RootZ Aktion – 12. Bersenbrücker Reggae Jam


 

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Ein Festivalbericht von

Joscha Mergelmeyer

Freitag, 11.8.06

Am Freitag mittag um Viertel

vor zwei ging’s mit dem Zug los nach Bersenbrück.

Als wir am Zielbahnhof ankamen,

hatte sich dort bereits eine buntgemischte Karawane in Richtung des Klosters

gebildet. Kloster? Ja genau, auch dieses Jahr war das Festivalgelände

im ehrwürdigen Klostergarten des Zisterzienser Klosters von Bersenbrück

errichtet worden und das bereits zum 12. Mal.

 

Der Fluss im Zisterzienserkloster

Das Campinggelände

lag auf der anderen Seite des Flußes, der sich durch das Kloster

ergießt. Über dieses Gewässer gab es für alle Leute

leider nur eine Brücke, das sollte nächstes Jahr irgendwie verändert

werden, da der Weg vom Zelt zur Bühne zeitweise ca. 20 Minuten in

Anspruch nahm. Als gegen Abend  die Zeltplätze rar wurden bauten

die Leute ihre Lager in den Wald direkt vorm Kloster und längs des

Weges.

Am Abend gegen 20.00h wurde

die kleine, aber feine Dancehall fürs Warm-up eröffnet. Die Jungs

der Sound Systemließen die Plattenteller bis in die frühen Morgenstunden

glühen.

Sänger wie KlarBautErMann

heizten die Stimmung gehörig an. Ich selbst habe nur einige Stunden

durchgehalten und bin dann, naßgeschwitzt wie alle Anwesenden, gegen

2 Uhr zum Zelt gewandert. Auf dem Weg zum Zelt kam ich an, mit großen

Planen selbstgebauten, Dancehalls mit diversen Soundsystems vorbei. Davon

gab es einige und alle paar Meter gab es eh nen neuen Sound aus irgendeiner

Autoanlage oder nem Ghettoblaster.

Alle Leute auf dem Festival

waren sehr freundlich, haben sich gegrüßtund redeten miteinander.

Natürlich gabs wieder diese typischen pseudo- Leute die sich Jamaika

Shirts mit einem Hanfblatt drauf kaufen und nur da waren um was mitzukiffen

und sich in erster Linie Alk reinzuhauen…Sogar die Ordner müssten

zugeben das die Kiffer kein Störfaktor waren, lediglich die Bier-

und Hartalkseligen.

Überhaupt muß

man sagen, daß die Ordner sehr korrekt in ihrem Verhalten waren.

Bei Betreten des Festivalgeländes mußte man zwar die Getränke

abgeben, damit die Verkaufsstände Gewinn machen konnten, die Taschen

wurden aber im Vorbeigehen nur schnell kontrolliert und es kam so gut wie

nie zu Wartezeiten. Big up!

Auch schlichen keine „Freunde

und Helfer in grün“ um die Zelte. Lediglich auf der Hauptstraße

die aber nicht zum Festivalgelände gehört, sah man ein, zwei

Streifenfahrzeuge.

Samstag, 12.8.06

Die Sonne am Samstagmorgen

wurde von vielen erst mal mit ´nem Spliff begrüßt, denn

am Freitag morgen hatte es noch geregnet. Allerdings war das Wetter auch

am Samtag durchwachsen zwischendurch hat’s schon mal genieselt, aber unterm

Strich war es ganz gut.

 

Um 14.00 sollte

das Programm beginnen, aber schon zu Anfang merkte man, daß das Programm

eher ne Richtlinie war wer an welchem Tag und um welchen Dreh spielen würde.

Die Ohrbooten z.B. hab ich

zur Hälfte verpasst da sie von Sonntag auf Samstag vorgezogen wurden.

Uwe Banton spielte sogar an beiden Tagen, sein Song, in dem es darum geht,

daß der 11. September der Neujahrestag in Äthiopien ist, wird

noch ziemlich lange in den Gehörgängen der Festivalbesucher wiederhallen.

Die Festivalbühne

Leider kam der ja eigentlich

geplante Auftritt von Anthony-B nicht zustande da dieser gerade seine Agentur

gewechselt hat. Los gings mit Concrete Jungle über Fitta Warri bis

zu Leo´s Den, einer Gruppe die sich dem Roots mit ganzer Seele verschrieben

hat.

Danach war der junge Maxim

vom Rootdown-Label am Mikro, der von der deutschen Reggae Welle á

la Nosliw, Nattyflo und Mellow Mark getragen wurde, sich jetzt aber so

langsam etabliert hat. Dann gabs Manu Ranking und Goldi die ich verpaßt

habe, weil ich mir nen Süppchen überm Campingkocher gemacht habe.

Am frühen Abend spielte

die österreichische Band „House of Riddim“, auf deren Tunes Künstler

wie Tolga, ein Deutschtürke der jamaikanische Musik macht, Ganjaman,

der Übersetzer des Patois, Uwe Banton, dessen Mähne zu den Kniekehlen

reicht und Concious Fiyah von Headcornerstone, ihre Texte zum besten gaben. 

Nebenbei gab’s auf der kleinen

Bühne Soundsystemveranstaltungen, auch das Oldenburger Soundsystem

Yalla Yalla Movement war wieder vor Ort, diesmal waren die Jungs teilweise

selber am Mikro. Sehr tanzbarer Sound in freundlicher Atmosphäre.

 

Die African Potatoes

von KlarBautErMann

Ich bin schnell

noch mal zum Zelt zurückgegangen um Essen zu faßen, ne Runde

zu chillen und einen zu bauen. Als ich die mich begleitenden Gammler bewegt

habe loszugehen war’s viertel vor neun.

Eine halbe Stunde später

sollten laut Programm Mono und Nikitaman spielen, ein Auftritt auf den

ich mich besonders gefreut habe. Natürlich war die Aufregung umsonst,

denn als wir kamen, begann gerade mal Daddy Freddy, der jahrelang im Guinessbuch

als schnellster Rapper eingetragen war.

Obwohl er mit großem

Tamtam angekündigt wurde (oder gerade deswegen?), konnte er mich nicht

überzeugen. Seine Technik und die damit erzeugte Geschwindigkeit waren

schon ziemlich fett, aber es schien als sei Freddy aus Versehen auf dem

Festival gelandet, anstatt bei einem Hip-Hop-Battle in der Bronx.

Zwischendurch kam der Programmansager,

der von Act zu Act breiter wurde, auf die Bühne um die Leute nen bißchen

anzuheizen, oder einfach um die Lücken zu füllen.

Da die 2 Bühnen im

rechten Winkel zueinander standen, mußte man den Kopf nur um 90 Grad

wenden, um den nächsten Künstler zu sehen. Durch dieses Prinzip

mußte man nicht von Stage zu Stage laufen, sondern konnte einfach

auf der selben Tanzfläche stehen bleiben.

 

Nach dem langen,

durch die Programmverschiebungen bedingten warten (21.15 war geplant, 22.30

war real), konnten Mono und Nikitaman endlich auf die Bühne kommen.

Anders als größere, berühmtere Acts hielten sie sich nicht

mit Selbstbeweihräucherung, wie bspw. Freddy auf, sondern überzeugten

die Massive mit Charme. Als dann Nikitaman, der Dancehall Energie Gott,

nach einem der zahlreich gespielten Weed-Tunes auf der Bühne seinen

Spliff genoß, waren den beiden die Sympathien des Publikums sicher. 

Hängemattenparadies

Wie ein Erdbeben ging es

zu, als die anwesende Rasta-Horde angehalten wurde, auf einmal in die Luft

zu springen. Wieder einmal haben die beiden, mit ihren witzigen sozialkritischen

Texten, das Feuer in ihren Herzen auf die Massive übertragen können.

Kein Dread blieb ungeschüttelt und kein Fuß mehr auf dem Boden.

Das einzig schlechte an dem Auftritt war die Kürze, aber so ist das

nun mal auf nem Festival. 

Nach den beiden waren Zion

Train feat. Dubdadda und Earl 16 an der Reihe, die ich nur noch im vorübergehen

registrierte. Irgendwann gegen 2 Uhr nachts spielte Don Carlos mit der

Dub Vision Band. Danach gab’s noch JAH Mason untermalt von Feueralarm.

Beide hab ich nicht gesehen weil wir einfach fertig waren und uns im Zelt

verkrochen haben. 

Sonntag, 13.8.06

 

AlmedadoSoulna

Nachdem ich

mich im angrenzenden Freibad erfrischt hatte, ging’s in Badehose wieder

aufs Festivalgelände.

Auf der Bühne sah man

eine der heißesten Ska-Bands Spaniens: Almedadosonlna. Währenddessen

hab ich mir ein paar leckere African Potatos von KlarBautErMann, der an

seinem Stand persöhnlich am bruzeln war, geholt. 

Danach bin ich wieder zum

Zelt, um die Kollegen abzuholen, um rechtzeitig zur größten

Reggae-Maus, namens Eek A Mouse der Welt zu kommen. Es war sehr geil, aber

plötlich brach ein solcher Platzregen los, daß alle zu den Verkaufsständen

sprinteten. Wir flüchteten natürlich auch gleich unter das Dach

eines Standes, nur sammelte sich soviel Wasser auf der Zeltplane, daß

alle paar Minuten das Wasser geleert werden mußte und dabei natürlich

der Schlamm vom Boden hochspritzte.

Ich hatte immer noch meine

Badehose an und sonst nur  Flip-Flops und nen Shirt, die beiden letzteren

hab ich dann schnell ausgezogen um mit der Massive weiter im Platzregen

zu feiern und es war erstaunlich warm trotz des Gusses von oben. Vor der

Bühne stand man jedoch schon bald bis zu den Knöcheln im Schlammwasser.

Also entschlossen wir uns, einen Sprint zur suf dem Gelände befindlichen

Kirche hinzulegen, um uns unterzustellen. 

 

In der Kirche

waren nur 5 ältere Herrschaften, die mal schauen wollten was da in

Bersenbrück los ist um dies gleich mit nem Kirchengang zu kombinieren.

Die staunten auch nicht schlecht, als sich dann ein paar halbnackte Rastas

in der Kirche unterstellten.

Für viele Leute war

der Regen allerdings das Signal zum Aufbruch. Von unserer Crew sind auch

einige am frühen Abend gefahren, ich hab meinen Kram in nen anderes

Zelt gepackt und bin wieder aufs Festivalgelände.

Die Kirche

Ich kam dann gerade rechtzeitig

wieder zum Programm um die einzige Soulsister des Abends zu erleben. Leider

war Gracy mit ihrer Herbmanband schon bei den letzten Liedern angelangt,

aber es war schön, in dem Programm von rauen Stimmen der Rootboys

mal eine schöne weibliche Stime zu vernehmen.

Erst nach Gracy kamen Everton

Blender und Elijah Prophet zum Zuge. Zwei ganz nette Auftritte, nur baute

der Prophet so viele breaks ein, daß es schon störte. Er brach

auch mal mitten im Lied ab, wenn die Leute nicht mit genügend Power

tanzten, wenn er etwas erzählen oder auf sein „Jah…“ als Antwort

von der Massive „…Rastafari!“ hören wollte.

Es war mittlerweile dunkel

geworden als der breite Ansager einen Dancehallartist der allerersten Stunde

ankündigte: Burro Banton. Bevor der kam, mußten die Leute noch

ein Dutzend mal dem Ansager auf sein Burro… mit …Banton antworten oder

irgendwas nachsingen. Aber damit nicht genug, als der alte Banton auf der

Bühne stand, fing er nicht etwa sofort an, sondern gab Sätze

wie „All di other Bantons wanna be like me, `cause I’m the original Banton,

the first one…“ zum besten. Sein Dancehallsound ging schon ordentlich

in die Beine, aber auch er unterbrach zwischendurch so oft den Flow und

ließ den Sound künstlich abstürzen, daß man nie so

richtig ins tanzen kam. Zwischendurch wackelte er mit dem Hintern, fasste

seinen Bauch an und meinte mit Kennermiene er sei Mr. Erotic usw. Die Rolle

des selbstverliebten altgeworden Stars trieb er so auf die Spitze, daß

die Szene, die er uns vorspielte, als reine Ironie rüberkam. 

Als Burro aufhören mußte,

gab’s noch den Special Guest des abends, einen gewissen Gunjah Deluxe.

Im Gangsta Outfit versuchte er sich zwischen souligem Gesang, Dancehall

und Rootssound. Aber so wirklich überzeugen konnte er keinen. Nach

seinem Auftritt machte sich die Massive auf den Weg durch den Schlamm.

Montag, 14.8.06

Am Montag morgen, nachdem

ich gerade mal ein zwei Stunden gepennt habe, ging der Wecker gegen 6.00h.

Und los gings mit Rucksackzusammenpacken und Zelt abbauen. Wir waren etwas

in Eile, denn einer der Kollegen musste gleich wieder zur Arbeit fahren.

Ich hab noch beim aufräumen geholfen, den Müll weggebracht und

bin dann gemütlich um halb 8 mit dem Zug Richtung Oldenburg.

Bis zum nächsten Jahr

in Bersenbrück! Es war sehr schön, mein einziger Verbesserungsvorschlag

gilt dem Programmablauf, jeder Künstler sollte über Lautsprecher

auf dem Camping und Festivalgelände eine Stunde vor seinem Auftritt

angekündigt werden. Und das Wetter kann besser sein, denn dieses Jahr,

mit nicht gerade karibischen Temperaturen, wurde uns kein wirklich echtes

„Jamaikafeeling“ beschert.

Irie greetin’s from outta

Bersenbrück

 

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Copyright Text / Photos:

Joscha Mergelmeyer, Layout: Doc Highgoods 2006

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