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Interview mit I-Shen Rockers
Bongo Bongo Festival, August 1999
I-Shen Rockers: Ja, komplett ist man natürlich nicht immer,
aber das hat sich echt gut ergeben, da allen was an der Band liegt. Es
ist so, dass alle dann in Urlaub fahren, sich das so legen, wann es nicht
so wichtig ist. Also jetzt zum Beispiel, wir machen jetzt wieder unsere
berühmte Herbst-Winterpause, da fahren dann halt alle in Urlaub. Im
Sommer ist man einfach da, weil man zusammen Sound machen will Wenn nicht
alle da sind, dann jammt man. Da entstehen dann sozusagen schon die Grundstrukturen
der Songs, die dann gemacht werden, wenn alle Leute wieder da sind. Das
ist bisher immer so im Frühjahr gewesen, und im späten Frühjahr
hat man wieder losgelegt, hat die Konzerte begonnen und das Ganze im Sommer
dann durchgezogen. Und von der Liedentstehung läuft es so, dass die
Instrumentalisten einfach zusammen jammen, irgendeiner hat irgendeine Idee
und die anderen steigen irgendwie darauf ein. Dann versuche ich, mit dem
Gesang auch noch ein bißchen was zu machen, einfach improvisiert.
Das ziehe ich mir auf Kassette, schaue es mir daheim an und wundersamer
Weise kommt es dann meistens echt so raus, dass der Gesang, den ich einfach
improvisiert habe, mir am besten gefällt und ich den auch wirklich
verwenden kann, dass es echt ganz gute Sachen werden. So hat jeder seinen
Anteil an der Sache, dann wird das Ganze strukturiert und der Song ist
da.
Also es war wirklich eine I-Shen Rockers Eigenproduktion. Das war
eine sehr gute Geschichte und von dem her finden wir die CD einfach auch
gut. Die hat für uns etwas herzmäßiges sozusagen. Aber
bei der nächsten CD wollen wir versuchen, dass wir an den Produktionsbedingungen
feilen und das dann zusammen die Technik stimmt, das Herz stimmt, und dann,
denk ich mal, kommt insgesamt eine ganz gute Sache raus.
Und was, glaube ich, auch erwähnenswert ist, dass wir durch die ganzen Konzerte jetzt gerade ganz gute Kontakte nach England, Zion Train zum Beispiel und Jah Free haben. Dann habe ich auf dem Summer Jam diesen - ich weiß jetzt nicht , wie er heißt – von Vision, den Kopf, sagen wir mal [Fe Wolter – Anm. d. Red.] kennengelernt, der hat sich auch gleich angeboten. Das heißt, wir wollen von den Leuten Versions machen lassen, die mit darauf kommen. Dann haben wir bessere Referenzen für den Vertrieb. Und was man natürlich insgesamt nicht vergessen sollte, ist unser Mischer. Wir haben unseren eigenen Mischer immer dabei, den Klaus, und live ist er einfach eine Macht. Das hebt uns auch hervor, dass wir einen Live-Mischer haben, weil er immer dubbt und Specials auffährt, das hat einfach was. Überhaupt der Sound. RootZ: Wie stark gehört der Mischer mit zur Band? I-Shen Rockers: Er ist unser Mischer. Das heißt, immer wenn er Zeit hat - und er nimmt sich immer Zeit - ist er dabei. Er kommt nicht zur Probe, aber er ist Profi, er hat ein eigenes Mastering-Studio, und entsprechend läuft das einfach auch gut und professionell zwischen uns. Und vom Feeling her ist er einfach dabei. Er ist auch ein guter Freund, wie wir anderen zehn auch. Nur deswegen funktioniert es. RootZ: Wird er das neue Album abmixen? I-Shen Rockers: Da sind wir uns nicht ganz sicher. Er wird auf jeden Fall dabei sein in der Produktion, schätz ich mal. Das Mastering wird er wohl auf jeden Fall übernehmen, nachdem er sein Mastering-Studio bereitstellt, und inwieweit er in der Produktion dabei ist, das muss man einfach mal abklären. RootZ: Ich würde ganz gerne noch ein bisschen bei dem neuen Album bleiben. Könnt Ihr da schon ein bisschen über den Inhalt verraten? Lyrics, Orientierung, völlig eigener Sound oder doch Anlehnung an andere Sounds? I-Shen Rockers: Das ist das Lustige. Wir bilden uns zumindest ein, dass wir ganz unser eigenes Ding machen. Jetzt sind wir mit Misty in Roots verglichen worden, Twinkle Brothers, und das ist, glaube ich, eher zufällig. Ich glaube, eine Richtung ist schon absehbar, aber nicht eine einzige Richtung, sondern mehrere. Also ich bin halt die letzten zwei Jahre sehr beeindruckt von den ganzen neuen Roots-Leuten aus Jamaika, Anthony B, Sizzla, Buju Banton. Das ist einfach geil und, nachdem ich MC bin, liegt es natürlich nahe, dass meine Lyrics auch ein bisschen schneller werden teilweise. Und der Ivo wird es bestätigen, er macht ganz gerne schnelle Beats, das ist dann wieder eine andere Richtung. Also das heißt, wir haben keine Richtung, die wir total verfolgen, sondern dadurch, dass jeder bei uns einen bisschen anderen Film fährt, von Roots über Hardcore-Dub, einer unserer Gitarristen ist so der Hardcore-Dub-Mensch, und ich eben mit dem neuen Roots, und jeder sich einbringt, dadurch wird es eine Fusion. Das ist vielleicht das, was man sagen kann. Deswegen finden wir uns einzig, relativ einzigartig vom Sound, weil es diese Fusion ist. RootZ: Sizzla, Capleton oder Anthony B haben ja auch Ragga Sachen gemacht. Die haltet ihr da eher raus aus Eurer Musik? I-Shen Rockers: Die halten wir raus, weil wir eine große Band sind, weil wir gerne eine melodische Band sein wollen. Den Dancehall, das mache ich persönlich mit meinem DJ. Ich habe einen DJ mit meinem Soundsystem, da kann ich so etwas machen, da gehe ich ab und habe nur Beats darunter. Mit der Band wollen wir einfach eine schöne, melodische Sache zusammenbringen. Das ist halt eine Sache der Leute. Wir sind zehn Mann und da muß man dann Abstriche machen. Deswegen bleiben wir doch immer am Roots hängen. RootZ: Erzählt mal ein bisschen zur Augsburger Szene. In Eurer Biographie seht Ihr das ja ganz klar als Referenz, dass Ihr eine ziemlich starke Augsburger Szene habt und dort verwurzelt seid. I-Shen Rockers: Die Szene ist extrem weit in Augsburg, möchte
ich fast mal sagen. Wir haben verschiedenste Leute - Leute, die natürlich
jetzt auf die Konzerte kommen, weil sie uns kennen, aber auch Leute, die
extremen Kontakt nach Jamaika haben zum Beispiel. Da sind Bekannte von
uns, einer, der wohnt seit fünf Jahren in Jamaika, sein Bruder hat
zusammen mit ein paar anderen Leuten einen Plattenladen. Die importieren
jeden neuesten Sound aus Jamaika, der ist sofort bei uns. über die
kriegen wir vor allem auch die Informationen. Das heißt, wir sind
immer up to date. Jeden interessiert es.
RootZ: Wie sieht es mit anderen Bands oder Soundsystems aus in Augsburg? I-Shen Rockers: Es gibt zwei andere Reggae-Bands in Augsburg. Die eine besteht eigentlich fast nur aus Afrikanern. Die machen ihren eigenen Sound, sogenannten Highlife-Reggae. Das ist einfach afrikanisch inspiriert. Das ist toller Sound und ich gehe da auch immer wieder hin, wenn die spielen. Die zweite Band ist bloß mehr so ein Projekt, da geht nicht mehr viel. Im Reggae-Style haben wir fast überall unsere Finger drin. Die Szene ist bekannt. Da gibt es Leute, die machen Dancehall, es gibt Leute, die legen Dub auf, neuen Roots. Das sind alles Leute, die auch teilweise etwas zusammen machen, da organisiert man Privatpartys und so. Das ist einfach eine große Familie. Das ist das Schöne. So wie wir in der Band eine kleine Familie sind, gibt es drum herum drei-, vierhundert Leute, die eine große Familie sind. Das ist einfach eine ganz schöne Sache, weil immer, wenn man was macht, Leute da sind, die es hören wollen. Dadurch ist man echt nie deprimiert, sondern hat immer eine riesige Party. Und scheinbar gibt es sehr gute Vibes in Augsburg. Von den ganzen englischen Dub-Leuten weiß ich es, weil mein Freund die immer bucht für irgendwelche Sachen. Die sagen, Augsburg hat wahnsinnig gute Vibes und die kommen alle immer wieder gerne. Das ist scheinbar schon auffällig. RootZ: Was ist in der Nähe noch vergleichbar, bei Euch in der Kante? Oder hat Augsburg da so eine Monopolstellung? Wie sieht es in München aus? I-Shen Rockers: Die Münchner haben eine fette Dancehall-Szene. Aber das ist nicht so mein Ding. Die sind sehr an Dancehall orientiert. Nach München kommen die ganzen Soundsystems aus der Republik, Pow Pow, Soundquake oder Silly Walks und Gentleman. Die waren alle schon da. Aber denen fehlt einfach der Conscious-Teil. Die stehen auf den Dancehall als Sound, aber die Geschichte dahinter, da gibt es nicht so viele Leute, die wie in Augsburg die ganze Culture ein bisschen mit integrieren. Vielleicht „Lions Den“ noch. Ein paar Leute natürlich. Aber nicht in der Breite. RootZ: Wie sieht es aus mit Tourneen von Euch? Habt Ihr schon welche hinter Euch, plant Ihr welche? I-Shen Rockers: Wir haben keine hinter uns, wir haben hoffentlich eine vor uns, nach England nächstes Jahr. Jah Free hängt da gerade dran, uns ein paar Gigs abzuchecken, und als krönender Abschluss sollen wir auf einem Festival in Glastonbury spielen. Es läuft dann über Jah Free. Irgendwas hat er mit den Disciples gecheckt und es ist am Anlaufen. Wir müssen unser ganzes Material auffrischen, die Band-Info und so Geschichten, und das dann auf Englisch schreiben. Der Sommer war jetzt recht turbulent. Wir sind fast jedes Wochenende auf einem Open Air. Das ging jetzt alles so ruck zuck nur wegen der CD. RootZ: Du hattest zwar gesagt, dass Du ganz klar Livications an die ganzen Neo-Roots-Leute aus Jamaika gibst, aber wenn ich so Eure ganzen Kontakte höre, Euren Sound, und auch den Vergleich von anderen Leuten, würde ich doch viel eher vermuten, dass ihr mehr britisch orientiert seid. Oder ist das so eine Schublade? I-Shen Rockers: Nee, das stimmt schon. Ich würde auch sagen, eher britisch. Wobei meiner Meinung nach die Jamaicans sich vom Sound her gerade schon an England orientieren. Es wird härter von der Mischung. Wenn man die neuen Sachen als Dubs hört, könnte das auch aus England kommen. Das ist meine persönliche Beobachtung. RootZ: Was für Sounds gefallen Euch denn, abgesehen von dem, was Ihr schon genannt habt? Alben in letzter Zeit, was bei Euch so richtig reingeknallt hat. I-Shen Rockers: Bei mir „Reasons“ von Junior Delgado, wahnsinnig schönes Album. Aber das ist super mellow, vielleicht vergleichbar mit der Bim Sherman-Scheibe vor ein paar Jahren. Da tue ich mich schwer, wenn ich von dem weggehen soll, was ich bis jetzt schon gesagt habe. Es gibt natürlich noch einige Artists mehr, wie Prezident Brown, der hat zum Beispiel ein sehr schönes Album. Aber wie gesagt, Anthony B ist für mich in letzter Zeit sowohl vom Produktionstechnischen, als auch von der Stimme, als auch von der Live-Show eine absolute Macht. Wie der Typ abgeht auf der Bühne, das ist für mich eine echt gute Sache, und, was man eben aus Jamaika hört, Anthony B ist ein echter conscious Mann. Da hört man ja auch unterschiedliche Geschichten. Leute wie Sizzla oder Capleton sind schon harte Ghetto-Leute. Ich war in Jamaika im April, und was ich da mitgekriegt habe, ist, dass die gegen die weißen Männer dann teilweise auch harte Lyrics fahren. Anthony B und Luciano sind da scheinbar auf einer bisschen anderen Schiene, die sehen die ganze Geschichte ein bisschen relaxter. Der Freund von mir, der da in Jamaika lebt, der hat gesagt: Okay, man muss das verstehen. Das ist eine andere Art von Rassismus als bei uns Weißen. Aber ich kann mich halt nicht so damit identifizieren. Die Jungs sind halt Ghetto Kids. Das kann ich vielleicht akzeptieren, aber es ist nicht meine Sache. Und von dem her ist Anthony B in der Verbindung von Musikalischem und Vibesmäßigen mit allem drum und dran für mich der Mann der Zeit. Mir würde noch jemand einfallen: Morgan Heritage. Ich fand die sehr überzeugend. Auf dem Summer Jam habe ich sie das erste mal gehört. die haben ein paar schöne Lieder auf ihrem Album. Von dem, was dahinter ist, fand ich die sehr sympathisch. RootZ: Kurzer Themensprung. Kommentar zu Eurem Bandnamen.
RootZ: Was haltet ihr von so einem Internet-Magazin, wie RootZ es darstellt? I-Shen Rockers: Finde ich eine sehr interessante Geschichte. Also
ich habe mich jetzt nicht näher damit beschäftigt. Da kann vielleicht
der Ivo zum Magazin direkt was sagen
Ich cruise bei RootZ [damals noch I R I E Anm. d. Red.] gerne rum,
wenn ich sehe, dass etwas aktualisiert ist. Als ich es das erste Mal entdeckt
habe, habe ich glaube ich fast alles gelesen. Vielleicht die Ganja-Abhandlungen,
die habe ich mir nicht durchgelesen. Da kann nicht soviel neues drin sein.
Aber die ganzen Plattenkritiken und alles. Ich bin da oft informationssüchtig.
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