RootZ.Öko – Artikel aus der Umwelt

 
FAZ

online 27.03.08

Hitze, Malaria und Hochwasser

Heftige Gewitter, Hagel

und Regenmassen sind im Vorfrühling nichts ungewöhnliches

Von Frank Pergande

Draußen tobte ein Schneesturm.

Am Morgen hatte es Glatteis gegeben. Eine extreme Wetterlage war es dennoch

keineswegs, die den Extremwetter-Kongress in Hamburg hätte beschäftigen

können. Es war ein normaler Vorfrühlingstag. Extreme Unwetter

– damit sind Stürme mit einer Geschwindigkeit von hundert Stundenkilometern

und stärker gemeint. Heftige Gewitter mit gewaltigen Blitzen, Hagel

und Regenmassen, die in Sturzfluten alles überschwemmen. Oder auch

starke Frosttage. Aber wer erinnert sich noch an extreme Frosttage. Darin

sind sich alle Klima- und Wetterforscher einig: Die Sommer werden im Durchschnitt

immer heißer, die Winter immer milder.

Einig sind sie sich auch

darin, dass der Mensch einen großen Anteil am Klimawandel hat. Schon

heute sind in Afrika mehr Menschen wegen des veränderten Klimas auf

der Flucht als etwa aus Kriegen. Würde der Mensch nicht versuchen,

den Klimawandel wenigstens zu bremsen, würde die Durchschnittstemperatur

in den nächsten Jahrzehnten um 6,3 Grad Celsius steigen. Die internationale

Klimakonferenz, über welche die deutsche Verhandlungsleiterin Nicole

Wilke auf dem Extremwetter-Kongress berichtete, will erreichen, dass die

Grenze bei zwei Grad Celsius liegt.

Hamburg erlebt den Klimawandel

als verkehrte Welt

Christian Schönwiese

von der Universität in Frankfurt stellte in Hamburg den neuen Klimatrend-Atlas

für Europa vor. Darin wird freilich nur die Vergangenheit betrachtet.

Schönwiese stellte klar, dass der Klimawandel örtlich und jahreszeitlich

sehr unterschiedlich ausfällt. Im Winter gibt es beim Niederschlag

eine Nord-Süd-Grenze: weniger Regen in Italien, ein leichter Anstieg

des durchschnittlichen Niederschlags in Deutschland, viel Regen in Skandinavien.

Im Sommer indes entsteht eine Ost-West-Grenze: Im Westen regnet es wesentlich

häufiger als im Osten. Und der Nordwesten Deutschlands etwa, also

auch Hamburg, erlebt den Klimawandel als verkehrte Welt. Dort wird es im

Durchschnitt nämlich kälter.

Am Deutschen Institut für

Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin sind soeben die finanziellen Folgen

des Klimawandels für die Bundesländer errechnet worden. Zwar

müssen Bayern und Baden-Württemberg in den nächsten 50 Jahren

am meisten aufwenden, um mit den Folgen zurechtzukommen. Aber Claudia Kemfert,

die Leiterin der Abteilung Energie, Verkehr und Umwelt beim DIW, stellte

auch klar: Sachsen-Anhalt ist, gemessen an seinem Bruttosozialprodukt,

am meisten betroffen.

Orkane haben in Deutschland

nicht zugenommen

Eingerechnet wurden alle

möglichen Folgen: Wassermangel, der auch die Energieversorgung gefährden

könnte, aber ebenso extremes Hochwasser wie an Elbe und Oder schon

erlebt. Auch könnte es sein, dass sich Schädlinge in der Land-

und Forstwirtschaft stärker bemerkbar machen und mit zunehmender Wärme

sich tropische Krankheiten wie Malaria in Deutschland ausbreiten. Kemfert

mahnte, dass die vom DIW errechneten Kosten – insgesamt bis zu 800 Milliarden

Euro, darunter für Baden-Württemberg 129 Milliarden und für

Bayern 113 Milliarden Euro – beim Finanzausgleich zwischen den Ländern

berücksichtigt werden müssten.

Dass allerdings nicht jedes

Wetterphänomen auch mit dem Klimawandel zu tun hat, machte Gerhard

Steinhaus vom Deutschen Wetterdienst klar. Die Zahl der Orkane in Deutschland

etwa habe keineswegs zugenommen, auch wenn man es so empfinde. Es gebe

zehn bis zwölf Tornados pro Jahr. Hamburg kann sich an eine solche

Windhose noch gut erinnern. Im März 2006 zog über den Süden

der Stadt überraschend ein Tornado hinweg. Zwei Kranführer starben,

als ihre Kräne einfach abknickten. Tornados in Deutschland seien allerdings

– im Gegensatz etwa zu Orkanen wie jüngst noch Emma – so kleinteilige

und so plötzlich auftretende Wetterereignisse, sagte Steinhaus, dass

sie vom Wetterdienst nicht erfasst werden könnten.

 

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