Die buddhistische Hochzeit des Doc Highgoods

One
Day my dreams will be a reality…

… dieses Textfragment
von Manu Chao hat sich vom ersten Mal, als ich den Song hörte, tief
in mein Hirn eingegraben. Seit ich im März 2002 während meines
zweiten Thailandurlaubes auf der südlichen Insel Ko Samui eine unheimlich
süße Frau kennengelernt habe, war für mich ein neuer Traum
geboren. Mit diesem Menschen will ich den Rest meines Lebens verbringen. 


 

Zunächst
war es nur ein Traum, denn während der drei Wochen im März, hat
sie mich nix als zappeln lassen. „Men butterly like helicopter“, hieß
es. Das bedeutet so viel, wie “ihr Männer könnt doch nicht treu
sein, ihr seid wie ein Schmetterling von jeder schönen neuen Blüte
/ Frau angezogen. Der „Helicopter“ soll dabei die Heftigkeit dieses Vorganges
noch unterstreichen. Sie bot mir eine Freundschaft an, was sollte ich machen,
als mich darauf einzulassen?


Lelai

Ich habe mich
dann derzeit von ihr mit dem frechen Spruch „I come back in October to
make you a baby“ verabschiedet. In den folgenden sieben Monaten Aufenthalt
in Babylon / Köln, blieben wir per Telefon, Mail und SMS in Kontakt.
Ich sparte das benötigte Geld für einen längeren Aufenthalt
in Südostasien zusammen und stellte die Weichen für meinen temporären
Ausstieg aus der deutschen Gesellschaft. 

Und geschmachtet
habe ich natürlich, denn Warten ist eigentlich überhaupt nicht
meine Sache. Von allen Seiten bin ich für verrückt erklärt
worden und es hagelte gutgemeinte Warnungen über die verdorbenen,
geldgeilen thailändische Frauen. Da ist bestimmt auch etwas dran,
aber man kann halt nicht alle über einen Kamm scheren. Das einzige,
was die Ratschläge  bei mir bewirkten, waren eine größere
Vorsicht dem Mädel gegenüber und die anfängliche Unfähigkeit,
mich einfach fallen zu lassen, mich komplett auf sie einzulassen. 


 

Aber
der Reihe nach: Mitte Oktober bin ich dann gen Osten aufgebrochen und habe
die Frau, die übrigens Lelai heißt, direkt am ersten Abend besucht.
Nach wie vor wollte sie nur gut Freund mit mir sein, hat aber schon mal
registriert, dass ich kein Labermaul bin und für knappe sechs Monate
ihretwegen auf die Insel zurückgekommen bin. 

Die ersten Wochen
waren aufgrund eines reel existierenden „Konkurrenten“ und meiner durch
die Warnungen genährte Unsicherheit für uns nicht einfach. Trotzdem
haben wir uns aufeinander eingelassen und hatten eine sehr schöne
Zeit. Ich habe auf Ko Samui in einer kleinen Hütte aus Holz, gedeckt
mit Palmenblättern direkt am Strand gelebt. Und der Monsun hatte einen
Monat Verspätung, so dass es oft wie aus Eimern schüttete. Was
ist romantischer, als mit seiner Liebe in solch einer Hütte „gefangen“
zu sein,wenn im Hintergrund die Brandung des Indischen Ozeans rauscht und
die Regentropfen auf das Plamendach fallen? Eine ähnliche Atmosphäre
hat Bob Marley mal in folgenden Worten zusammengefaßt: 

I wanna love
you and treat you right,


I wanna
love you every day and every night,


We’ll be
together with a roof right over our heads,


We’ll share
the shelter of my single bed,


We’ll share
the same room and JAH provide the bread,


Is this
love – is this love – is this love,


Is this
love that I’m feelin’?

< Aus der Hütte in Ko Samui

Nicht daß
alles eitler Sonnenschein war, wir sind durch Hochs und Tiefs gegangen,
aber zwei Monate intensiven Austauschs, die zwar durch Sprachprobleme erschwert
wurden, haben dann Früchte getragen. Lelai ist Anfang Dezember 2002
auf meine Bitte, sie heiraten zu dürfen, eingegangen. Hinzu kam, dass
sie von dieser Insel, die voll von durchgeknallten Falangs (so werden wir
„Langnasen“ liebevoll in Thailand genannt) ist, die Schnauze voll hatte.
Dort wird viel zu viel gehurt. Und Drogen zu nehmen, hptsl. Fusel, scheint
eine Lieblingsbeschäftigung der Touri-Falangs zu sein. Was sich da
an Whities so rumtreibt, ist kein gutes Aushängeschild für unsere
Kultur. Sie ist ein paar Male blöd angemacht worden, ob sie nicht
für Geld bumsen will etc., so dass sie sich entschieden hat, wieder
in den Isaan, einer landwirtschaftlichen Region im Südosten Thailands,
zurückzugehen. Die Eltern haben dort Land, arbeiten als Reisbauern
und leben in einem ziemlich großen Pfahlhaus aus Teakholz. 

Naja, und sie
hat mich gefragt, ob ich mitkomme, um sie dort zu heiraten. Dazu habe ich
natürlich nicht nein gesagt. Nachdem der erste Teil meines Traumes,
mit ihr zusammen zu kommen und Zeit mit ihr zu verbringen, sich erfüllt
hatte, war es schließlich Zeit, die zweite Phase anzugehen und die
neue Beziehung zu zementieren, nachdem sich in den vorigen Wochen bestätigt
hatte, dass ich sie wirklich liebe und möglichst jede Minute mit ihr
verbringen möchte. 

Am 12.12. sind
wir per Bus von Ko Samui aufgebrochen und in einer 24-Stunden Brachialfahrt
nach Roi Et gefahren. Dort wurden wir vom Papa abgeholt und ich kann nur
sagen, ich bin superherzlich von der Familie aufgenommen worden. 

Sie
leben zwar in supereinfachen Verhältnissen, haben kein fließendes
Wasser und nur ein Plumpsklo, aber dafür zeigen sie Respekt, Liebe,
Geduld und Würde. Und das Essen im Isaan ist so was von gut, das ist
schon fast unglaublich. Zwar wird fast alles gegessen, was so kriecht und
wächst und manchmal ist man von den exotischen Geschmäckern überrascht,
aber Liebe geht bekanntlich durch den Magen, was in diesem Falle wieder
einmal zutrifft. 
 

Lelai zeigt die Entenzucht
der Familie >

Einmal dort
angekommen lastete der Druck der observierenden, bäuerlichen Gemeinschaft
auf uns. Als Pärchen unverheiratet zusammenzuleben schickt sich im
ländlichen Thailand nicht. So ist die Schwiegermama schon in den ersten
Tagen losgezogen und hat sich bei „Big Buddha“, der hiesigen Umschreibung
der buddhistischen Mönche, einen Termin für die Hochzeit und
die Höhe des Brautpreises, über die der Gentleman natürlich
schweigt, nennen lassen. Es waren zwei Termine zur Auswahl, entweder ganz
schnell, am 17.12. oder im späten Januar 2003. Wir haben und für
den schnellen Weg entschieden. 


 



Der Papa schürt
das Feuer


Die Frauen bereiten
das Essen vor


Die Zeremonie mit
dem Laienpriester
Der
16.12. stand ganz im Zeichen der Vorbereitungen auf den großen Tag.
Wir zwei sind morgens per Moped losgezogen, um für den Doc noch passende
Klamotten zu besorgen, denn die von mir bevorzugte Farbe Schwarz wird als
völlig unpassend für solch eine Gelegenheit gesehen. Als wir
in einer in den Sandpisten produzierten Staubwolke zum heimischen Hof zurückkamen,
waren einige Frauen schon dabei, die Verköstigung und die Dekoration
für den kommenden Tag herzustellen. Die ersten Verwandten der Großfamilie
reisten an und das sonst recht ruhige Zuhause wuselte vor Aktivität.
Ganz überraschend reiste am Abend auch noch Carsten, ein Bekannter
aus Deutschland an, den wir in Ko Samui eingeladen hatten, ohne ihm derzeit
einen Termin nennen zu können. 

Und an diesem
Vorabend ging es schon mit der Zeremonie los. Ein Dorfalter, der laut Lelais
Erklärung „nah an Big Buddha ist“, brachte einen aus diversen Teilen
der Bananenstaude gefertigten Kasten mit. In diesem Behälter befanden
sich eine Menge von diversen Opfergaben, hauptsächlich Reis, Banane,
Blattgemüse und andere Sachen, die im Isaan gegessen werden. In jeder
Ecke des Kastens steckten Stäbe, die mit Baumwollfäden verbunden
waren. Er zündete drei Kerzen an und sprach lange Gebete, deren Inhalt
ich leider nicht wiedergeben kann, weil mein Thai noch miserabel ist. Wir
und der Schwiegervater hockten davor und das Paar wurde gesegnet. Als abschließende
Maßnahme wurden die verbindenden Fäden mit einer Flamme durchtrennt.
Dazu muß man noch sagen, daß alles recht locker, fast disziplinlos
vorging, während der Zeremonie wurde geredet, da kam bspw. jemand
in den Raum, setzte sich dazu und stand wieder auf. All das schien den
„Laienpriester“ nicht aus der Ruhe zu bringen und nach ca. einer halben
Stunde war er fertig, packte er seinen Kasten und ging nach Hause. 

Ich war übrigens
die ganzen Tage recht froh, daß die Schwiegerfamilie scheinbar recht
locker drauf ist. Von Lelai hatte ich auf der Insel noch gehört, daß
wir vor der Hochzeit keinen Sex haben werden und daß Anfassen oder
Küssen tabu sind. Keine Spur davon, wir haben ab der ersten Nacht
alleine in einem Raum in einem großen Bett geschlafen und auch der
Austausch von Zärtlichkeiten war innerhalb des elterlichen Gehöftes
kein Problem. 


 

Und
dann kam der große Tag. Das Haus wuselte plötzlich von Menschen.
Lelai wurde aufwendig für die Zeremonie rausgeputzt, Wimpern zupfen,
Turmfrisur bauen und alle sichtbaren Hautteile mit einer Paste einschmieren,
daß sie am Ende heller war, als ich, ganz zu schweigen vom aufwendigen
Gesichtsmakeup, das ihr noch verpaßt wurde. Das alles dauerte über
zwei Stunden. Dazu wurden noch zwei, ich nenne sie mal „Brautjungfern“
hergerichtet, ähnlich geschminkt und in rosa Kleider gesteckt und
es wurde gewitzelt, warum ich nicht eine von ihnen heirate – sie seien
noch jung. 

Lelais Klamotten
waren der Hammer. Ein enger Paillettenrock und ein genauso enges rosa Oberteil,
das an der Brustpartie, wo die Thaifrauen i.d.R. nicht viel haben, noch
etwas ausstaffiert wurde. Ein Blumengesteck in die Haare und fertig war
die Braut. Mein Part war recht unspektakulär: die Matte wurde zu einem
dicken Zopf geflochten, ich habe eine Thaihose und ein weißes Hemd
angezogen, das vorherige Reinigen meiner vom Dorfleben staubigen Schuhe
war sinnlos, weil sie eh nicht angezogen wurden. All diese Vorbereitungen
wurden von der ganzen Horde Verwandter immer wieder begutachtet und kommentiert,
daß ich mich zeitweise fast wie ein Tier im Zoo fühlte, aber
die Thai sind nun mal viel mehr Gemeinschaftswesen, als wir in unserer
Egogesellschaft. 



Das Brautpaar wird präpariert

 

Draußen,
im anderen Raum wurden die Leute schon nervös, es wurde Zeit, die
Zeremonie an den Start zu bringen. Und dann kamen wir. Im großen
Kreis wurde sich hingehockt, die Füße immer schön versteckt,
denn es ist sehr unfreundlich, jemandem die Fußsohlen entgegenzustrecken
und als erstes durfte ich Mama und Papa den Brautpreis überreichen.
Danach wurde der buddhistische Part durchgeführt. Der gleiche Alte,
der am Vorabend schon tätig war, sprach ein Gebet, das wir mit gefalteten
Händen nachsprechen mußten. Dann wurden wir mit Reiswein vollgespritzt
und zu Mann und Frau erklärt. 

Damit war die
Zeremonie aber noch nicht zu Ende. Es folgte das, was auf Ko Samui schon
begonnen hatte: Dort hatten uns ein paar alte Frauen, die Lelais Familie
nahestanden, Baumwollfäden, die mit einem Knoten in der Mitte versehen
wurden und unter guten Wünschen über den Unterarm gerieben wurden,
ums Handgelenk gebunden. Dazu kamen Geldscheine, die unter das Bändchen
geschoben wurden und das Hochzeitsgeschenk darstellten. Im elterlichen
Haus habe ich 55 solcher Bändchen und eine nicht unbeträchtliche
Summe Kohle kassiert, die einen Teil des Brautpreises wieder ausgeglichen
hat. Irgendwann bekam jeder von uns beiden ein hartgekochtes Ei in einer
Überraschungsaktion von hinten in den Mund geschoben. Und dann kam
als Abschluß das, was wohl jedem gläubigen Katholen die Schamesröte
in den Kopf treiben würde: wir mußten uns auf dem frischgemachten
Bett hinhocken, das unter viel Gelächter und Gefeixe für „happy
nights“ und viele Kinder, einer murmelte etwas von zehn Blagen (Buddha
bewahre), gesegnet. Dann durften wir uns küssen. 

Dann kam die
Freßorgie. Anstelle vom üblichen Wasser wurden Cola, Limo und
Bier aufgefahren und  natürlich jede Menge Fressalien. Allein
das Essen ist schon fast Grund genug, sich eine Frau aus Thailand zu nehmen.
Ich habe noch nie so gut und mit so viel Freude gegessen, wie in diesem
Land. Am frühen Nachmittag war die ganze Aktion völlig unspektakulär
vorbei, das Haus plötzlich so leer und ruhig, wie an normalen Tagen.
Und der Doc war verheiratet. Es war eine sehr interessante und schöne
Erfahrung, weil dem ganzen die Steifheit fehlte, die ich ansonsten bei
Ehelichungen kennengelernt habe. Aber das Schönste war, daß
ich mich überhaupt nicht als Fremder, sondern vom ersten Moment völlig
integriert gefühlt habe. 



Überreichen des
Brautpreises


Das Brautpaar und
die Brautjungfern


Die buddhistischen
Glücksbändchen


Anbringen eines Glücksbändchens

Lelai kriegt ihr Ei
reingestopft

 

Naja,
und wo schon das Bett gesegnet wurde und uns viele Kinder gewünscht
wurden, haben wir uns an dem Abend recht früh für eine happy
night zurückgezogen. Am übernächsten Tag sind wir mit Carsten
als Chauffeur in unsere Flitterwochen in den Norden von Thailand aufgebrochen.
Und auch das war bisher ein Traum. Wir haben Papas Toyota Mighty X Pickup
geliehen bekommen, auf der Ladefläche ein Gerüst mit Dach montiert
und dort eine Hängematte festgemacht. Meine schönsten Momente,
wenn wir unterwegs waren, hatte ich in der Matte schaukelnd, mit ein paar
von Lelai gekauften Leckereichen zwischen den Lippen, während die
schöne Landschaft Thailands an mir vorbeizog. One day my dreams became
a reality…

< Der Kuss im gesegneten Bett

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