![]() |
Über
die Fellachen gibt es diverse Statements in der Literatur zu lesen. Der
Begriff selbst stammt vom arabischen Wort „falaha“ für Pflug ab. Einerseits
wird die ländliche, bäuerliche Bevölkerung Ägyptens
seit pharaonischen Zeiten damit bezeichnet. Diese Menschen waren koptische
Christen und bewirtschafteten die Schwemmgebiete des oberen Nils. Heute
sind sie großenteils Moslems und stellen mit 40 Millionen drei Viertel
der Bevölkerung Ägyptens.
Beide
Gruppen behaupten, die Nachkommen aus einer Begegnung von Salomo, dem König
von Israel, und Makeda, der Königin von Äthiopien zu sein, die
mit einer Schwangerschaft der Afrikanerin endete. Das Kind, Bayna Lehkhem,
oder Menelik I, ist in jugendlichem Alter zu seinem Vater nach Jerusalem
gereist und wurde dort mit dem Namen David II zum König des israelischen
Zion gesalbt. Salomo hatte derzeit verfügt, daß sein gesamter
Hofstaat und sein Verwaltungsapparat ihre Erstgeborenen als Davids Begleitung
mitgaben, damit der König in Äthiopien ein zweites, afrikanisches
Israel aufbauen konnte.
Fakt ist, daß die Fellachen Äthiopiens eine sehr alte Form des Judentums ausüben. Gewisse zionistische Schriften, etwa Mischna oder Talmud, sind ihnen unbekannt. Folglich müssen ihre Ursprünge vor dem 2. Jahrhundert v. Chr. liegen. Unter ihnen gibt es keine Rabbiner. Ihr Glauben basiert auf der in Ge’ez (alte liturgische Schriftsprache Äthiopiens) verfaßten Bibel, also dem gleichen Fundament, wie dem der äthiopisch orthodoxen Kirche. Hinzu kommen einige apokryphische (nicht in das Alte und Neue Testament aufgenommene) Schriften. Die im 16. und 17. Jh. in Äthiopien tätigen Jesuiten behaupteten, daß diese Volksgruppe gebrochenes Hebräisch sprach und jüdische Bibeln besaß. Es wird vermutet, daß die Fellachen bis heute noch im Besitz uralter, hebräischer Dokumente sind, die man noch auswerten muß. Ihre Feste entnehmen sie dem Tora Schebichtab, dem Pentateuch (griechisch penta: fünf; teuch: Buch), den ersten fünf Büchern des Alten Testaments: Genesis / Bereschit, Exodus / Schemot, Levitikus / Wajikra, Numeri / Bamidbar und Deuteronomium / Debarim. Sie richten sich nach dem jüdischen Kalender. Ein Jahr hat 12 Monate à 29 oder 30 Tage und im Schaltjahr (7 mal in 19 Jahren) 13 Monate, wobei der Schaltmonat 11 Tage hat. Ein Monat basiert auf dem Mondzyklus. Der Tag beginnt bei Sonnenuntergang. Neugeborene Jungen werden, wie es im 1. Buch Mose 17,12 steht, am achten Tage beschnitten. Nach der Geburt eines Kindes gelten gewisse Reinheitsgebote und Opferpflichten, wie es im 3. Buch Mose 12 steht. Die Frau rasiert sich kahl und die Geburtshütte wird verbrannt. Es gibt Menstruationshütten und eine rituelle Reinigung nach der Monatsblutung. Weiterhin essen Fellachen kein von Christen geschlachtetes Vieh, sondern nur das nach ihren eigenen Reinheitsritualen erlangte Fleisch. Sie behaupten, ganz im Gegensatz zu den orthodoxen Christen Äthiopiens, daß die Bundeslade, die heilige Mutter Zion, in Aksum in einer Höhle eingeschlossen ist, die sich nur öffnet, wenn sich ihr ein reiner Fellache nähert. Die äthiopischen Christen haben „ihre“ Bundeslade in Gondar und führen sie alljährlich in einer prunkvollen Prozession durch die Straßen der Stadt. Fellachen
waren in der Geschichte immer unabhängig und hatten ihre eigenen politischen
Leitfiguren. Das Oberhaupt jedes Dorfes ist der Hohepriester, der von niedrigeren
Priestern unterstützt wird. Die Fellachenmönche leben zurückgezogen
in Klöstern.
In rezenteren Zeiten siedelten die Fellachen hauptsächlich nördlich des Tanasees, nachdem sie sich wegen ihrer Verfolgung von der Küste und anderen äthiopischen Gebieten zurückziehen mußten. Gondar wurde ihre Hauptstadt. Sie arbeiteten meist als Bauern und Handwerker (Schmiede, Töpfer, Zimmerleute und Weber). Unter Kaiser Haile Selassie I. gelang es einigen Fellachen, führende Stellungen im Erziehungswesen und in der Regierung einzunehmen. Die Vertreibung des Herrschers im Jahr 1974 führte jedoch zu ihrer erneuten Verfolgung. Israel
verfolgt seit Gründung des modernen Staates eine Heimholungspolitik
für Menschen jüdischen Glaubens. Als die Verantwortlichen von
der Existenz schwarzer Juden in Äthiopien hörten und erfuhren,
daß in dem Land eine große, für Zehntausende lebensbedrohende
Hungersnot wütete, entschieden sie sich zum Handeln. Von Ende 1984
bis Anfang 1985 wurden in der Operation Moses über 12 000 Fellachen
über eine Luftbrücke nach Israel umgesiedelt. Tausende wurden
von Mitgliedern des Mossad (Israels berüchtigter Geheimdienst) durch
Wüsten und über Bergrücken in den Sudan geführt und
von dort in gecharterten Flugzeugen „auf Adlerschwingen nach Zion“ gebracht.
Auf der anderen Seite ist es möglich, daß die Fellachen als Katalysator für israelitische Prophezeiungen wirken. Sie sind das einzige lebende Relikt aus der Epoche, als Zion noch über Israel schien, bevor die Bundeslade mit ihren Vorfahren gemeinsam nach Äthiopien gelangte. Einige Stimmen in Israel sprechen offen von der Verbindung der Fellachen zur verlorengegangenen Bundeslade, über die Initiierung eines Neubaus des Tempels in Jerusalem (was passiert mit dem Felsendom, was bedeutet das für die ohnehin schon eskalierenden Auseinandersetzungen zwischen den Religionen?), bis hin zur sehnlich erwarteten Wiederkehr ihres Messias. |