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Spiegel
online 13.07.07 KLIMASCHUTZ Indien entwickelt nationalen Klimaplan Millionen Menschen sind in Indien von den Folgen des Klimawandels bedroht: Nun bastelt die Regierung am ersten nationalen Klimaschutzplan. Formuliert wird er von Umweltschützern, Ministern und Industriellen. Das Vorhaben zielt gegen Forderungen aus dem Westen. “Indien reagiert nun auf die Dringlichkeit der Situation”, sagte Sunita Narain, Direktorin des Think-Tanks Centre for Science and Technology. Die Umweltschützerin gehört dem 21-köpfigen Klimawandel-Rat der indischen Regierung an, in dem Minister, Öko-Aktivisten, Industrielle und Journalisten sitzen. Mit seiner ersten Sitzung hat dieser Rat nun die Arbeit an einem nationalen Klimaplan aufgenommen. Die Regierung von Premierminister Manmohan Singh will damit die Position des Landes für die Uno-Klimakonferenz im Dezember in Bali verbessern: Indien, das als Entwicklungsland nicht durch das Kyoto-Protokoll auf eine Reduktion seines CO2-Ausstoßes verpflichtet ist, steht zunehmend als Klimasünder in der Kritik. Rund vier Prozent des weltweiten Treibhausgas-Emission sollen aus Indien stammen. Das Wirtschaftswachstum des Landes liegt zwischen acht und neun Prozent. Bislang hatte die Regierung in Neu Delhi stets darauf verwiesen, dass der CO2-Ausstoß – gemessen an der Bevölkerung von rund einer Milliarde Einwohnern – im Vergleich zu den Industriestaaten einem verschwindend geringen Pro-Kopf-Wert entspreche. Noch größer sei das Missverhältnis, wenn man die Menge aller Treibhausgase berücksichtige, die vom Westen seit Anfang der Industrialisierung Mitte des 19. Jahrhundert ausgestoßen worden sind. Dennoch wird bei den Verhandlungen um einen Kyoto-Nachfolger in Bali erwartet, dass auch große Schwellenländer wie Brasilien, China und Indien unter größeren Druck geraten werden, verbindliche Reduktionsziele zu erklären. Der nationale Klimaplan, den der Rat jetzt entwickelt, soll die Position Indiens offenbar stärken. Ganz ähnlich war China unlängst mit einem eigenen Plan zum Klimaschutz vorgeprescht. “Wir waren nie übermäßig gut darin, unsere Position klarzumachen und uns darzustellen”, sagte Ratsmitglied Narain, “jetzt ist der richtige Moment, um all das zu artikulieren, was wir tun, um uns an die globale Erwärmung anzupassen.” Höchstgrenzen für den Ausstoß von Kohlendioxid, Methan und anderen Treibhausgasen soll der Rat allerdings nicht definieren. Indien gilt als sehr verwundbar durch den Klimawandel: Als Folgen steigender Durchschnittstemperaturen könnten Himalaja-Gletscher abschmelzen und die Wasserversorgung von Hunderten Millionen Menschen gefährden. Küstennahe Großstädte wie Mumbai und Kalkutta wären durch steigende Meeresspiegel bedroht – ganz ähnlich, wie weite Landstriche im Nachbarland Bangladesch.
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