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Plattenbesprechung Feel the Fire
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Interview mit Earl 16
Köln, RootZ Base, 06.07.00
 
 
RootZ: Willkommen Earl 16, Reggae Veteran. Willkommen in Köln. Da Du gerade Dein Album rausgebracht hast, wirst du auch auf Tour gehen?

Earl 16: Yes I! Blessed! Es ist möglich, dass wir eine kleine Promotion-Tour machen. Wir werden auch zum Start des Albums eine kleine Party machen, vielleicht in Hamburg, kurz vor dem Release oder kurz danach.

RootZ: Wird das mit Deiner eigenen Band sein oder mit Leuten von Dreadzone und Leftfield.

Earl 16: Nun, es ist wichtig, dass die Band ein bisschen was hat an programmiertem, modernen Sounds. Ich werde Mafia und Fluxy dabei haben mit der akustischen Seite, Drum and Bass, um der Sache Reggae-Flavour zu verleihen. Ich werde vielleicht auch ein oder zwei Mitglieder von Dreadzone in die Tour mit einbinden.

RootZ: Hast Du irgendwelche Projekte mit Dreadzone vor, wirst Du mit ihnen als Band arbeiten?

Earl 16: Ob als Band, das weiß ich noch nicht. Gerade arbeitet Dreadzone an seinem - ich glaube - vierten Album und ich sang Guest-Vocals auf einigen Tracks für das neue Album. Ich weiß noch nicht, wie es heißen wird. Aber ich arbeite immer noch mit Dreadzone. Leftfield tourt gerade sehr viel. Sie haben ein neues Album rausgebracht. Ich sehe sie noch von Zeit zu Zeit.

RootZ: Lass mich die Musik auf Deinen letzten zwei Alben als Fusion von verschiedenen Musikstilen bezeichnen. Siehst Du die Zukunft des Reggae in dieser Art von Musik?

Earl 16: Die Zukunft des Reggae basiert auf dem Aufstieg, darauf, ihn zu einer anderen Dimension zu bringen, zu versuchen, mit der jüngeren Generation zu arbeiten, ihnen ein Bewusstsein zu geben, was Reggae ist und worum es geht. Ich bin einer der originalen Künstler von Studio One. Ich habe mit Lee Perry gearbeitet. Ich bin einer der Old School Reggae-Artists. Aber für dieses Album „Feel the fire“ war zu bedenken, dass wir uns am Ende des 20. Jahrhunderts befinden und ins 21. Jahrhundert hineingehen. So müssen wir mit der Technologie mitgehen und Reggae weiter im Licht halten, ihn so modern wie möglich machen, gleichzeitig aber bei den Wurzeln bleiben.

RootZ: Erzähle mir was über die Musiker, mit denen du bei dem neuen Album „Feel the fire“ gearbeitet hast, und dem Produzenten, beziehungsweise den Produzenten, falls es verschiedene sind.

Earl 16: Wir haben mit vielen Leuten daran gearbeitet. Mad Professor hat einen Track für mich gemacht, ich habe mit Dreadzone gearbeitet, ich habe mit einer Band aus Deutschland namens Bassment gearbeitet. Sie haben einen Track produziert, der „Free the world“ heißt und die erste Single zum Album ist, die in Deutschland veröffentlicht wird. Ich habe mit dem Sohn von Lee Perry, Omar Perry, gearbeitet, der ein paar DJ-Parts beisteuerte, er rappt auf „Survivors“. Wir haben auch mit Delroy Washington, einem der Old-School Jungs, der Bass spielt und du spürst es, gearbeitet, mit Nick Manasseh, der ein sehr guter Produzent aus UK ist und viel Roots-Zeug produziert hat. Es sind einige Leute darin verwickelt, die gute Freunde sind und mir bei dem Projekt helfen, um das Ziel zu erreichen.
 
RootZ: Du hast ein paar Coverversionen auf dem Album und am meisten beeindruckte mich „Needle and the damage done“. Wie bist Du gerade darauf gekommen?

Earl 16: Vor langer Zeit gab mir ein Freund eine CD von Neil Young und ich hörte mir sie an. Ursprünglich wollten wir für das Album „Golden Brown“  von den Stranglers haben, wir nahmen es auf und machten alles weitere, aber gerade als wir es auf das Album packen wollten, kamen zwei Versionen davon raus, von einer Hip Hop Band aus Amerika und einem Typen namens Omar aus UK, der den selben Song rausbrachte. Wir hörten uns also das Album von Neil Young an und ein Freund war dabei und sagte: „ Mein Bruder starb an einer Überdosis. Er nahm etwas Heroin und es war zu rein.“ so dachten wir uns, „Needle and the damage done“ ist ein gutes Lied zum Aufnehmen, als Gedenken an den Bruder des Freundes. Es ist auch eine klare Botschaft an die Leute, die damit handeln und harte Drogen mögen. Es ist eine sehr ernste Botschaft.

RootZ: Wird es einen Videoclip zum Album geben?

Earl 16: Wir arbeiten daran, zur Single „Free the world“.

RootZ: Aber Ihr habt auch einen Remix von „Free the world“ gemacht, relativ housy, oder?

Earl 16: Wir haben drei verschieden Mixe von „Free the world“, einen von Bassment, einen von DJ 808 Keys, und einen von ein paar Jungs aus UK im Two Step-Garage Stil, ein sehr schneller Uptempo-Mix. Denn die DJs, Leute wie Boy George, viele Leute in UK, spielen gerade diese Underground-Beats, so etwas wie sehr harten Techno, ein wirklicher Underground-Sound. Das ist sehr beliebt in den Clubs, auch hier in Deutschland. Wir wollen nicht kommerziell werden, aber wir wollen mit dem Underground mitgehen, so dass in den Clubs weiter ein paar Earl 16-Tracks knallen.

RootZ: Wie lange hat es von der Fertigstellung des Albums hin zur Veröffentlichung in Deutschland gedauert?

Earl 16: Wir brauchten zwei Jahre für das ganze Projekt. Viele der Produzenten, mit denen wir gearbeitet haben, hatten noch andere Dinge zu tun und waren sehr beschäftigt. Leftfield sollte ein paar Tracks für das Album beisteuern, aber sie mussten ihr eigenes Album fertigstellen, mussten Videos drehen und auf Tour gehen. Bei Dreadzone war es das gleiche. Mad Professor war dauernd unterwegs mit Lee Perry. Also musste ich warten, bis die Produzenten bereit waren und so dauerte es eine Weile. Aber ich denke, dass das fertige Projekt doch recht gelungen ist.
 
RootZ: Erzähle mir was aus der Zeit der Foundation.

Earl 16: Ja, die Foundation! Original Roots! Ich begann in Jamaika zu singen mit Boris Gardiner, einer Band, die zu dieser Zeit sehr kommerziell war, einer Cover-Band, die gewöhnlich in den Hotels spielte, Musik für die Uptown. Boris begann, für Lee Perry in Sessions Bass zu spielen, Sachen für Bob Marley, „Police and Thieves“ und solche Sachen. Er stellte mich Lee Perry vor und ich begann ein paar Tracks mit Lee Perry zu machen. Ich fing auch an, mit Studio One zu arbeiten, ich habe ein Album mit Studio One gemacht, weiterhin machte ich mit Mikey Dread, the Dread at the Control, ein Album. Die Heptones produzierten mein erstes Album, das „Shining Star“ heißt. Ich arbeitete mit Joe Gibbs, King Tubbys. Ich habe mit einigen der größten Foundation-Produzenten gearbeitet. Für mich war das sehr gut, denn ich bin viel gereist und viel getourt, bis ich nach UK übersiedelte, wo ich ein Album mit Mad Professor machte mit dem Titel „ Babylon walls is falling“, das war 1992. Aber ich habe das Feuer nicht erlöschen lassen, ich arbeite immer noch mit Mike Campbell, Dread at the Control, ich arbeite immer noch mit Studio One, rufe von Zeit zu Zeit dort an, ich versuche, die Roots-Foundation weiter lebendig zu halten.

RootZ: Und wie war die Zeit in England?

Earl 16: Ich kam 1984 nach England, das war das erste Mal, zu einer Show mit Barrington Levy, Eek-A-Mouse, Lord , Jennifer Lara, Anthony Johnson, Leroy Smart. Wir machten ein Konzert in der Royal Festival Hall, was das erste Mal war, dass Reggae in South Bank gespielt wurde. Ich verbrachte dort zwei Tage, dann ging ich für drei Monate nach Frankreich mit einer Band namens Black Kusch. 

Ich kam 85 zurück nach England. Ich mochte es dort, denn ich war schon in die Staaten gereist, war schon nach Kanada gegangen, aber UK war stiller und ruhiger und du kannst dort eine Menge jamaikanisches Essen bekommen, Ackee & Saltfish, jamaikanischen Fisch und grüne Bananen. Das mochte ich. Und dann begann ich damit, eine Familie zu gründen, und seit 1987 lebe ich dort. Aber für mich ist es immer ein Hin und Zurück, zurück nach Jamaika, wo ich mein Label betreibe namens Merge Productions, wo ich meine Familie habe. So bleibe ich in Kontakt mit Jamaika. Ich bin in Europa und Afrika unterwegs, aber meine Basis ist UK.
 
RootZ: Was steht als nächstes an?

Earl 16: Als nächstes werde ich am achten Juli 2000 eine Show machen, das ist diesen Samstag in Door, auf dem Door Festival, mit vielen Künstlern wie Israel Vibration, Lady Saw, Toots and the Maytals, mir selber, Mafia und Fluxy. Nächste Woche bin ich auf dem Essential Music Festival in Brighton, in England. Ich werde in Jamaika eine Single rausbringen mit Mica Paris, die „One in a million“ heißt. Ich habe mein eigenes Label, wo ich mit Echo Minott einen Tune rausbringen mit dem Titel „I try“. Ich halte das Feuer am brennen, bleibe am Leben als ein Survivor.

RootZ: Was hältst Du vom Internet mit all den Sachen wie MP3, Downloads, und solchen Sachen?

Earl 16: Einer der Hauptgründe, warum ich noch Geld verdienen kann, Geld ernten kann, sind die Quittungsblöcke, denn wenn ich in den Plattenladen gehe um meine Platten zu bringen, lasse ich dort unterschreiben. Ich habe keine Angst davor, aber ich bin besorgt, ob ich meine Sachen ins Internet bringen soll. Ich habe gelesen, dass Leute wie Prince viele Verkäufe eingebüßt haben übers Internet, Leute wie Sting, U2, Oasis. Deren Album wurde über 100000 mal heruntergeladen, bevor es veröffentlicht wurde. Aber es hat seine Abstürze und es hat seine guten Seiten. Ich denke, das Internet ist eine gute Sache, denn es geht mit der Technologie. Bald schon werden Leute wie ich, die mit einem kleinen Quittungsblock herumlaufen, nicht mehr im Geschäft sein. Also muss ich ins Internet und muss mir eine Website schaffen. Da bin ich mir sicher. Es ist keine Zeit mehr für die kleinen Produzenten, die unabhängigen Produzenten sind bald weg. Man muss mit den Majors arbeiten und man muss ins Netz gehen. Das ist wichtig.

RootZ: Willst Du noch eine Botschaft an unsere Leser abgeben?

Earl 16: Yes, I just wanna say: nuff respect and nuff love to all people at www.rootz.net! Check out this webside, cos it‘s kickin for the 21st century! Earl 16 say dat. Big up everytime! Feel the fire! One love! Rastafari!


 


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