50 Prozent bis zum Jahr 2050 ernsthaft gemeinsam ins Auge

zu fassen.

 

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