RootZ Aktion – Ward 21 & Mr. Vegas Köln, Live Music Hall, 04.02.2002


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Aktion
 

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Ward 21

Mr. Vegas

Köln

LMH

04. Februar 2002

Ich habe mich schon beim
Konsum der Ward 21 Scheibe „Mentally Disturbed“ gefragt, wie die Jungs
solch einen einen normalerweise digital im Studio mit großem technischem
Aufwand produzierten Sound ohne Rieseneinsatz an Samplern und weiterer
unterstützender binärer Geräte auf der Bühne rüberbringen
wollen. Dann kommen da mal gerade drei Musiker – Keys, Bass, Drums – auf
die Bühne und mein Fragezeichen wurde noch größer. Als
die Jungs von der Thugz Band dann jedoch losgelegt haben, verwandelte sich
das Fragezeichen zu einem Ausrufezeichen hinter einem spontanen „Aha!“.
Diese drei Musiker haben diesen Abend in der recht gut besuchten LMH eine
Power gemacht, daß es eine Freude war. 

Fünf Minuten warmspielen
brauchte es und dann kam die geballte Madness Jamaikas – der Name für
das Vierergespann an potentiellen Zwangsjackenträgern wurde vom Irrenhaus
der Kingstoner Uniklinik übernommen –  auf die Bühne: die
vier Jungs von Ward 21 aus Waterhouse, eines der letzten musikalischen
Projekte aus der Talentschmiede von King Jammy’s waren wieder da. Nachdem
sie vergangeness Jahr das Splash Festival bei Chemnitz schwer aufgemischt
hatten, kam die deutsche Reggaehauptstadt auch endlich in den Genuß
eines Auftrittes dieses aktiven Quartetts. Na ja, und was dann folgte,
ist schwer in Worte zu fassen. 

 

Es war ein etwas mehr als
einstündiges Feuerwerk aller Hits, von H.a.t.e.r.s. und Da Pum zu
Never Bow und Ganja Smoke und aller Versions vom Badda Badda, über
Volume; Trilogy  und Bellyas. Die vier Stimmen – Andre „Suku“ Gray,
Kunley McCarthy, Ranaldo „Rumblood“ Ervans und Mark „Mean Dog“ Henry –
bringen eine Power rüber, dass es einfach nur Spaß macht. Da
steht keiner nur ein paar Sekunden still, Positionen werden permanent gewechselt,
genauso wie Sdtimmkommbinatinen in den Tunes, nicht zum klerinsten Zeitpunkt
gibt es auf der Büghne irgendetwas Statisches, alles bleibt in Bewegung.
Mädels: ist die Bassvoice dieses Gespannes nicht einfach die beste
Durchblutungshilfe für eure erogenen Zonen?

 

Der Spaß kommt aber
nicht nur durch die heavy, hiphopgeschwängerten Dancehallbeats hardcorigster
Natur, richtiger Genuß entfaltet sich erst richtig, wenn man mal
zuhört, was die vier aus der Kingstoner Klatsche so zu erzählen
haben. 

Thematisch ist das zwar nicht
sehr vielfältig, dafür aber umso detaillierter, wenn dem vor
Begeisterung johlenden und in „Ficken Ficken“ Rufe ausbrechendedn Publikum
erzählt und per Gestik vorgemacht wird, in welchen verschiedenen Positionen
der jamaikanische Mann es vorzieht, eine Pum Pum zu bearbeiten. 

Verbales Viagrakonzentrat,
nix für schwache Herzen! Vielleicht sollte man solcherart mit Sexanspielungen
vollgesogenen Gigs häufiger in D stattfinden lassen. Ich kann mir
gut vorstellen, dass das ein gutes Programm gegen das befürchtete
Aussterben der Allemannen sein könnte. Bestimmt sind die ersten Pusssies
schon feucht, wenn die bassige Stimme einsetzt: „Pum Pum you haffi ram
it…“

 

Der zweite thematische Schwerpunkt
des Auftritts war eine Livication an das heissgeliebte Herb, das häufig
durch seine Inspiration unterstützende Power, solche verrückten
Projekte, wie Ward 21 überhaupt erst möglich macht. Immer wieder
wurden Spliffs aus demm Publikum auf die Bühne hochgereicht, die dann
mit entsprechender Message von den vier Jungs auf der Bühne in die
Show integriert und ziemlich schnell vernichtet wurden. Das hat gut getan,
insbesondere deswegen, weil in naher Vergangenheit auch mir nahestehende
Reggaeprojekte Verluste durch den repressiven Zugriff des Staatsapparates
erleiden mussten. Free the herb and free Lexx! Vielleicht versteht es auch
eine verkrustete Gesellschaft wie die in diesem Lande irgendwann mal, daß
jeder Kisokbesitzer, der Schnaps verkauft, um einiges krimineller ist.
“We smoke the weed, the weed, the weed until we eyes a bleed a bleed a
bleed, pass the trees, the trees, the trees, give me a Rizla please, please,
please.” – Ganja Smoke. 

 



Nach der ersten Stunde ging
es dann nahtlos mit Mr. Vegas weiter. Dieser Wechsel hat die Entertainmentqualität
nach meinem Geschmack drastisch abnehmen lassen. Okay, Vegas musste gegen
vier Leute anstinken, vielleicht ist der Vergleich nicht fair. 

Jedoch hatte schon der gesamte
Aufbau seiner eigenen Show längst nicht so etwas Lebendiges, Treibendes,
wie die seiner Vorgänger. Das mag daran liegen, dass er versucht,
eine nach amerikanischen Ansprüchen gestyltes Entertainmentprogramm
durchzuziehen.



Okay. Es ist vielleicht ganz
witzig, ein oder zwei Male hinzugehen und das Publikum zu teilen und die
zwei Hälften gegeneinander antreten zu lassen, aber diesen Trick zum
Erzeugen von Livevibes zehn Male oder öfter anzuwenden, ist Overkill
und einfach nur noch plump langweilig. 

 

Dabei könnte Vegas
ganz anders. Auch er versprüht eine Power ohne Ende, weiß sich
zu bewegen und kann sich bei den Dancehallchicks in Szene setzen.- Warum
also diese billigen und abgedroschenen Animationsversuche? Besser würde
sich ein gezielterer Einsatz  seine fraglos sehr guten Stimme machen,
die entsprechenden Hits – Heads High, Girls Time, Damn Right, She’s A Hoe,
sowie ein paar langsamere Nummern, die seine Sangesqualität unterstreichen,.
beweisen es.

Genauso wenig hat Vegas es
meiner Meinung nach nötig, Songs aus dem Repertoire von Marley eher
schlecht als recht rüberzubringen. Warum geschieht das hierzulande
immer wieder? Ist das eine Fehldenke jamaikanischer Musiker, dass man in
Deutschland unbedingt Tunes von Bob im Repertoire braucht, um bestehen
zu können? Ich finde diese immer wiederkehreneden Versuch langsam
nur noch als ermüdend und fände es viel besser, wenn die Entertainer
eines Kalibers von Mr. Vegas, die singen und toasten können, sich
eher ihrem Genre widmen würden, es vorantrieben und Rootstunes den
Rootsleuten überliessen. 

 

Obwohl das vielleicht auch
ein bisschen die Frage des Betrachtungskonzeptes der Musik ist, Vergas
selbst bezeichnet seinen Sound, der bis hin zum slackest Hardcore reicht,
immer noch als Reggae Music, eine Definition, die nach meinem Gusto für
sein Repertoire etwas unpassend definiert ist.

Auch wenn ich hauptsächlich
die erste Hälfte dieser etwas mehr als zweistündigen Show genossen
habe, war das insgesamt betrachtet die fetteste Live Dancehallshow, die
ich bisher in diesem Lande gesehen habe. Nicht nur dass durch solche Gigs
offenbar wird, dass die deutschen Riddim Sections noch einiges aufholen
müssen, sondern auch der Hiphop sieht mit seinen eingefahrerenen 
Styles sowgas von alt aus. Was sich da in der Kölner Live Music Hall
an diesem Montagabend abgespielt hat, war ein Genuß für alle
Fans härterer Dancehallvibes.

 


Copyright: Doc Highüz
2002
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