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"Haschisch-Ersttäter" Lanzaat
DFB-Arzt Kindermann fürchtet weitere Fälle

                 Frankfurt/Main (sid) Der erste Fall von Cannabis-Konsum
                 im deutschen Profi-Fußball könnte nach Ansicht des
                 deutschen Nationalmannschaftsarzt Professor Wilfried
                 Kindermann nicht der letzte gewesen sein. "Ich sehe ein
                 gewisses Problem bei diesen Substanzen: Sie sind lange
                 nachweisbar und man kann sogar durch passives
                 Inhalieren positiv getestet werden", sagte der
                 Sportmediziner nach dem Urteil des DFB-Sportgerichts
                 gegen Quido Lanzaat von Zweitligist Borussia
                 Mönchengladbach. "Daher müssen Profi-Fußballer alles
                 meiden, was mit Haschisch zu tun haben könnte. Anders
                 geht es nicht, denn sie haben eine Vorbildfunktion." 

                 Lanzaat war mit der vergleichsweise milden Sperre von
                 acht Wochen belegt worden, weil er beim
                 DFB-Hallenpokalfinale am 15. Januar der Einnahme des
                 Cannabis-Wirkstoffs Tetrahydrocannabinol (THC) überführt
                 worden war. Nach eigenen Angaben hatte er in der
                 Silvesternacht in Amsterdam zwei Haschisch-Joints
                 geraucht. Da er zu diesem Zeitpunkt noch keine
                 Verhandlungen mit Mönchengladbach aufgenommen hatte
                 und erst am 7. Januar verpflichtet worden war, wurde er
                 lediglich wegen "unsportliches Verhaltens" verurteilt.

                 Es handele sich daher zwar um ein Dopingvergehen, nicht
                 aber um einen Dopingfall für den DFB, erklärte Rainer
                 Koch (Poing), der Vorsitzende des Sportgerichts.
                 Gleichzeitig sei aber jeder in Deutschland aktive Profi
                 verantwortlich, sich über die von ihm unterschriebenen
                 Dopingrichtlinien zu informieren. Der ehemalige
                 Ajax-Akteur Lanzaat hatte auf die liberaleren
                 Bestimmungen in den Niederlanden beim
                 Haschisch-Konsum sowohl vor dem Gesetz als auch dem
                 Sportrecht verwiesen. Beim niederländische Fußball-Bund
                 stehen THC-Substanzen nicht auf der Verbotsliste.

                 "Cannabis ist vor allem eine Gesellschaftsdroge, keine
                 Sportdroge, weil es nicht leistungsfördernd ist", erklärt
                 Kindermann. Daher war eine Bestrafung auch beim
                 Internationalen Olympischen Komitees (IOC) bis zu den
                 Winterspielen 1998 in Nagano lediglich eine
                 Kann-Bestimmung. Doch nachdem der kanadische
                 Snowboard-Olympiasieger Ross Rebagliati als "Kiffer"
                 überführt worden war und dennoch aufgrund dieses
                 Pasusses seine Goldemdaille behalten durfte, änderte das
                 IOC seine Bestimmungen. Entsprechend modifizierte der
                 DFB seine am IOC sowie dem Fußball-Weltverband (Fifa)
                 und der Europäischen Fußball-Union (Uefa) angelehntes
                 Doping-Regelwerk.

                 "Damit wollten die Sportverbände ihre Anstrengungen im
                 Kampf gegen Drogen dokumentieren. Und wenn solche
                 Substanzen auf der DFB-Dopingliste stehen, ist ihr
                 Mißbrauch auch zu bestrafen. Allerdings muss man im
                 Strafmaß differenzieren und kann Cannabis nicht mit
                 Anabolika vergleichen", sagt Kindermann.

                 Im französischen Fußball, wo vor einigen Jahren gleich
                 mehrere Fälle auftraten, wurden unter anderem die beiden
                 Nationaltorhüter Fabien Barthez (1996) und Bernard Lama
                 (1997) für zwei Monate gesperrt. Dagegen legt das
                 Sportgericht bei Dopingvergehen die im Fall des
                 Nürnbergers Thomas Ziemer wegen
                 Anabolika-Missbrauchs ausgesprochene Sperre von neun
                 Monaten zugrunde.

                 Doch beim DFB war man wohl vor allem froh, dass durch
                 die Auslagerung des Haschisch-Konsums von Lanzaat in
                 die Niederlande weiter guten Gewissens auf das Motto
                 "Keine Macht den Drogen" verwiesen werden kann. "Das
                 gilt auch weiterhin. Ich halte diesen Fall für die große
                 Ausnahme und sehe kein allgemeines Drogen-Problem im
                 deutschen Fußball, auch in der Zukunft nicht", sagte
                 Professor Heinrich Heß, Mitglied der
                 DFB-Doping-Kommission.

                 Der Heidelberger Molekularbiologe und Dopingexperte
                 Professor Werner Franke beurteilte diese Aussagen
                 hingegen äußerst skeptisch: "Ich halte das für
                 unwahrscheinlich. Die Erfahrungen in den Ballsportarten
                 anderer Nationen sind jedenfalls andere."

                 Express Online 16/01/02


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