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20 Jahre Summer
Jam, davon 10 Jahre auf der Insel im Fühlinger See bei Köln,
2 Jubiläen gab es dieses Jahr also zu feiern. Die Erwartungen an das
Festival bei mir waren hoch, nicht nur wegen dieser Geburtstage, sondern
auch, weil dieses Mal wohl das letzte für eine längere Zeit sein
würde, denn ich werde die nächsten Veranstaltungen wohl nicht
mitmachen können, weil ich auf unserer Farm weit weg von Babylon sein
und nicht nach Deutschland reisen werde. |
Erfreulich und offensichtlich
war von Anfang an, daß das letztjährige massive Bullenaufgebot
stark dezimiert war, auch wenn die Uniformierten trotz allem an vielen
Ecken gaffend, oder sagt man "observierend" sich herumdrückten. Schön
war auch daß die Gerüchte über eine Preiserhöhung
für das Festival 2005 auf über 100 Euro aus der ganjageschwängerten
Luft gegriffen schienen, mit 74 Ocken war der Besucher dabei, was für
ein 3-Tage Festival mit mehreren Areas ja nicht zu viel ist. Eine gute
Einrichtung war auch, daß es an einigen Punkten auf dem Gelände
frisches Wasser aus der Leitung zu zapfen gab, davon wurde von den Besuchern
rege Gebrauch gemacht.
Weniger erfreulich
war für mich - aber das ist ja eine Geschmacksfrage - das Programm.
Ich hatte, nicht zuletzt gespeist von den Ankündigungen, erwartet,
daß es bei solch einer runden Jahreszahl eine Art Rückblick
über die 20 Jahre Festival- und Reggaegeschichte geben würde.
Dem war leider nicht so, die deutschen und europäischen Acts dominierten,
die Künstler aus der Heimat des Reggae - Jamaika, für diejenigen,
die das nicht wissen oder vergessen haben - waren stark unterrepräsentiert. |
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Und das Festival fand zum
ersten Mal nicht traditionell am ersten Juliwochenende statt, sondern eine
Woche später. Wenn man es böse auslegt, kann man vermuten, daß
der Veranstalter Contour folgendermaßen kalkuliert hat: am 8.7. haben
die Sommerferien in NRW schon begonnen, wir machen hauptsächlich Musik
mit Acts, die junge Menschen anspricht und haben dann ein volles Haus.
Ob so gedacht oder nicht, das Festival war voll wie nie und zwar hauptsächlich
mit Kiddies um die 20. Aber vielleicht werde ich auch einfach nur alt.
Mellow Mark ^ |
Alright, alright
genug der einleitenden Kritik, kommen wir zur Musik. Der erste Act, der
die Bühnenbretter (auf der zweiten Stage) betrat, war Mellow Mark
mit Pyro. "Summer Jam, ihr seid das Movement" rief er ins Mikro, blieb
aber schuldig wofür. Oder bin ich zu weg von der Szene, um es zu kapieren?
Das Movement der Kiffer und Säufer? Jedenfalls fuhr kurz nach seinem
bedeutungsschwangeren Statement schon der erste Notarztwagen mit schrillem
Horn und gleißendem Blaulicht vor, während Mark mit seinen Dreads
"Wild Thing auf der Akkustikgitarre drosch. Unterstützt wurde er übrigens
nur von einem Elektronikfummler an den Pegeln, der ihm Beats, Samples und
Effekte lieferte. |
Als Mellow Mark
noch lautstark und akkustik-gitarre-klampfend-bis-dreschend für seine
Revolution warb, wanderte ich ab zur Hauptbühne, zu den Irie Revoltes,
die dort das Programm eröffneten. Mit mehreren, sich abwechselnden
Sängern lieferte die mir bisher unbekannte Band sozialkritische Texte
auf deutsch und französisch zu Roots und Dancehallrhythms. Mehr Infos
kann ich leider nicht bieten, außer daß die Mucke hörenswert
war.
Sänger
von Irie Revoltes >
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<
Massive am Freitagnachmittag
Es folgte Babylon Circus.
"Wer ist das?", fragten sich einige und guckten zwecks Aufklärung
in die Infomappe des Veranstalters. Und jetzt zitiere ich, weil es so schön
ist: "Europäisches großes Band, das gefolgt hat, mit, eine paradoxe
Musik zu verursachen, die die Folklore von Osteuropa mit französischen
Neo-Realist Songs, städtischem Reggae, Ska, Jazz, Tolpatsch und Punk
kombiniert." Alles klar oder mehr davon? "Ihre zweisprachigen Lyrics enthalten
starke politische Aussagen mit der zugrundeliegenden Anzeige, daß
eine Person unterscheiden kann. Nicht wirklich Null fallen sie nicht in
clichés, wegen ihres entfernten gleichmäßigen (einige
würden clownistic sagen), Weise des Betrachtens dieser Welt, die sie
innen leben." Genug davon. Die Kulturgrenze zwischen Frankreich und Deutschland
ist nach wie vor unüberwunden und der Internetbabelfisch verschluckt
sich gerne an Phrasen mit dem Ergebnis, daß er Kauderwelsch rotzt.
Diese Zeilen nur mal als Beispiel, womit man als Journalist sich so beschäftigen
muß.
< Das Festivalgelände
am Freitagnachmittag |
Also, kurz zusammengefaßt:
Babylon Circus gründeten sich vor 10 Jahren in Frankreich, es sind
15 Musiker, die zusammen spielen und zwar einen fetzigen Sound mit starken
Ska-, Reggae- und Jazzeinflüssen. Dazu gibt es französische Texte,
bei denen Rassisten, Kriegstreiber und Umweltschweine eins übergebraten
bekommen.
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Bühnenwechsel.
Auf der Green Stage, also der kleineren, aber oft feineren Platform des
Festivals wurde umgebaut von einem dieses Mal als Sänger die Bühne
betretenden Andrew Murphy, dem langjährigen MC des Summer Jam, der
schon früher mit Rhapsody einen recht seichten Reggae fabriziert hat
und heutzutage von der KP Crew begleitet wird,einer Backing Band, die sonst
Acts, wie D-Flame begleitet.
< Andrew Murphy,
Summer
Jam MC
und Artist |
Es fogten dann
The Selecter, ja die Kult-Skaband aus den Achtzigern. Einigen sind die
Combo und ihre Hits "On The Radio", Three Minute Hero" oder "Missing Words"
vielleicht noch bekannt. Die Originalsängerin Pauline Henry, zwischenzeitlich
als Schauspielerin, Radio- und TV Moderatorin und Schriftstellerin tätig,
führte mit viel Charisma und einer starken Stimme durch das musikalische
Programm von Ska, Rock und Wave. Sehr sehens- und hörenswert.
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weitgereiste Zuhörer
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Auf der Hauptbühne
spielten im Anschluß an die babelfischverstümmelten Franzosen
Culcha Candela aus Berlin. Die Stadt an der Spree ist aber nur der Ort,
an dem sich sechs Vokalisten und ein DJ aus vier Kontinenten bzw. fünf
Ländern trafen. Man sagt, daß das B des Culcha Sounds noch ein
bißchen dicker ist, auf jeden Fall gab es Reggae, Dancehall, Soca,
Latin Grooves und Hip Hop erst verquirlt und dann direkt in die Horchlöffel,
so daß das Zucken der Tanzmuskeln überhaupt nicht ausbleiben
konnte. Ich kann verstehen, daß diese interkulturell engagierte Band
ein Geheimtipp in der Szene ist und sich vielleicht alsbald aus dem Nebel
des Sekretiven in das Bühnenlicht großer Arenen erhebt. |
Und dann, im
abendlichen Block, kamen auf beiden Bühnen die Acts, die man eigentlich
nicht mehr vorstellen muß: Dawn Penn, die leider eine sehr seichte,
ami-entertainment-mutierte Show geliefert hat, Seeed mit dem B das dicker
ist oder auch nicht und dann endlich mal ein authentisch jamaikanischer
Act, das Vokaltrio Israel Vibration. Na ja und um Mitternacht war alles
vorbei. Wer dann noch keinen Tinitus und Muskelkrämpfe hatte, ist
noch ins Soundsystemzelt gegangen, wo sich bis zum frühen Morgen von
Selectors angetrieben die schwarzen Vinylscheiben drehten und aufgeputschte
MCs zu hippen Rhythms in ihre Mikes röhrten. |
^ Summer Jam Massive
bei Seeed
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Samstagmittag
hatte man den Regenschirm zwar nicht nötig, es war ganz gutes Wetter,
dennoch wurde zur Programmeröffnung der Nebenbühne der Yellow
Umbrella aufgespannt. Es folgte das äußerst dynamische Tokyo
Ska Paradise Orchestra mit fernöstlichem Ska durchwoben mit fettesten
Bläsersätzen.
< Tokyo Ska
Paradise Orchestra |
Auch auf der
Hauptbühne startete der Sound mit Newcomern, nämlich der deutschen
Band Jahcoustix aus München mit Roots Reggae made in Bavaria. Den
darauf folgenden Act Famara habe ich entweder verpaßt oder die Show
ist gecancelt worden. Jedenfalls ist der nächste Auftritt auf der
Hauptbühne, an den ich mich erinnern kann Half Pint gewesen, der mit
seinen "Greetings I bring from JAH to all Raggamuffin" und anderen Hits
das Summer Jam Publikum begeisterte. Und mit ihm stand endlich mal wieder
ein jamaikanischer Meilenstein Reggaegeschichte an.
Blick
übers Gelände am Samstagmittag >
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Eigentlich war ja Sizzla
angekündigt, aber fast erwartungsgemäß gab es Probleme,
nein, nicht mit ihm, sondern diese elendige Diskussion über Battyboylyrics
hat dazu geführt, daß ein Strich durch die Rechnung gemacht
wurde. Nachdem Sizzla und Turbulence sich geweigert hatten, einen von Schwulen-
und Lesbenlobbys erzwungenen Maulsperrenvertrag zu unterschreiben, in dem
sie hätten zusagen müssen, nur "politisch korrekte" Songs aufzuführen
(Meinungsfreiheit wird heutzutage von sexuellen Randgruppen bestimmt!),
wurden im Nachbarland Frankreich fast alle Konzerte gestrichen, was dazu
geführt hat, daß Fattis Burrell, der Manager, gleich die ganze
Europatournee in den Sack gehauen hat.
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Auch wenn ein
guter Auftritt verloren gegangen ist, danke ich Sizzla, Turbulence und
Fattis für ihre aufrechte Haltung, denn Leute, die durch ihre Knebel
nur noch sabbern können, gibt es schon ausreichend. Im übrigen
hat ein sog. Reggae Superstar à la Gentleman auch jahrelang das
Publikum mit Battylyrics beschallt, das mal zum Nachdenken...
< Drahtseilakte
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Jedenfalls gab die Lücke
im Programm jemandem die Chance, einen, wenn auch kurzen Auftritt hinzulegen:
Chuck Fenda, er kam, sang und siegte in der Gunst des Publikums. Ich muß
sagen, er war nicht nur ein weiterer der dünn gesähten jamaikanischen
Musiker, sondern ein ehrwürdiger Ersatz für den umstrittenen
Sizzla, mit fast ebenbürtiger Stimme und einer Gabe, die Massive zu
zünden. Seine erste Show in D wird auf jeden Fall nicht so schnell
vergessen werden.
Bühnenwechsel: Sergent
Garcia wurde vom Veranstalter als "angesagtester Multi-Kulti Künstler
dieser Tage" gepriesen und den "Worldmusic-Afficionados" an die Trommelfelle
gelegt. Mag sein, daß er sich an das Summer Jam Publikum angepaßt
und ein Reggae / DH Programm zusammengestellt hat, mag auch sein, daß
ich gerade diesen Block von Songs mitbekommen habe, von Worldmusic habe
ich jedenfalls nichts mitbekommen. Jedenfalls steht Garcia für die
Mischung karibischer Beats mit Hip Hop und gilt als Begründer eines
schnellen und druckvollen Styles namens Salsamuffin. Und solch eine Mixtur
kann nur aus dem für musikalische Hybride sehr offenen Frankreich
kommen, wo der Sergent als Sohn spanischer Eltern aufgewachsen ist. Drei
Alben hat er produziert und spielte sich seit 1999 mit seiner Band Los
Locos del Barrio (die Durchgeknallten des Stadtviertels) den Ruf eines
fantastischen Liveacts zusammen.
Und dann folgte
auf der Nebenbühne der tatsächliche Höhepunkt der diesjährigen
Summer Jam Worldmusic Acts, als Amadou et Mariam die Bühne betraten.
Das blinde Ehepaar aus Mali kam Mitter der Achtziger Jahre in einem Blindenzentrum
in der Hauptstadt Bamako zusammen und tourte jahrelang durch Westafrika.
Es folgten Auftritte in England und eine längere Periode in Paris.
Dort wurde die Musikindustrie hellhörig und begann, das Ehepaar zu
vermarkten. Heutzutage haben Amadou et Mariam einen Höhepunkt erreicht,
ihr letztes Album wurde von niemand anderem als Manu Chao produziert und
die aktuelle Tournee führt sie um die halbe Welt. |
^ Amadou et Mariam
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Aber das ist auch kein Wunder,
Mali ist ein Synonym für sehr gute Musik, gilt als die Wiege des Blues
(der Sound wurde quer über den Atlantik durch die verschleppten Sklaven
nach Amerika exportiert) und wer das Paar gehört hat, ist endgültig
überzeugt. Die Gitarre von Amadou ist so leichtfüßig, wie
eine Gazelle im Sahelstreifen und Mariams Stimme so ausdrucksvoll wie eine
Kreuzung aus Ella Fitzgerald und Myriam Makeba. Aus Afrika gibt es derzeit
wohl kaum einen besseren Sound.
Dann wurde es mal wieder
Zeit für Jamaika, auf der Hauptbühne stand einer der großen
Stars der Insel bereit: Barrington Levy. Seit Mitte der Siebziger Jahre
hat dieser Mann Hit um Hit produziert, mit erlesenen Produzenten, wie Henry
'Junjo' Lawes, Linval Thompson oder Alvin Ranglin. Seit Mitte der Achtziger
Jahre gehört er zur Creme der Karibikinsel und hat seitdem weder
in der Qualität, noch im Schaffen nachgelassen. Unzählige Alben,
Kolaborationen und Duetts gehen auf sein Konto. Nachdem er sich mit einem
Ausschnitt aus "Also Sprach Zarathustra" ankündigte, konnte die
Summer Jam Massive Hit um Hit, wie "Under Mi Sensi", "Here I Come", "Murderer"
oder "Living Dangerously" abfeiern. Qualität kommt nach wie vor aus
Jamaika, das bestätigte auch der prallvoll gefüllte Platz vor
der Bühne, die Kids wissen also, wo die deutschen Acts gelernt haben.
Die Summer Jam Premiere von Barrington war einfach famos.
Auf der Nebenbühne ging
es weiter mit Jamaika, erst gab sich der mittlerweile schwer von Haut-
und Knochenkrebs gezeichnete, aber nach wie vor energetische Yellowman
die Ehre. Hut ab und 'nuff respec' vor diesem Mann, der solch ein hartes
Los zu tragen hat und weitermacht, als sei er kerngesund. Yellow is the
King of the Dancehall! Diesem Motto entsprach auch das Publikum und feierte
den Mann ab.
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Dann kam eine
weitere Legende: Black Uhuru und Duckie Simpson. Das Gedankenprodukt von
Sly and Robbie hat zwar mehrere Ups and Downs, Reformationen, Splits und
sogar Klonereien (zeitweise gab es zwei Black Uhurus - eine Band mit Duckie
und eine mit Michael Rose) durchgemacht, die Hits, wie "Shine Eye Gal",
"Guess Who's Coming To Dinner" oder "Sinsemilla" haben es überlebt
und die Summer Jam Massive feierte den rockigen Reggae ab.
< Duckie Simpson
und Black Uhuru |
Auf der Hauptbühne war
dann Lokalzeit angesagt, der All-Stylles-Künstler Patrice aus Kerpen
bei Köln, Mädchenschwarm und begnadeter Entertainer brachte sein
Programm aus den drei Longplayern "Ancient Spirit", "How Do You Call It?"
und dem aktuellen "Nile". Bekannt für seine harten Übergänge
von soften Balladen zu punkigen Nummern, steht er für ein erstklassiges
Musikprogramm, was er an diesem Abend ein weiteres Mal dem voll gefüllten
Platz und zehntausenden von gespitzten Ohren bewies.
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^ Patrice and
Shashamane Band
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Dann kam noch mal ein Set
jamaikanischer Sound mit Richie Spice und Kollegen, consciousness from
the 5th Element, bevor ein weiterer Platzhirsch, Gentleman aus Köln,
Reggaekönig von Germanien, den Platz zum Bersten füllte. Mit
seinem dritten Album "Confidence" ging er von nix auf Platz 1 der deutschen
LP-Charts und an diesem Abend brachte er eben genau jene Confidence durch
die Ohren der Zuschauer direkt in ihre Herzen.
Mit seiner ehrlichen
Musik hat er erreicht, daß viele Leute, die mit Reggae oder DH ansonsten
nix zu tun haben, auf ihn stehen: Tilman Otto aka Gentleman und auch
wenn ich mehr auf die Originalsounds aus der Karibik setze und mich immer
wieder dafür stark mache, daß eher die jamaikanischen Acts gepuscht
werden, weil diese Leute oft keine andere Einkommensmöglichkeit haben,
als ihre Mucke, zolle ich Gentleman Respekt. Er ist einer der Wegbereiter
des Reggaefiebers in D, abgesehen davon, welche Geschwulste dadurch z.T.
entstanden sind.
Tilman
Otto aka Gentleman >
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Es ist aber immer noch besser,
einen Reggaehype zu haben, als daß die Kids, wie bspw. in den USA
sich von angeblich coolen Rappern inspirieren lassen, sich ne Wumme oder
nen Messer besorgen und den Gang War praktizieren. Oder von so Gestalten,
wie Marilyn Manson.
Parallel zu
Gentleman gab es auf der kleinen Bühne einen der wenigen Bonbons aus
den Vereingten Staaten: Groundation aus Nordkalifornien, eine neunköpfige
Reggaeband mit Rootsappeal und dem akkustischen Horizont zur Erweiterung
durch Jazz- und Dubelemente. Seit 1998 macht die Band um Harrison Stafford
ihren Sound und stellte auf dem Summer Jam ihr drittes und schwer abgefeiertes
Album "Hebron Gate vor", das mit lautstarker Unterstützung von Don
Carlos und Cedric Mylton (Congos) erstellt wurde. Es folgte der Curfew
auf den Bühnen (erst gegen 1 Uhr nachts - wie das der Veranstalter
bloß beim Ordnungsamt der Stadt Köln durchgesetzt hat?) und
die Abwanderung der Massive in die Sound System Zelte, Schlafsäcke
oder Fahrzeuge nach Hause.
Harrison
Stafford von Groundation >
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^ The Stingers ATX |
Tag drei des
Summer Jam, das Wetter hielt sich ganz gut, ein paar Tropfen hier und da
konnten die Stimmung nicht kühlen, die paar Wolken nur die heißen
Strahlen der Sonne trüben. Auf der Hauptbühne gings los mit den
Stingers ATX, einem Ska-Sextett aus Austin Texas. Die Band machte ihrem
Ruf, ein super Liveact zu sein alle Ehre, auch wenn das Publikum zu so
früher Stunde sich eher noch auf dem Campingplatz den Schlaf aus den
Augen rieb oder den ersten Joint kurbelte. Jedenfalls gaben die Texaner
sich alle Mühe, mit ihrem druckvollen Auftritt zu zeigen, daß
ihre Heimat neben dem Bush-Clan auch ein paar positive Aspekte zu bieten
hat. Gelungen! |
Den Opener auf der Nebenbühne
machte der deutsche Act Ohrbooten mit einem Sound zwischen Hip Hop, Roots
und Ragga, nix besonderes aber auch nicht schlecht. Dann kam eine weitere
neue Formation namens Noiseshaper aus dem Hamburger Stall Echo Beach von
Nicolai Beverungen. Diese Band formatiert sich aus Mitgliedern aus Berlin,
Wien und Birmingham, mit dabei ist Fe Wolter, dem einen oder anderen vielleicht
bekannt von The Vision und diversen weiteren deutschen Dub- und Elektronikprojekten.
Vieles vom Sound (Bass, Backgrundvox, Effekte) kommt aus der Maschine.
Aber die Besetzung
Elektronik, Drums und Percussion machte die Liveperformance auf dem Summer
Jam druckvoll und der Mix aus Dub, deep Reggae und House ließ die
Glieder vieler Zuhörer in kontrolliertem Rhythmus zucken. Dazu gab
es mit conscious Lyrics vom britischen Sänger Juggla und em Gastvokalisten
Mr. Vedo aus Südafrika einen guten Draht zur Crowd. Ein hörenswertes
Debut auf dem Summer Jam und die aktuelle Scheibe "Rough Out There" bekommt
eine Kaufempfehlung.
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Auch auf der
Hauptbühne standen die Zeichen auf Sound aus Germanien. Erst kamen
die Bielefelder Saloniki Surfers mit einer neuen Sängerin, die eine
so gute Stimme hat, daß sogar Brothers Keepers ein Auge, äh
- Ohr, auf sie geworfen haben sollen. Seit 4 Jahren macht die Band aus
Bielefeld ihren Sound aus Roots, DH, Dub und Ska und hat sich in diesr
recht kurzen Zeit ein ganz gutes Renommé eingespielt. Produziert
wurden in der Zeit 2 Mini CDs und ein Album. Das Summer Jam Publikum
(sofern schon auf dem Platz vorhanden) bekam einen Querschnitt dieser Werke
präsentiert.
< Saloniki
Surfers |
Es folgten Les Babacools
aus Bayern, die mit ihrem Sound aus Bossa, Samba, Ska, Roots und DH einen
musikalischen Kontrastpunkt setzten, den die Trommelfelle poitiv registrierten.
Dann wurde es wieder jamaikanisch. Im Programmwechsel wurde Anthony B nach
hinten gelegt und es kam eine echte Jamaican Showcase, ein einmaliges Hitfeuerwerk
von Frankie Paul, Daddy U-Roy und dem Cool Ruler höchstpersönlich
- Gregory Isaacs.
Aber der Reihe nach: Frankie
Paul brachte sein gewohntes Hitprogramm, das hauptsächlich aus Reggae-
und Soul-Coverversionen und einem Best of aus seinen über dreßig
bisher veröffentlichten Alben bestand. So kam das Kölner Publikum
in den Genuß von Songs, wie "Worries In The Dance", "Cassanova",
"Pass The Tu-Sheng-Peng", "Tidal Wave" und einigen weiteren.
Der DJ Daddy U-Roy, der kleine
Mann mit Hut und großer Stimme, ist eine weitere Legende. Mit über
sechzig Jahren immer noch strong on Stage. Er war mit King Stitt einer
der ersten, die in Jamaika das Toasting (das Sprechen über eine Instrumentalversion
/ Dub) praktizierte und ist somit einer der Urväter des MCing und
auch des Kopfnickersounds, welcher ja auf die gleiche Weise in den USA
sich entwickelte. "Wake The Town And Tell The People", Daddy U-Roy is here,
the man responsible for putting the DJ on the musical map.
Na, und dann stieg bei mir
die Spannung, oft war er angekündigt worden, nie habe ich ihn zu sehen
bekommen, man hörte übelste Dinge über seine Kokainabstürze
(clean scheint er nach wie vor nicht zu sein, wie Informanten aus dem Backstagebereich
behaupten) und über seine verrissenen Performances Trotzdem ist und
bleibt er für mich einer der Pfeiler meiner persönlichen Reggaegeschichte:
Gregory Isaacs. Das Volk jubelte, ich hörte hin und war hin- und hergerissen.
Nein, nicht vom vibe, sondern von der verbliebenen Qualität seiner
ehemals so brillianten Stimme. Ja, es war eine gute Show, besonders nach
den von mir absolut heruntergeschraubten Erwartungen, aber bei Songs, wie
Rumors hörte man die schweren Defizite der nicht mehr so reibungslos
funktionierenden Stimmbänder. Trotzdem war es cool, ihn einmal gesehen
zu haben, bevor er endgültig in der Gruft des weißen Pulvers
versinken dürfte.
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Auf der kleinen
Bühne folgte ein weiterer Act aus der deutschen Reggaeliga mit durchschnittlichem
Erfolg, verglichen mit Seeed, Gentleman oder Patrice: Nosliw. Und dann
waren die Regler glücklicherweise wieder auf modernen jamaikanischen
Sound getuned. Zuerst kamen die aus dem Irrenhaus geflohenen Ward 21 mit
ihrem harten Sound zwischen Hip Hop und Dancehall und anschließend
gab es noch eine Queen der Inselszene: Tanya Stephens. Bekannt für
ihre Ausflüge in R&B Gefilde, hat sie mit ihrem letzten Album
"Gangsta Blues" bewiesen, daß sie auch als Dancehall Act etwas drauf
hat, der Auftritt in Köln unterstreicht das und war recht entertaining.
Ein guter Act, die Musik auf der kleinen Bühne zu beenden.
< Nosliw |
Vor dem Hauptbühnenauftritt
von Anthony B gab es mit dem Erscheinen von dem bisher recht unbekannten
Künstler Perfect noch eine kleine positive Überraschung, bevor
der kleine Bobo Dread mit Turban und Stab seine meisterhaften Lyrics zu
Rasta Livity ins Mike chantete. Das Programm abschließend trat einer
der mir am unsympatischsten Reggaemusiker überhaupt auf: Alpha Blondy
von der Elfenbeinküste. Viele Leute stehen auf ihn und seine Show
und zugegebenerweise hat er i.d.R. eine phantastische Backingband und weiß
auch, wie man das Publikum um den Finger wickelt. Mir sind seine Attituden
aber einfach zu aufgesetzt, ich konnte ihn schon Backstage erleben, und
wer sich mal die eine und mal die andere unterschiedlich eingefärbte
Rastaperücke aufsetzt, hat für mich eh nicht mehr alle Tassen
im Schrank.
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Zusammenfassend
war das 20. Summer Jam Festival eine gute Party mit viel guter Musik, ich
hätte mir aber, wie schon eingangs gesagt, mehr Authenzität gewünscht,
mehr Sound aus J.A. Trotzdem wünsche ich dem Veranstalter, daß
er noch lange so weitermachen kann und zolle 'nuff respec' für 2 Jahrzehnte
getaner Arbeit in einem Musiksektor, der bestimmt nicht so einfach ist,
wie meinetwegen der Rockbereich. Peace an Contour nach Stuttgart.
< Anthony
B
Und abschließend folgen
hier noch ein paar Schnappschüsse vom diesjährigen Festival. |
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