RootZ Aktion – Seeed – Köln Gebäude 9 09.05.01

Seeed

Köln,
Gebäude 9, 09.05.01

 

Auf dem Summer
Jam 2000 habe ich diesen Berliner Act leider verpaßt und habe mich
deswegen umso mehr auf diese Möglichkeit gefreut, die mir schon als
exzellent beschriebene Liveshow der zwölfköpfigen Combo zu sehen.

 


 

Mir wurde nicht zu viel
versprochen. Schon die Besetzung mit Livebläsern und Percussion ließ
einen amtlichen Reggaesound vermuten. Hinzu kommt der Scratcher an den
Plattentellern, der dem großenteils fetten Rootssound mit gekonnten
Scratches einen guten Touch von Trip oder Hip Hop hinzufügt. 

 

Nabel des Seeedsounds sind
jedoch die drei Frontmänner – Eased, Ear und Enuff – ein Vocaltrio
jamaikanischer Tradition an den Mikes. Der Singing Style orientiert sich
großenteils an Formationen, wie den Ur-Wailers oder Heptones, geht
aber häufig darüber hinaus, denn Seeed haben ihren eigenen Sound
geprägt. Passende Scratches an den richtigen Passagen, urbane Bässe,
die nicht von dieser Welt scheinen, und ein paar Rapeinlagen lockern die
Roots auf – die Show läßt Erinnerungen an britische Bands der
beginnenden Achtziger Jahre aufkommen, auch wenn Pierre Baigorry alias
Enuff sagt, daß die Band diesen Sound nie bewußt angestrebt
hat. 

 


 

Das Gebäude 9 in Köln
jedenfalls war an diesem Abend pickepackevoll und das Publikum ist von
den Vibes fraglos überzeugt. Es ist Party angesagt. Seeed bringen
mit dem mittlerweile wohl fast jedem bekannten „Dickes B“ oder 

 den „Dancehall
Caballeros“, der kommenden Singleauskopplung, die Dancehallatmo live genauso
gut rüber, wie einschlägige Sound Systems. 

 

Allein der Gastauftritt
des Sound erprobten MC Black Kappa sind eine Garantie für fette Vibes,
die die Dancehall gezielt unter Feuer nehmen. Hinzu kommen die fetten Rootsnummern
aus eigener Feder, oder per Version von Perry, Marley oder John Holt. Ein
Tune, wie die Wailers Hyme „Keep on Moving“ wird genauso authentisch 
rübergebracht, wie die Eigenkompositionen. Von allen Konzerten deutscher
Reggaeacts, die ich bisher gesehen habe, ist dieser der fetteste. 

Seeed fühlen sich wohl
in Köln. Das kommt beim Gespräch mit Pierre, dem Kopf der Gruppe
im Vorfeld des R.E.M. Konzertes am 12.5.01 auf der Kölner Domplatte,
bei dem die Berliner Band als Vorburner fungieren, ganz klar zur Sprache:
„Hier gehen die Leute bei Parties und Konzerten richtig ab und Köln
ist DIE Reggaestadt, direkt nach Berlin aber ganz klar vor Hamburg oder
München.“

 



Mr Fabulous und Pierre
Während des Gespräches
kommt man natürlich auch auf die Entwicklung der derzeit boomenden
deutschen Reggaeszene zu sprechen, von der Seeed ein Produkt ist. „Gentleman
hat für Reggae in Deutschland eine Lanze gebrochen“, sagt Pierre und
betont gleichzeitig, daß Seeed einen anderen Ansatz, als der Kölner
Reggaesänger verfolgt: „Wir singen nicht auf Patois und sind nicht
ganz so Jamaika orientiert. Wir kopieren das jamaikanische Ding nicht zu
100%“. Neben Gentleman werden in der Folge noch Tolga und D-Flame genannt,
deren Spur auf der Szene deutlich zu sehen ist. 

 

„Im Vergleich zu Hip Hop
ist Reggae in D noch eine kleine Sparte“, sagt Pierre und meint, daß
es auf der Szene ganz gut weitergehen wird. Immer abhängig von der
Qualität, die die deutschen Künstler liefern werden. „Da ist
noch viel rauszuholen“, meint Pierre. Auf den Widerspruch zwischen Kommerz
und Reggae angesprochen, sagt der Sänger, daß dies tatsächlich
eine zweischneidige Sache sei. „Die Vermarktungskampagne für ein Album
prägt das Image einer Band, egal, welche Qualität ihre Musik
hat. Ohne Kommerz gibt es aber auch keine Tour mit einer zwölfköpfigen
Gruppe“.  Da bleibt zu hoffen, daß Seeed trotz ihres jetzigen
kommerziellen Erfolges mit dem Dicken B in den Charts weiterhin ihre Wurzeln
im Auge halten.


Copyright:  Dr.
Igüz 1998 – 2001
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