RootZ Aktion – Bericht vom dritten s.o.m.a. Festival, 11. – 13.08.2000





Burg Geretzhoven, 11.
– 13.08.2000

mit frdl. Unterstützung von sankofa




Brain_com.

Fireball

King
Shiloh

B.A.N.T.U.

Patrice

Techno
Area

Solar
Moon

Freitag

Samstag

Sonntag

Freitag,
11.08.2000


Alle Randbedingungen waren perfekt, und versprachen ein schönes
Festivalwochenende: Der Wetterbericht prophezeite einen kleinen Sommer
inmitten der verregneten Saison, das Lineup des dritten s.o.m.a. Festivals
featurte ein paar Reggaehighlights und auch sonst wurde mir berichtet,
dass dort bisher immer eine schöne Atmosphäre geherrscht hat. 

Für den Weg zur Wasserburg vor den Toren Kölns habe ich
mir viel Zeit gelassen. Ganz gemütlich gings mit dem Fahrrad durch
Köln Vogelsang, am Hänflingweg vorbei in Richtung westlicher
Vororte. Am Horizont tauchten schon bald die im Westen gelegenen „Wolkenmachmaschinen“,
die Braunkohlekraftwerke der Ville auf. Weiter ging es durch Felder und
kleine Käffer immer weiter gen Geretzhoven. 

Schon einen Kilometer vor Erreichen der Burg säumten viele geparkte
Autos den Straßenrand, aber als ich nach etwas mehr als einer Stunde
Fahrradfahrt das Festivalgelände betrat, bemerkte ich schnell, dass
sich die Masse Mensch auf dem weitläufigen Gelände gut verteilt
hat und es sehr angenehm war, sich auf dem Areal zu bewegen. 







^ Licht auf dem Weg zum Festival 

^ Die Elektronikschrauber von Brain_com.
aus Köln

Brain_com.






Der erste Act, den ich mir angeschaut habe, war die Elektronikkombo
Brain_com. aus Köln Kalk. An diesem Abend gaben die vier Knöpfchenschrauber
plus 

weibliche Stimme die Debutvorstellung auf dem s.o.m.a.. 
Per Flüstertüte wurde das Publikum zum Konzert zusammengerufen
und schon bald bewegten

sich in dem schön ausgeleuchteten Raum die ersten Körper zum
Rhythmus der diversen Effektgeräte und Synthesizer. Unterstützt
von einer dezenten Lightshow pegelten, drehten und pitchten sich Brain_com.
durch ihre Show. 

Die Sängerin wirkte in meinen Ohren mit ihrer unzweifelhaft
guten Stimme manchmal ein wenig isoliert in dem elektronischen

Mahlstrom, der ihren Gesang unterlegte. Der Integrationsversuch in den
elektronischen Klangkosmos – das Verzerren der Stimme per Gesang durchs
Megaphon – 

klappte durch die auftretenden Rückkopplungen nicht
und so musste die Lady ihren Part quasi „nackt“ feilbieten.
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In der Scheune, einem anderen Veranstaltungsort auf dem Festivalgelände,
stand das Fireball Soundsystem, mit dem ich in letzter Zeit intensiv zusammenarbeite,
plus King Shiloh aus A’dam auf dem Programm. 



^ King Shiloh – A’dam


^ Fireball – Köln

Als der Aufbau des Sounds gegen 22 h beendet war, wirkte die Scheune
noch nicht besonders einladend: ein am Giebel ca. zwölf Meter hoches
Dach bedeckte die

150 qm Grundfläche, welche von den Festivalveranstaltern
mit feinem weißem Sand aufgefüllt war. Also ein großer,
recht nackter Raum mit einer kleinen Theke und der Bühne für
den Sound.

Fireball










Das Warmup von Fireball lockte bald die ersten Leute in den Raum
und nach einer  halben Stunde hatten sich die ersten fünfzig
Reggaefans in der Scheune versammelt. 

Nach und nach trafen immer mehr Leute ein, so dass auch der Raum
direkt vor der Bühne, auf dem der Sound stand, schon bald mit TänzerInnen
gefüllt war.

Man merkte jedoch, dass es sich bei den meisten der Anwesenden nicht
unbedingt um Hardcore Dancehall Posse handelte, mit Ausnahme von vielleicht
zehn People, die an dem Abend mit dem Sound von Fireball richtig Party
hatten. 

Von den afrikanischen Kollegen waren  auch sehr wenige vorhanden
– wahrscheinlich weil das s.o.m.a. kein Reggaefestival in dem Sinne ist. 

Drei Stunden waren für den ersten Set angesetzt. In der Zeit haben
die drei Feuerbälle – MC Nile Moddy, Selectors Fabulous und Lexx –
eine schöne Safari durch die Geschichte des Dancehall präsentiert. 

Neben aktuellstem Ragga gab es, wie gewohnt, einen Haufen Dancehall
Standards und eine scientific excursion zu den Wurzeln der heutigen Szene:

den Studio 1 Riddims. Dabei die mit rauer Stimme geröhrten, einheizenden
Toasts von MC Moddy und immer wieder ein knalliges Dubplate – ein für
das Soundsystem produziertes Special – an der richtigen Stelle.

 

Zum Zeitpunkt des Wechsels von Fireball zu King Shiloh
hatten sich etwa 200 Leute in der Scheune versammelt. Der Wechsel von Dancehall
Tunes zu Heavy Dub à la Shiloh war jedoch für einen Teil des
Publikums zu krass, so dass viele Lück den Raum verließen, um
letztlich wieder durch neu hereinströmende Dubfans ersetzt zu werden.
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King
Shiloh


Ein Uhr nachts. Heavy Bass made in Amsterdam, an dem Abend direkt auf
die Trommel- und Zwerchfelle der Leute auf dem s.o.m.a. Festival. Dafür
ist die niederländische Crew schließlich bekannt. Schade eigentlich,
dass Shiloh nur ihren einzigartigen Vorverstärker – er trennt die
einzelnen Frequenzen, die dadurch separat ansteuerbar sind – und nicht
ihre komplette PA mitgebracht haben. Die damit erzeugten Megabässe
hätten vielleicht sogar die Dachpfannen von der Scheune abgedeckt,
oder zumindest die Taubenkacke rieseln lassen. 

Shiloh hatte sich auf der rechten Seite der Scheune, direkt am Rande
des Dancefloor, auf einer Ebene mit der Crowd positioniert, ganz in der
Tradition eines Jah Shaka. Ein anderes „Old-School-Feature“ von Shiloh
ist das Auflegen mit nur einem Plattenspieler. Die Übergänge
zwischen den Songs werden entweder mit dem Effektgerät oder von Toasts
der mitagierenden MCs – u.A. Lyrical Benjie – überbrückt. 

Diese flashen Conscious Lyrix über Jah Rastafari in einem deepen,
rootzigen Style, der richtig fett mit den Bässen und Vibes des Sounds
korrespondiert. 

 

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Ich habe mich nach ungefähr einer Stunde getoastetem
Conscious-Poetry-Upliftment und akustischer Shiloh-Bass-Massage auf den
Weg in mein fernes Bett gemacht – hatte ich doch noch etwas mehr als eine
Stunde und zwanzig Kilometer Rückweg. Das Festivalgelände verabschiedete
sich für den Tag mit einer wunderschönen Lichtkulisse aus angestrahlten
Bäumen, Burgmauern und bewegten leuchtenden Objekten. 

Lichtspiele auf der Burgmauer >

 

Die Psychedelic-Leute – Champignons – wie sie von ein paar afrikanischen
Kollegen wegen ihres Pilzkonsums spontan getauft wurden, hatten bestimmt
viel zu gucken und staunen. Die Pilze gabs übrigens als Duftkissen
(!) bei dem auf dem Gelände aufgebauten Headshop ohne Probleme zu
erwerben.


 

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Samstag,
12.08.2000


Der zweite Tag, Samstag, begann für mich s.o.m.a.- technisch
erst am Abend. Dadurch habe ich die Ethnoacts auf der Hauptbühne –
zwei afrikanische und eine indische Band – nicht gesehen. Als ich gegen
21 Uhr auf dem Festivalgelände eintraf, wurden auf der Hauptbühne
gerade die Vorbereitungen für den Hauptact des Festivals getroffen:
B.A.N.T.U. featuring Patrice. In anderen Worten: geballte Reggae- und Hip
Hop-Power aus Kölle.

 

< African Queen Henk von Grow >

/ Relaxen und staunen

 

Es ist 22 Uhr. Auf dem offenen Gelände neben der Burgmauer
warten mehrere Hundert Leute auf den Auftritt der Kölner Crew. Es
wird dunkel und die Stände rund um den Platz lassen ihre phantasievoll
gestalteten Lichter aufleuchten. Alles ist in ein warmes Licht getaucht,
das prima zu der Atmosphäre des sich setzenden Sommerabends an einem
Samstag passt. Joints werden geraucht und überall sitzen kleine Grüppchen
zusammen, essen, trinken und unterhalten sich geschäftig. 

 

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B.A.N.T.U.


Dann ist es soweit: Einer der Veranstalter vom s.o.m.a. Festival kündigt
die Band an, auf die viele sich gefreut haben. B.A.N.T.U. live an der Burg.
Eine tighte Band spielt fette Riddims, soulig, hip-hoppig, mit ‘ner Portion
Reggae und Ragga. Auf diese musikalische Unterlage kommen die Vocals von
Don Abi, seinem Bruder und einem Mädel, die zu dritt die für
schwarze Musik typischen Gesangsmuster, wie Call and Response und mehrstimmige
Harmonien flashen. 

 

 

Während Don Abi mit seinem Team für die druckvollen, manchmal
ziemlich ruff  rüberkommenden Main Vocals sorgt, ist der andere
Top Act des Sets – Patrice – in die zweite Reihe zurückgetreten und
setzt seine Stimme für die Background Vocals ein. Für einen gemeinsamen
Set sind die Styles vielleicht nicht kompatibel genug. 


 

Die dynamische, frische Black Music Melange von B.A.N.T.U. war auf
jeden Fall das, was das Publikum hören wollte, denn die Leute sind
richtig gut mitgegangen, es wurde getanzt und hie und da gab es auch mal
ein Meer von hunderten kleiner Feuerzeugflammen. Die Presse war mit einigern
Fotografen eingetroffen und sorgte für ein kleines Blitzlichtgewitter,
das von einer schön komponierten Lightshow begleitet wurde. 





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Patrice


Dann kam die Zeit für Patrice’s Kurzeinlage. Er hatte die Leute
direkt auf seiner Seite, ging ans Mikro und nuschelte sein bekanntes „You
know, every day good ’coz of being alive“ kaum verständlich in den
fortgeschrittenen Abend. Die Menge gröhlte „yeah“, „bow bow“ und „Booyaka“.
Na und dann gings los: 

Zwei junge und  hübsche Mädels – Produkte
der Liebe aus Afrika und Europa – lieferten zu dem superdynamischen Set
von Patrice eine Tanzeinlage und Backing Vocals, die richtig Spaß
gemacht hat. 

Der sanfte Reggae und die Messages des Musikers aus Kerpen Brüggen,
dessen erstes Album gerade weltweit veröffentlicht wurde, war offensichtlich
bei den Leuten schon angekommen. Es wurde mitgesungen und Patrice’s Dialog
mit dem Publikum traf voll ins Schwarze, anstelle, wie es oft bei Konzerten
passiert, ins Leere, Verständnislose zu gehen. 

Es entwickelte sich bei diesem Konzert in der lauen Sommernacht eine
richtig geile Reggaestimmung, die nach Ende der vier Patrice-Songs noch
mal von Don Abi & Co richtig hochgepuscht wurde. Ein schöner Abschluß
für das diesjährige Programm auf der Hauptbühne des s.o.m.a.
Festivals.

 

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Sonntag,
13.08.2000


 


Techno
Area







Woanders ging es natürlich weiter. Die Technodisco
war brechend voll und zu wummernden Subbasses leuchteten Scheinwerfer und
glühten psychedelische Objekte.

Die Leute glitten langsam durch den mehrstündigen Tanz zu einer
betörenden Musik in eine angenehme Trance und in der gesamten Area
herrschte eine ausgesprochen friedliche und relaxte Stimmung. Fragt mich
bitte nicht, wer an diesem Part des s.o.m.a. teilhatte – in der Technoszene
kenne ich mich zu wenig aus, um Namen der DJs zu kennen oder ihre Arbeit
ernsthaft bewerten zu können. Ich kann dabei nur sagen, ob mir persönlich
der Sound gefällt oder nicht. An diesem Abend tat er’s. 


 

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Allerdings bin ich nicht allzu lange in der Technodisco geblieben,
zu rauchig wars und zu neugierig war ich, was es auf dem Gelände noch
alles zu entdecken gab. Dabei fällt mir der paradoxe Tisch ohne Platte
ein, die in satten Farben beleuchteten Bäume, die an gemütlichern
Plätzen angebrachten Hängematten und das Zelt mit dem großen
Lagerfeuer in der Mitte. Man konnte es all diesen Kleinigkeiten anmerken,
dass dieses Festival mit viel Liebe und eher für den Spaß, als
für den kommerziellen Erfog konzipiert wurde. 


^ Der Tisch ohne Platte

 

Es gab viel zu gucken

 




Solar
Moon


In der Chill Out Area habe ich mit dem Programm von Solar Moon aus Köln
mein persönliches Festival-Finale gehabt. Noch einen letzten Spliff
zu den deepen Dubsounds, unterlegt mit feinen Percussions und gespickt
mit immer wieder faszinierenden akustischen Überraschungen. Dazu gabs
dann auch noch eine wahre Augenweide: eine Gruppe von Artisten präsentierte 
zu den Dubsounds eine sehr beeindruckende Feuer Show. 

Bis zum Sonntagabend wurden noch eine Menge kleinere Veranstaltungen
in der Chill out Area geboten. Das s.o.m.a. im dritten Jahr. Für mich
war es das erste Mal, dass ich dort war. Und ich habe mich wohl gefühlt,
jede Minute hat Spaß gemacht. Hoffen wir mal, dass die Veranstalter
mit den zwei- bis dreitausend Besuchern genug Spaß, Erfahrung und
finanzielles Polster für s.o.m.a.# 4 im Jahre 2001 angesetzt haben.

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s.o.m.a.
2001


Copyright: Dr. Igüz 2000

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