RootZ – Hanf – Drogenpolitik – Unpolemische Tagung zur Prävention

Drogenpolitik
– Unpolemische Tagung zur Prävention

Die Suche nach den Todesursachen

Warum stirbt ein Drogensüchtiger?
Die Frage erscheint auf den ersten Blick absurd. Rauschgift, „goldener
Schuss“, Bahnhofsmilieu – die „Szene“ ist mit fest gefügten Vorurteilen
behaftet, die Antworten kommen schnell, nur selten wagt jemand einen zweiten
Blick. Ähnlich löste die Bekanntgabe der Zahl der Drogentoten
vor allem im politischen Raum Pawlowsche Reflexe aus. Ein bundesweiter
Anstieg von 1812 im Jahr 1999 auf 2023 im vergangenen Jahr bedeutet: Die
Drogenpolitik ist gescheitert. Fragt sich nur, welche: Bayern (CSU) beklagt
26,9 Prozent, NRW (Rot-Grün) 19,9 Prozent mehr Drogentote.

Angesichts der üblichen Polemiken
war es wohltuend, dass sich unlängst Politik und einschlägige
Experten trafen, um besagten zweiten Blick zu tun. Über die „Prävention
von Drogentodesfällen“ wurde nachgedacht, was zunächst einmal
hieß: über die Todesursachen in der Szene.

In 80 Prozent der Fälle führten
Überdosierungen zum Tod – wobei hier keine genaue Menge angegeben
werden konnte. Viel der Drogenkranken waren vorher vorübergehend abstinent,
das heißt, sie hatten eine Therapie oder Entgiftung hinter sich,
was eine „reduzierte Toleranz“ zur Folge hatte. Im Klartext: Die Süchtigen
konsumierten mehr Rauschgift, als ihr Körper vertragen konnte.

Ein weiterer Risikofaktor ist nach Einschätzung
der Experten die gleichzeitige Einnahme mehrerer Substanzen. Hierbei spielen
Benzodiazepine eine große Rolle, bekannt als „Valium“, „Rohypnol“,
„Tavor“ oder „Faustan“. Stoffe dieser Gruppe helfen „normalerweise“ bei
Angstzuständen und wirken beruhigend. In der Drogenszene werden sie
als Heroinersatz gehandelt.

Auf der „Hitliste“ stehen außerdem
Alkohol, Kokain und Methadon. Mit einer Ausweitung der Substitutionsbehandlungen,
teilte das Bundesgesundheitsministerium mit, sei zu erwarten gewesen, dass
bei drogenbedingten Todesfällen auch zunehmend Methadon eine Rolle
spielt. Hier ist mittlerweile ein „grauer Markt“ entstanden, auf dem mit
Substitutionsstoffen gehandelt wird. Marion Caspers-Merk, Drogenbeauftragte
der Bundesregierung, betonte jedoch: „In der regulären Substitutionsbehandlung
gibt es keine Todesfälle.“

In rund zehn Prozent der Todesfälle
vermuten die Behörden einen Selbstmord aus Verzweiflung über
die Sucht. So waren 1999 in Bremen bei 60 Prozent der Männer und 88
Prozent der Frauen, die an den Folgen ihrer Sucht starben, depressive Störungen
bekannt.

Drogenbeauftragte, Ärzte wie Kriminalbeamte
sehen in einer stärkeren Qualifizierung von Mitarbeitern der Drogenhilfe
einen Ansatz, sich ein Stück aus der Misere zu bewegen. In diesem
Zusammenhang wurden die „Drogenkonsumräume“ genannt. „Es ist auffällig,
dass in den Städten, in denen… Drogenkonsumräume angeboten
werden,  die Mortalitätsrate unter den Drogenkonsumenten entweder
weiter zurückgegangen ist beziehungsweise sich auf niedrigem Niveau
stabilisiert hat“, sagte Caspers-Merk. Neben Köln sollen demnächst
in insgesamt sechs NRW-Städten solche Einrichtungen entstehen, in
denen sich Süchtige unter ärztlicher Aufsicht Heroin spritzen
könnten.

KStA 02/03/01


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1998 – 2002
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