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Sipho Mabuse: Ich wußte, daß die Frage kommt. Well, früher war ich Schlagzeuger und trommele auch heute noch ab und zu. Eines Tages hatten wir eine Show in Nataal, Südafrika. Plötzlich, während wir spielten, war der Strom weg, aber mein natürlicher Instinkt ließ mich einfach weitertrommeln. Also spielte ich ein Trommelsolo und in der Zwischenzeit kümmerte sich die Crew darum, das Stromproblem zu lösen. Das Solo ging währenddessen immer weiter und weiter und die Resonanz des Publikums war so ermutigend, daß ich immer weiterspielte und überhaupt nicht müde wurde. Ich glaube, das ging so für eine dreiviertel Stunde und Konnie King, eines der Bandmitglieder sagte nach der Show, " du bist echt heiß, mein Bruder, du bist Hotstix", so bin ich an den Namen gekommen.
RootZ: Gib uns doch bitte einen kurzen Überblick über Deine Karriere.
Sipho Mabuse: Kurz? Ich denke, ich müßte ein Buch darüber schreiben. Mit der Musik habe ich in der Oberstufe angefangen. Das hat sich so ergeben, denn eigentlich wollte ich Rechtsanwalt werden, als ich noch in der Schule war. Weißt Du, da unterliegt man noch dem Einfluß der Familie, die fordert, daß man am besten Akademiker wird. Egal, das Schicksal leitete mich auf andere Wege. Der Direktor meiner Schule fragte eines Tages in unserer Klasse nach Freiwilligen, die bei einem Wohltätigkeitsball für mittellose Studenten mitmachen wollten. Ich war einer dieser Freiwilligen, die einen musikalischen Beitrag dafür leisten wollten. Damals gründeten wir eine Band namens "Peters" Wir wurden eine Schülerband, die auf vielen Tanzveranstaltungen auftrat und dadurch hatten wir bald alle Schulen im ganzen Land besucht. Und so kam eine Sache zur anderen, wir verdienten schon Geld während wir noch auf der Schule waren und die akademische Seite kam einfach zu kurz, so daß wir bis heute weiter Musik gemacht haben.
RootZ: Wieviele Platten hast Du bisher gemacht?
Sipho Mabuse: Ich habe das Zählen aufgegeben. Ich denke, alles in allem können es ungefähr 25 Alben sein. Das ist eine Menge Musik und das Verrückteste daran ist, daß meine Band einige Songs davon garnicht kennt. Und wenn ich diese Stücke dann spiele, fragen sie mich, woher die Musik kommt und warum sie die Songs nicht kennen. Meine Managerin hat heute auf der Fahrt hierhin eine Cassetten mit meiner Musik gespielt, die "What about Mouth" heißt und alle haben mich gefragt, wo die Musik denn herkommt. Ich meinte, "well, das ist alles Musik, die ich über die Jahre eingespielt habe". Das heißt ja nicht, daß alles, was ich mache, sehr bekannt wird, einige Songs werden offensichtlich nicht an Jedermanns Ohr dringen.
RootZ: Deine letzte Veröffentlichung ist das Album "Township Child", erzähl doch bitte den Lesern über dessen Produktion und über den Inhalt Deiner Neuveröffentlichung.
Sipho Mabuse: Ich denke, daß "Township Child" für mich eine Art von Katalyse darstellt, um mich für eine Veränderung zu entscheiden. Von einem Stil zu einem neuen. Eigentlich habe ich mich nie einem bestimmten Musikstil verschrieben. Ich entwickelte meine eigenen Pläne und gleichzeitig haben die Musiker, mit denen mein Stil sich entwickelt hatte, sich zurückgezogen und wollten nicht mehr mit mehr auftreten. Und dann kam diese Musik, die man "Kwaito" nennt, auf die Szene. Dieser Sound ist in Südafrika sehr beliebt. Ehrlich gesagt, konnte ich es nicht absehen, daß ich 'mal in dieser Szene mitmischen würde. Eigentlich hatte ich immer gedacht, daß ich die verschiedenen Trends in der Musik Südafrikas mitbekommen würde, denn bisher war ich immer Teil dieser Entwicklung. Aber Kwaito wendet sich an die sehr jungen Zuhörer und ich wollte nicht bei einem Spiel mitspielen, in dem ich mich mit der jüngeren Generation messen mußte. Also schaute ich nach vorne und "Township Child" war eine Art von Umwandlung für mich. In der Art, daß die Leute meine Musik anders hörten und erkannten, daß ich jetzt einen anderen Sound mache. Es war vielleicht nicht die Musik, die man von mir erwartet. Sicherlich interpretiere ich diese neue Musik anders, als die meisten Musiker, ich habe sie verjazzt, ich habe ihr einen erwachsenen Touch gegeben. Ich wollt damit anerkennen, daß es diese neuen Sounds gibt.
RootZ: Kannst Du uns Deine Musik kurz definieren?
Sipho Mabuse: Es ist alles, was Musik ist.
RootZ: Und noch ein paar weitere Definitionsfragen: wie würdest Du Mbaqanga definieren?
Sipho Mabuse: Meiner Meinung nach ist Mbaqanga die Grundlage, aus der sich ein großer Teil der Popkultur Südafrikas entwickelt hat. Auf die eine oder andere Art haben wir all diese Musik entwickelt und gespielt, um den Sound zu erzeugen, den wir haben wollten. Es ist das Fundament unserer Popkultur.
RootZ:Was ist mit Kwaito, wie würdest Du den definieren?
Sipho Mabuse: Kwaito ist eine neue Erscheinung. Man kann fast sagen, daß es populärer, amerikanisch orientierter, internationaler Rap ist, aber sich doch aus einem Fundament von Mbaqanga entwickelt hat. Es ist nach wie vor Township Music und es ist anders als alles, was auf der ganzen Welt produziert wird. Darum hat es seine eigene Identität und wird Kwaito genannt.
RootZ: Und wo liegt der Unterschied zu "Di Gong"?
Sipho Mabuse: Ehrlich gesagt, hat es Di Gong noch nicht weit gebracht. Ich meine, daß das immer noch Kwaito ist. Nur wird Kwaito mit einigen bestimmten Musikern in Verbindung gebracht und die anderen Bands dachten, aus diesem Grunde einen neuen Namen für ihren eigenen Sound einzuführen, um sic etwas aus der Masse abzuheben. So wurden sie nicht als Nachahmer anderer Stile oder Musiker gesehen, sondern konnten sagen, daß sie etwas Neues entwickelt hatten. Hier verläuft die Linie, aber ehrlich gesagt, ist das alles das Gleiche.
RootZ: In Deinem Song "Nelson Mandela" benutzt Du ein Sample von einer seiner Reden...
Sipho Mabuse: Eigentlich ist das kein Sample, denn er war da und wir haben mit ihm zusammen im Studio aufgenommen.
RootZ: Also war es eigentlich gar keine Ansprache oder so etwas?
Sipho Mabuse: Doch, es war eine Rede. Wir haben ihn danach gefragt und er hat sie für das Album geschrieben. Das war vor den Wahlen . Ich hatte den Auftrag, ein Stück für den Wahlkampagne des ANC (African National Congress - Mandelas Partei) zu schreiben. Unser Kampf für Unabhängigkeit hat so viel Musik hervorgebracht, und trotdem wissen viele Leute noch nicht einmal, daß diese Lieder existieren, also werden sie auch nicht für politische Zwecke verwendet. Beispielsweise gibt es so viele Arbeiterlieder, die man auf Versammlungen singen kann. Ich sagte den Leuten vom ANC, daß die Musik, die sie suchten, schon längst existiert und daß ich gar nichts Neues zu schreiben bräuchte. Ich brauchte diese Songs nur zu überarbeiten, die so populär sind, daß die Leute sie eh immer singen. Was aber wichtig war, ist den zukünftigen Generationen zu erklären, warum Nelson Mandela in den Knast gegangen ist. Viele Leute kennen diese Rede, über die wir hier sprechen, gar nicht. Es war ein Wendepunkt in der Politik des Widerstandes gegen das Apartheidregime in Südafrika. Diese Männer wurden damals angeklagt, gingen in den Knast und warteten auf die Vollstreckung ihres Todsurteils. Diese Worte waren eine Rede für all die Männer, die in den Knast geangen waren. Mandela hat diese Zeilen für mich noch einmal geschrieben, denn es war uns sehr wichtig, dieses Thema wieder aufzugreifen.
RootZ: Wie ist Dein Verhältnis zu Mandela?
Sipho Mabuse: Er ist unser Führer. Nelson Mandelas Beziehung mit uns allen ist festgelegt, wie ein Kompass. Keiner kann behaupten, daß er nicht zu diesem Erbe dazugehört.
RootZ: Sipho, wir danken Dir für dieses Interview.
Copyright : Dr. Igüz 1999