Venlo – Grünes Licht hat der Stadtrat von Venlo für den
Verkauf von Haschisch nahe der Grenze zu
Nordrhein-Westfalen gegeben. Das Parlament der
niederländischen Grenzstadt beschloss einstimmig das
Projekt “Hektor”, mit dessen Hilfe deutsche
Drogentouristen aus Venlo fern gehalten werden sollen.
Das Konzept sieht unter anderem zwei “Coffeeshops” auf
der “grünen Wiese” nahe der deutschen Grenze vor. 25
Millionen Mark stehen für “Hektor” zur Verfügung.
Für die neuen Hasch-Läden vor den Toren der Stadt wird
ein Drive-In-Konzept ähnlich den Schnellrestaurants
erwogen, das bereits als “McDope” Aufsehen erregte –
sehr zum Missfallen der Stadträte. Bis Ende des Jahres
soll nun geklärt werden, wie die neuen, geduldeten
Drogen-Läden wirklich aussehen werden. Die
“Coffeeshops” sind aber nur ein Teil des Plans.
In Venlo hatte der Drogen-Tourismus zunehmend für
Unmut gesorgt. Eine Umfrage ergab, dass der intensive
Drogenhandel das größte Ärgernis in Venlo ist. “Letztens
hat ein Deutscher nachts um drei Uhr reihum unsere
ganze Straße aus dem Bett geklingelt, weil er einen Shop
gesucht hat”, berichtet Alice Rejhons vom Aktionskomitee
gegen Drogen.
Sie schätzt, dass täglich 4000 deutsche
Drogenkonsumenten nach Venlo kommen. Zu den fünf
legalen Coffeeshops, in denen der Verkauf von Haschisch
und Marihuana unter Auflagen geduldet wird, haben sich
etwa 65 illegale Shops breit gemacht.
Angst der Einwohner
Auf der Straße versuchen Dealer, neben dem geduldeten
Haschisch auch harte Drogen an den Mann zu bringen.
“Das macht den Einwohnern Angst: Sie werden an jeder
Ecke angesprochen – von Dealern oder Kunden, die einen
Coffeeshop suchen”, berichtet Rejhons.
“Der Verkehr, der Schmutz und Jugendliche, die in der
Innenstadt rumhängen, sind das Problem”, sagt Elke
Haanraadts, die am Plan “Hektor” arbeitet. Mit der groß
angelegten Anti-Drogen-Kampagne soll wieder Ruhe in das
65 000-Einwohner-Städtchen einkehren sollen.
Weniger Drogen-Kundschaft – und deswegen weniger
Dealer, so lautet die Rechnung des “Hektor”-Plans, der
nicht unumstritten ist.
“Das Problem sind nicht die Deutschen”, sagt Mike,
Besitzer eines legalen Coffeeshops. “In meinem Laden ist
es gemütlich, die Leute fühlen sich sicher. Direkt an der
Grenze kauft niemand. Die haben doch Angst, dass sie
dann erst recht von der Polizei geschnappt werden.”
Drogenhändler Mike wünscht sich daher, auch wenn es
paradox klingt, mehr Gesetzeshüter: “Das Problem von
Venlo ist die Polizei. Tagsüber patrouillieren sie ständig,
aber nach sechs Uhr abends sieht man sie nicht mehr.
Deshalb fühlen sich die Einwohner unsicher.”
Auch Drogengegnerin Rejhons sieht die Pläne der
Verwaltung kritisch: “Die Leute werden sich nicht an die
Grenze setzen, um sich dort zuzudröhnen oder zu
kaufen.” Für sie liegt das Problem in den unterschiedlichen
Drogengesetzen der Niederlande und Deutschlands. Das
Problem sei nicht der Verkauf, sondern die damit
verbundene Kriminalität.
Polizei verstärkt
Das wiederum sieht die Stadt ähnlich: Eine neue,
zwölfköpfige Anti-Drogen-Truppe der Polizei ist bereits seit
Januar im Dauereinsatz. Sechs Kameras überwachen
einschlägige Ecken – nun sollen es deutlich mehr werden.
Im Drogenviertel wird zudem eine Polizeistation neu
gebaut.
“Die Polizei setzt sich direkt in die Drogenszene”, sagt
Haanraadts. Zudem will man den Besitzern der Häuser, die
die illegalen Shops beherbergen, mit Sanktionen
beikommen.
Auf deutscher Seite sieht man die Aktivitäten mit Missmut:
“Das ist mit uns nicht abgesprochen”, kritisiert Dirk
Frentzen, Kreisdirektor im benachbarten Viersen. Man
werde “vor vollendete Tatsachen gestellt” – auch wenn
“Hektor” im Kampf gegen harte Drogen durchaus helfen
könne. ksta online 01.06.01