Exkurs
koptische Kirche: Die Kirche im römischen Reich war in fünf Großräume
gegliedert, an deren Spitze ein Patriarch stand. Der einzige und alleinige
Patriarch im Westreich war der katholische Bischof von Rom, der schon früh
seine Vorrangstellung für die gesamte Kirche geltend machte, während
es im Ostreich vier Patriarche gab: in Alexandrien, Jerusalem, Antiochien
und Konstantinopel.
Unter
der Herrschaft des Osmanischen Reiches verstärkte sich im Osten das
Bewusstsein der Koinzidenz von Nation und Konfession – in der Neuzeit wurde
dies zu einem Hauptcharakteristikum der Orthodoxie, so dass sich die Ostkirchen
heute als Nationalkirchen darstellen.
Heute
gibt es noch drei Gruppen von Ostkirchen. Die orientalisch-orthodoxen Kirchen
(armenische Kirche, die koptische Kirche von Alexandrien, die äthiopische
Kirche, die westsyrische Kirche und die ostsyrische Kirche in Indien),
die größte der drei Gruppen, die orthodoxe Kirche, mit dem Patriarchat
von Konstantinopel und eine dritte Kirchengruppe, unter dem Sammelbegriff
Unierte Kirchen. Zur Gemeinschaft der orthodoxen Kirchen zählen sich
heute 14 autokephale und sieben autonome Nationalkirchen mit circa 150
Millionen Gläubigen.
Die
Bezeichnung Kopten wird von „Ägypter” (arabisch: qubti) hergeleitet,
womit die Bezeichnung koptische Kirche auf ihren nationalen Charakter hinweist.
Die Kirche führt ihren Ursprung auf den Evangelisten Markus
zurück. Gegen Ende des 2. Jahrhunderts brachte es die unter dem Vorsitz
des Klemens von Alexandrien befindliche christlich-katechetische Schule
von Alexandrien, der bedeutendsten Stadt des hellenistischen Ägypten,
zu großem Ansehen. Im 4. und 5. Jahrhundert verteidigten zwei Bischöfe
Alexandriens die christliche Orthodoxie gegen den Einfluss des Nestorianismus.
Die
armenische Kirche, die koptische Kirche von Alexandrien, die äthiopische
Kirche, die westsyrische Kirche und die ostsyrische Kirche in Indien lehnten
ein vom Konzil von Chalkedon (451) verabschiedetes Glaubensbekenntnis ab.
Der Beschluss besagte, dass in der Person Christi zwei Naturen vereint
seien. Die Lehre von den zwei Naturen verstanden sie als Existenz von zwei
Christuspersonen, einer göttlichen und einer menschlichen, und sahen
darin den verderblichen Einfluss des Nestorianismus. Sie aber folgten dem
Wort des heiligen Kyrill, der von der Inkarnation von Gottes Wort in einem
Wesen sprach. In der Folge wurden die ägyptischen Christen des Monophysitismus
beschuldigt, des Glaubens an die eine Natur Jesu Christi.
In
Ägypten, Syrien und Mesopotamien konnten sich die Monophysiten behaupten.
Obwohl das 6. ökumenische Konzil (680-681) den Monophysitismus endgültig
verurteilte, gelang es ihm, in einigen Kirchen bis heute zu überleben.
Sowohl die neuzeitliche äthiopische Kirche wie auch die armenische
Kirche, die koptische Kirche und die Jakobiten vertreten die Position des
Monophysitismus.
Einige
wenige Alexandriner blieben dem Konzil von Chalkedon treu. Da diese Minderheit
von der Geistlichkeit des Byzantinischen Reiches unterstützt wurde,
bildete sich unter den Kopten eine nationale und kulturelle Gegnerschaft
gegen das Byzantinische Reich heraus. Diese Feindschaft begünstigte
im 7. Jahrhundert die Eroberung Ägyptens durch die arabischen Muslime.
Gegenwärtig
macht die koptische Christenheit Ägyptens, die eine Minderheit darstellt,
die beachtliche Zahl von etwa sieben Millionen aus, obwohl die offiziellen
Statistiken der Regierung von geringeren Zahlen ausgehen.
Die
koptische Kirche unterhält fruchtbare Beziehungen zur äthiopischen
Kirche, die von ihr missioniert wurde und erst seit den fünfziger
Jahren des 20. Jahrhunderts selbständig ist. Jüngste Verhandlungen
zwischen koptischen Theologen und Theologen der östlichen Orthodoxie
lassen darauf schließen, dass die Kontroverse, die auf dem Konzil
von Chalkedon beruht, überwunden ist und eine Einheit der Kirche wieder
hergestellt werden könnte.