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Sie wollen einen Ausländer einladen....

... das ist eine gute Idee, habe ich mir gedacht, als ich alter Weltenbummler mal wieder unterwegs war, dieses Mal in Südostasien. Also suchte ich mir dort unten eine nette Frau und überredete sie, nach Köln mitzukommen. 

Scherz beiseite, dafür ist das alles viel zu ernst. Ich erzähle euch jetzt eine Geschichte, so wie ich sie vor ein paar Wochen mit der deutschen Botschaft in Bangkok, Thailand erlebt habe. 

Im Dezember 2002 habe ich meine Frau Lelai geheiratet und wir hatten uns vorgenommen, Ende März gemeinsam nach Köln zu reisen, damit sie auch mal die Lebensweise hier in Köln kennenlernen könnte. 

Daß dies kein leichtes Unterfangen werden würde, war mir klar. Schon gar nicht, wenn das Ausländeramt meiner Heimatstadt das Informationsblatt über die Vorgehensweise zum Einladen eines Gastes mit den selben Worten tituliert, aus denen die Überschrift dieses Beitrages besteht. 

Mitte Januar reisten wir nach Bangkok, um uns Informationen über die notwendigen Papiere zur Beantragung eines Touristenvisums geben zu lassen. Warum muß eine Ehefrau ein Touristenvisum beantragen fragt ihr Euch? Wir haben „nur“ buddhistisch geheiratet, das gilt in der deutschen Bürokratie nicht. Der Status meiner Frau gleicht dem einer Freundin, daher. 

Vorlegen muß man das Antragsformular, den Reisepaß, Mietvertrag, Arbeitsvertrag, Gehaltsbescheinigung (aus der hervorgeht, daß man noch mindestens sechs Monate in der Firma beschäftigt ist), Kontoauszüge der letzten 90 Tage (unglaublich, aber wahr), eine Krankenversicherung und die Reisebuchung für den Gast. Daraufhin wird zunächst geprüft, ob man es sich überhaupt leisten kann, einen Ausländer einzuladen. Ist dem so, wird für 20 € eine Verpflichtungserklärung ausgestellt, durch die der Unterzeichner garantiert, alle durch den Gast verursachten Kosten zu übernehmen. Als nächstes werden die gesamten Papiere eingesammelt und man muß sich drei Werktage gedulden, bevor man wieder in der Konsularabteilug der Botschaft vorsprechen kann. 

An dem großen Tag der Paßrückgabe bekamen wir schon während der Wartezeit in der Botschaft einen Dämpfer. Ich unterhielt mich mit einem Herrn, der in Thailand eine Agentur zur Beschaffung von Visa betreibt. Ich habe ihm unsere Situation dargelegt und er meinte, daß 95 Prozent der beantragten Touristenvisa abgelehnt würden. Frust und eine schlechte Vorahnung waren das Ergebnis.

Und dann war es so weit. Ein Botschaftsangestellter brachte nach und nach drei Wäschekörbe voll mit Reisepässen an den Ausgabeschalter, bei dem der Besucher durch Panzerglas vom diplomatischen Personal trennte. Was soll ich sagen? Der Kollege von der Visaagentur hatte Recht behalten. Die Erteilung eines Visums wurde abgelehnt. Begründung? Ich bat um einen Termin mit dem bearbeitenden Menschen aus der Botschaft und konnte mich einige Minuten später, wiederum getrennt durch Panzerglas, über eine Sprechanlage unterhalten. 

„Die Rückkehrwilligkeit der Antragstellerin kann nicht erkannt werden“, hieß es. Rückkehrwilligkeit? Ach so, die Herrschaften Diplomaten meinen, daß jemand, der nach Deutschland einreist, es so schnell, wie sich ne Kukident auflöst geil in unserem paradiesischen Land findet, daß er keinen Bock mehr hat, in die Heimat zurück zu gehen. Ich war über diese Masse von Arroganz nur baff erstaunt. Aber mich interessierte natürlich, wann jemand denn wohl rückkehrwillig sei. „Eine Rückkehrwilligkeit kann nachgewiesen werden durch Land- oder Immobilienbesitz, durch eine feste Anstellung inklusive einer Bescheinigung, daß der Arbeitgeber den Urlaub gewährt, durch leibliche Kinder oder durch ein fettes Bankkonto. So was alles hatten wir nicht zu bieten, und auch ein Verhandeln half überhaupt nix. Nur nen coolen Spruch bekamen wir zum Abschied von dem Herrn in Schlips und Kragen noch durch die Drähte der Sprechanlage gedrückt, während seine dünnen Lippen sich hinter dem zentimeterdicken Glas bewegten: „Ich kann sehen, daß Sie beide gut zusammenpassen, aber ein Visum gebe ich Ihnen trotzdem nicht.“ 

„Danke schön“, dachte ich mir, blieb aber brav, denn wenn ich das gemacht hätte, wonach mir war, dann hätte meine Frau es gar nicht mehr zu versuchen brauchen, noch mal ein Visum dort zu beantragen. 

Was habe ich daraus gelernt? Globalisierung für die Unternehmen ja, für die Menschen nein. Zusammenwachsen der Welt ja, aber bitte ohne Ausländer bei uns. Und Deutschland wird scheinbar seit vier Jahrzehnten von mir verkannt. Das Land ist so geil, daß kein Fremder mehr zurück will, sogar wenn man aus einem solch paradiesischen Land, wie Thailand kommt. Die Übernahme des Auswärtigen Amtes als oberster Dienstelle der Diplomatie durch Joschka Fischer hat nichts an den Zuständen in den Visastellen der deutschen Botschaften verändert. Dadurch ist mir eines klar: Ich werde die Grünen auf keinen Fall mehr wählen.

Schlußbemerkung: Meine Frau hat schließlich nach einem längeren fight (der eigentlich seine eigene story wert ist) Ende April eine Aufenthaltsgenehmigung über sechs Monate bewilligt bekommen. Hierüber hat allerdings die lokale Ausländerbehörde in der Heimatstadt und nicht ein Mensch in einer Botschaft, der sich wahrscheinlich nicht grundlos hinter den fetten Glasscheiben verbarrikadieren muß, entschieden. Wie sagte Junior Kelly treffend bei seinem Konzert in Köln im Jahre 2002? „I want to tell you about a place, a place called Paradise. It is a place where there are no passports.”


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