RootZ.Öko – Artikel aus der Umwelt

 
FAZ

online 18.02.08

Schwerste Dürre seit

Jahrzehnten

Spanien braucht dringend

Wasser

VON MARTIN DAHMS

In Spanien regnet es nicht.

Wenn es in den nächsten Wochen so bleibt, wird dieses Halbjahr das

trockenste seit 60 Jahren werden, kündigte die Staatliche Wetterforschungsagentur

am Freitag an. “Spanien leidet unter der schlimmsten Dürre der letzten

Jahrzehnte”, sagt Jaime Palop, Spaniens oberster Wasserpolitiker. Die 1300

Stauseen, die das Land mit dem Großteil seines Trinkwassers versorgen,

sind nur zu gut 44 Prozent gefüllt, etwa ein Viertel weniger als im

Durchschnitt der vergangenen zehn Jahre. Und die Lage wäre noch viel

dramatischer, wenn es nicht zwischen Oktober 2006 und April 2007 wie aus

Kübeln gegossen hätte. Seitdem lacht die Sonne.

Die Menschen am südlichen

Mittelmeer sind Kummer gewohnt. Aber diesmal trifft es auch das sonst so

regenreiche Galicien am Atlantik im Nordwesten des Landes und das Einzugsgebiet

des Ebro im Nordosten, vor allem Katalonien und dessen Hauptstadt Barcelona.

“Das Trinkwasser ist nicht gefährdet”, sagt José Luis Alonso,

Präsident des Ebro-Wasserverbandes, “aber die künstliche Bewässerung

der landwirtschaftlichen Flächen ist im kommenden Sommer nicht garantiert.”

Die Landwirtschaft ist für 80 Prozent des spanischen Wasserverbrauchs

verantwortlich. Wenn nicht noch ein kleines Wunder geschieht, wird es in

diesem Jahr Produktionsausfälle geben.

Barcelona rief wegen der

Trockenheit vor zwei Wochen Warnstufe 2 aus: Einschränkung beim Wasserverbrauch.

Doch die eigenen städtischen Arbeiter wussten nichts davon: Sie spritzten

die Straßen der Stadt weiter mit Trinkwasser. Die Kultur des Wassersparens

ist in Spanien unterentwickelt, die Politik setzt vor allem auf Meerwasserentsalzung.

In Carboneras in der extrem trockenen andalusischen Provinz Almería

ging im Mai 2005 die größte Anlage Europas ans Netz. Doch sie

läuft nur zu 15 Prozent ihrer Kapazität. Ihren potenziellen Kunden,

den Landwirten, ist das Wasser zu teuer. Stattdessen sollen demnächst

Tankschiffe Wasser aus Carboneras nach Barcelona schaffen.

Wäre es nach der früheren

rechten Aznar-Regierung gegangen, nähme das Wasser den umgekehrten

Weg. Sie plante den Bau eines riesigen Bewässerungskanals vom Ebro

bis Almería. Die seit vier Jahren regierenden Sozialisten stoppten

das Projekt wegen ökologischer Bedenken. In einem Jahr wie diesem

würde der Kanal auch nichts nützen – im Norden ist das Wasser

so knapp wie im Süden.

Die rechte Volkspartei hat

ihren alten Plan trotzdem wieder ins Programm für die Wahlen am 9.

März aufgenommen, sie pocht auf die “interterritoriale Solidarität”.

Die Sozialisten wollen stattdessen 26 Meerwasserentsalzungsanlagen bauen,

das sei immer noch billiger und energiesparender. Ein Kubikmeter aus der

Entsalzungsanlage kostet 50 bis 70 Cent. Die Landwirte rund um Carboneras

bekommen das Wasser, staatlich subventioniert, für 36 Cent, also halb

geschenkt. Das ist ihnen immer noch zu viel. Wenn in trockenen Sommern

aus Stauseen nichts mehr zu holen ist, bohren sie illegale Brunnen und

zapfen das Grundwasser an. Aber anders als im regnerischen Nordeuropa füllen

sich spanische Grundwasserreservoirs nur extrem langsam wieder auf. Irgendwann

werden die Bauern auf dem Trockenen sitzen.

 

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