RootZ – Highgoods – Ein Jahr Farmer in Thailand

Ein
Jahr Farmer in Thailand

Vor etwas mehr als einem
Jahr haben meine Frau und ich uns in Thailand, genauer im Nordosten, niedergelassen.
Im Dezember 2003 war es nach wochenlanger Suche soweit, wir hatten eine
Scholle Land gefunden, die uns zusagte und gleichzeitig bezahlbar war.
Wir kauften die gut 3.5 Hektar und waren happy und der Wunschtraum meiner
Lady, eine Farm aufzubauen, war in nächste Nähe gerückt.


 

Leider ist es
bei unserem Gelände, wie fast überall in dieser Gegend: fast
alle Bäume sind abgeholzt und ans aufforsten denkt keiner. Naja, vielleicht
kann man das auch nicht erwarten, wenn man einen Reisacker in einem traditionell
dem Feldbau verschriebenen Gebiet kauft. Okay, jetzt waren wir Besitzer
von Stoppelfeldern in der Größe von 7 Fußballplätzen.
Was tun, womit anfangen, wer hilft, als erstes kamen 1000ende von Fragen
in unsere beiden Köpfe. 


Ein Traktor bei der Arbeit
auf unserem Neuerwerb

Aber stop, wie soll der /
die Außenstehende sich das alles überhaupt vorstellen? Also,
wir befinden uns im Nordosten Thailands, auf dem sogenannten Korat-Plateau,
einer um die 600 m ü.d.M. gelegenen Hochebene, die von ein paar Bergen
durchdrungen ist, aber sonst viel plattes Land in Abwechslung mit Hügeln
und Senken bietet. In Thailand heißt diese Region Isaan, man kann
sagen, daß sie der ursprünglichste Teil des Landes ist. 


 

Es gibt drei
ausgeprägte Jahreszeiten, die kalte von November bis Februar, die
heiße von März bis Mai und die nasse von Mai bis September.
Die Temperaturextreme, die ich bisher kennengelernt habe, reichen von 10°
C morgens in der kalten Zeit bis 42° C mittags in der heißen
Periode. Die Menschen in dieser Gegend leben fast ausschließlich
von der Landwirtschaft und damit verbundenen Dienstleistungen. Die Hauptpflanzen
sind Reis, Zucker, Maniok und Tabak. An Tieren findet man große Büffelherden,
weniger Rinder, jede Menge Hühner, Enten, Gänse, Puten etc. Weiterhin
spielen die Zucht von Seidenraupen bis hin zum fertigen Kleidungsstück
aus Seide eine Rolle. 

Geographisch gesehen liegen
wir in der Mitte einer Achse zwischen Roi Et und Mukdahan (diese beiden
Städtchen kann man auf Karten finden), jeweils ca. 80 Straßenkilometer
von den Orten entfernt. Mitten in der Pampa. Das nächste Kaff, wo
man Bank, Post, Wochenmarkt, Geschäfte etc. findet, ist immerhin 9
km weit weg. An einer Seite unseres Landes führt eine Asphaltstraße
zu dem erwähnten Ort, leider ist sie nicht in gutem Zustand, wer fahren
will, muß gut im Slalomkurs sein, um die Schlaglöcher zu umgehen. 


 

So, jetzt könnt
ihr euch in etwa ein Bild machen. Zurück zu unserem Projekt mit der
Farm. Zuerst überlegten wir uns, was wir denn anbauen sollen. Die
Wahl fiel auf Obstbäume, sie sind finanziell ertragsreicher (wenn
man sie mal großgezogen hat), als Reis, der für nen 20-Kilo-Sack
gerade mal 6 Euro abwirft. Dazu kommt die Fischzucht im schon bestehenden
Weiher, um damit eine billige Proteinquelle zu haben, denn grundsätzlich
dient die Farm erst mal der Subsistenz, sprich dem Eigenbedarf. Und mit
der Zeit würde man sehen, wie es mit Platz und weiteren Anbauprodukten
aussehen würde. 

Auf die Theorie folgte die
Praxis. Man muß schlafen, also muß ein Haus her, man braucht
Wasser, also ist eine Quelle vonnöten, etc. etc.. Und wir brauchten
einen Zaun, denn die umliegenden Höfe haben eine Menge Kühe und
Büffel, die gerne junges Grün fressen und sich um Besitzgrenzen
nicht scheren (fast das Gleiche kann man leider auch über die benachbarten
Bauern sagen). Also fingen wir damit an – Stacheldraht, Zementpfeiler,
Eingangstore, alles Elemente, die mir eigentlich nicht so sympathisch sind,
die wegen der Zustände aber einfach sein mußten. 

Parallel dazu wurde mit dem
Hausbau begonnen, einer nicht so einfache Sache in diesem Lande. Zunächst
muß man sich an Regeln halten, sprich, der buddhistische Kalender
gibt vor, wann die Grundpfeiler aufgerichtet werden dürfen, wann Einzug
ist, wo die Treppe zu stehen hat, in welche Richtung die lange Seite des
Hauses zeigen muß usw.. Und die lieben Handwerker… –  scheinbar
ist das ein globales Problem, gute Leute dieser Zunft zu finden. 



Meine Frau kauf Pflanzen



Lieferung der ersten
kleinen Bäume




Fische aus unserem
Weiher

 



Buddhistische Symbole
bei Errichtung der Hauspfeiler
Wir hatten wirklich
Pech, das erste Team hat fast nur gesoffen und kam dann tagelang nicht,
mal weil es zu kalt war oder auch ganz ohne Grund, die zweite Mannschaft
war so clever und mauerte Türöffnungen zu, vergaß Wasserrohre
usw. und die dritte Gruppe hat den Mist dann ausgebadet und das Haus mehr
schlecht, als recht beendet. Dadurch hat sich die Bauzeit natürlich
in die Länge gezogen und unsere Nerven ähnlich strapaziert. 

 

Gespräche
mit anderen Bauherren offenbarten meine Vermutungen und bestätigten
meine Erfahrungen: Man kann den verständlichsten Plan haben, die klarsten
Zeichnungen vorlegen, die Arbeiter machen doch, was sie wollen. Ein Haus
zu bauen, das nicht dem Thaistandard (ein großer Raum mit anschließendem
Schuppen für Geräte etc. mit Freiluftküche und Kombination
von Plumpsklo und Schöpfdusche) entspricht, ist fremd und somit sehr
schwer. Nur in einem waren alle drei Teams gut: schnell die Arbeit fertigmachen
und die Kohle kassieren. 


Handwerker

 



Handwerker
Egal, wir haben
es geschafft, das Haus steht, ist nicht zusammengeklappt, es hat eine integrierte
Küche, ein Klo nach Euro-Standard mit Abzug und eine Dusche mit fließendem
Wasser, ales im Erdgeschoß und einen großen Wohnraum im ersten
Stock. Reparaturen blieben schon jetzt nicht aus, das Dach leckte, es mußte
komplett neu gedeckt werden (dabei habe ich es auch direkt gegen die Sonnenhitze
isolieren lassen), das Fundament hat eine Menge Risse und der Wasserspeicher
verliert Wasser. Aber wir können drin wohnen und sind happy dabei.

A propos wohnen, um nicht
jeden Tag ca. 60 km zwischen unserem Gelände und dem Haus meiner Schwiegereltern,
wo wir anfangs untergekommen waren, pendeln zu müssen, haben wir zuerst
eine kleine Hütte aus Holz und Bambus, mit Ried gedeckt, bauen lassen,
in die wir uns einquartiert hatten. Dazu eine kleine Anekdote: auch dafür
hatte ich Pläne angefertigt, den Holzbedarf (wg. Verschnitt etc.)
ausgerechnet und den Arbeitern vorgelegt, die nach Begutachtung meinten,
alles verstanden zu haben. Am nächsten Tag kamen wir an und ich mußte
feststellen, daß ich nicht ohne eine dicke Beule zu bekommen durch
die Tür hätte gehen können,alles war zu niedrig gesetzt
worden, nur hatten die kleinwüchsigen Thai das nicht mitbekommen,
weil sie ohne weiteres die Türöffnung passieren konnten. Und
die Planken waren in die falsche Richtung verlegt, was jede Menge Verschnitt
produzierte und den Holzbedarf steigerte…


 

Zäune ziehen,
Hausbau, Wasser! Letzteres beziehen wir per Elektropumpe aus einer Tiefbohrung
von immerhin 27 Meter. Das kühle Naß ist lecker und ohne weitere
Behandlung trinkbar. Okay, sagten wir uns, die lebensspendende Flüssigkeit
stand zur Verfügung, wir konnten also zur tatsächlichen Farmarbeit
übergehen und an Grünes denken. Zunächst ließen wir
den Boden einmal durchpflügen und Hochbeete errichten, zwischen denen
sich Drainagen befinden, damit die in der Regenzeit herabprasselnden Wassermassen
abfließen können und nicht die kleinen Bäume ersäufen.
Aber diese mußten erst mal gesetzt werden. 


Das erste Grün
auf dem Gelände

Nachdem wir schon Öffnungen
für ungefähr 500 Zaunpfähle in den teils betonharten Boden
getrieben hatten, konnten wir über 400 Löcher für Bäume
anfangst nur müde lächeln. Müde waren allerdings wir beide
am Ende dieser Arbeit. Ich könnte jetzt wieder eine Annekdote über
thailändische Arbeiter einfügen, aber nachher denkt ihr noch,
ich mag die Menschen hier nicht. Nur soweit: sie kamen einfach nicht. 


 



Eine Reihe kleiner
Bäume
Müde waren
wir übrigens, weil das Loch für einen Baum etwas tiefer und breiter
sein muß, als das für einen Zementpfeiler, der schließlich
nicht Wurzeln treiben und wachsen soll. Die Löcher haben wir angefüllt
mit Sägespänen (zur Bodenverbesserung) und Kuh-/Büffeldung
(als Dünger), bevor die Bäumchen als Krönung obendrauf kamen.
Luther hat wohl mal gesagt, daß er, auch wenn morgen die Welt unterginge,
heute noch ein Apfelbäumchen setzen würde. Tja, lieber Martin,
ich glaube zwar nicht an die morgige Apokalypse (so schnell wird’s schon
nicht gehen, aber Armageddon wird kommen) und bei uns waren es über
400 Stück der diversesten Art. Apfel war nicht dabei, dafür stimmt
hier das Klima nicht. 

Na, und was kommt wohl als
nächstes? Klar, die Pflanzen brauchen als lebende Organismen natürlich
Wasser zum leben. Also hieß es täglich stundenlang mit einem
immens langen Gartenschlauch (ca. 80 Meter) durch die Gegend zu tigern
und den Durst des Grüns zu stillen. Denn wir wollten nicht bis zu
typischen Pflanzzeit, der Regenzeit, die Hände in den Schoß
legen und warten, sondern loslegen, mußten also die kalte und die
heiße Zeit bis Ende Mai (beide trocken, trocken, trocken) aus diesem
langgezogenen, weichen Gummirohr füttern. 


 

Dann kam die
nasse Zeit und ich habe mich für ein paar Monate nach Deutschland
verabschiedet, um Sachen zu regeln, Kohle aufzutreiben, Freunde zu sehen
und meine Frau zu vermissen. Die hat auf der Farm kräftig weitergepflanzt
und als ich im September 2004 zurückkam, waren 150 Meter Rosenbeete,
50 Meter Jasmin und ca. 250 weitere Bäume auf unserem Boden verwurzelt.
Auf zwei Hektar hatte sie Reis gepflanzt und ein reinrassiger deutscher
Schäferhund begrüßte mich schwanzwedelnd. 


Unser Haus Ende April
2004

Das Aussehen der ganzen Farm
hatte sich verändert. Nicht nur waren die ganzen Bäumchen schon
ein Stück gewachsen, der ganze vorher kahle, da frisch gepflügte
Boden war von einem grünen Teppich von Gräsern und anderem Gewächs
bedeckt. 


 

 



Sprießendes
Grün nach der Regenzeit
Die Arbeit war
dadurch verändert. Jetzt hieß es, diesen wuchernden Pflanzenteppich
per benzinbetriebener Mähmaschine im Schach zu halten. Wochenlanger
Krach des ungedämpften Motors, um die Klingen anzutreiben, die Halme
zerschnitten und Gewächse köpften. Es folgten besagte Reparaturen
am Haus und die Reisernte, die hier noch per Hand und Sichel ausgeführt
wird. Das Dreschen übernimmt dann glücklicherweise eine landwirtschaftliche
Maschine. 

 

Dazu haben wir
uns drei Ziegen und einen Bock angeschafft, einerseits als Düngerproduzenten,
aber auch als natürliche Rasenmäher (sie haben ein ganzes Stück
zugewuchertes Land plattgemacht, ohne daß ich diese ohrenbetäubende
Maschine einsetzen mußte) und auch drei Gänse, die gute Wachhunde
sind (fangen bei Annäherung laut zu quaken an) und nach Schlangen
picken, sowie in geringem Maße als Weidetiere helfen, das Gras kurzzuhalten,
wobei sie selektiver sind als die Ziegen, die alles Grün (auch die
Bäumchen, Rosen etc.) zwischen ihren Zähnen zermalen. Nachwuchs
ist auch schon in Sicht. Eine Ziege ist schwanger und die Gänse brüten
derzeit auf 20 (!) Eiern. 

Und weil das mit den Schlangen
während der Regenzeit ein Problem ist, haben wir nach langem Suchen
einen Mungo (patentierter Schlangenkiller) gefunden, dem jetzt noch das
weibliche Pendant fehlt, damit wir den Nachwuchs zwecks Einsatz zähmen
und gegen das Gekriech auf unserer Farm anlernen und einsetzen können.
Dazu kommen die Neupflanzung von 50 Metern Aloe vera (gut als Kosmetikgrundstoff,
zur Blutreinigung, bei Wunden, Sonnenbrand usw.) und einer Menge von schnellwachsenden
Palmen und Pinien als Windschutz und Schattenspender für uns und die
Obstbäume.

Jetzt fragt ihr euch wahrscheinlich,
woher wir frischgebackenen Bauern all das Wissen zur erfolgreichen Bewirtschaftung
einer Farm hernehmen. Meine Frau ist aus einer Bauernfamilie, wir gucken
uns andere Farmen an und ich habe aus Deutschland ein “Handbuch der Landwirtschaft”
von Schlipf und seit dem 19. Jahrhundert über Generationen bewährt
mitgebracht. Bisher klappt alles ganz gut, keine 15 Prozent der Bäume
sind kaputtgegangen (eine Zahl, die durchaus akzeptabel ist), den Tieren
geht es prächtig und alles gedeiht. 



Der Schäferhund



Ziege und Zicklein



Der Ziegenbock



Der Mungo in Nahaufnahme

 

Übrigens
vergaß ich zu erwähnen, daß wir neben anderen Blühpflanzen
eine recht erfolgreiche Orchideenzucht begonnen haben. Der Verkauf der
Blumen  bringt auch in Thailand gutes Geld, ist eine Augenenweide
und hat unserer Farm ihren Namen gegeben: 


“The Orchid”.

Mehr Infos über unsere
Farm findet ihr unter www.rootz.net/orchid
.

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