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Telefoninterview mit den 
HarleckinZ, 18. Juli 2000



RootZ: Die Harleckinz gibt es jetzt seit 10 Jahren. Erzähl mal in knappen Worten eure Geschichte.

Doubleface: Die Harleckinz, der Kern, das sind 3 MC´s. Ich, Doubleface, Big Star, und der Boogienight. Ich habe den Big Star auf einer deutsch-amerikanischen Highschool kennengelernt. Die J.F. Kennedy Schule. 


Unsere ersten Einflüsse von HipHop war die Musik, die von den Staaten rübergeschwappt ist, der Break-dance, Mitte der 80er. Dann waren da die Alliierten, die hier stationiert waten- wir sind immer in die Alliiertendisko gegangen. So kamen die ersten Kontakte zustande. Wir haben uns dann entschieden, daß wir auch Musik machen wollen. Unser zweiter großer Einfluß war mein Cousin, dessen Band Hardnoise hieß. Das war zur damaligen Brit-Core Szene, HipHop Bewegung in England. Wir wußten, das wollen wir auch machen. Ende 89\90 habe ich dann mit Big Star eine Gruppe gebildet, die wir Pure Science nannten. Über die Szene haben wir dann unseren Dritten im Bunde kennengelernt. Ursprünglich hießen wir wie gesagt Pure Sience, und dann haben wir den Namen auf Harleckinz umgeändert. Der lag uns mehr. Anfangs haben wir auf Instrumentalplatten gerappt. Und dann haben wir uns entschieden selber Demos mit Hilfe von anderen zu produzieren.  Anfang der 90er war die Infrastruktur für HipHop hier in Deutschland noch nicht so gegeben. Da wir auf englisch gerappt haben, sind wir die darauffolgenden Jahre nach New York geflogen, mit dem Geld was wir von Feten gespart hatten.
 
RootZ: Wo liegen Eure musikalischen Wurzeln?

Doubleface: Im ganz groben ist unser Einfluß von der Ostküste. Also kein Westcoast-Einfluß! 

RootZ: Konkrete Namen, Bands, die Euch früh beeinflußt haben?

Doubleface: Ja, mein Cousin von Hardnoise, Big Daddy Kain. Jeder von uns hat die ersten Platten von Public Enemy, LL Cool J. Big Star steht auf T... Ich stehe auf N...Im groben trägt uns der New Yorker Sound eben.

RootZ: Welche Samples benutzt ihr, gibt ihr da was preis, oder wollt ihr darüber nichts erzählen?

Doubleface: Auf der Single „What time is it“ war ein offensichtliches Sample von Jean Michel Jarre, von Oxygen 7- ziemlich bekannt. Ansonsten wird doch viel zusammengeschnitten. Samples als solche gibt es nicht.

RootZ: Ist das euer erstes Album?

Doubleface: Ja, das ist unser erstes Album- Mitte der 90er haben wir erst mal ne EP rausgebracht. Die wurde über Groove Attack vertrieben und ist immer in tausender Auflagen rausgekommen. Über diese Platte haben wir uns ein Namen in der Szene gemacht.

RootZ: In Deutschland ist ja der deutschsprachige HipHop in. Wie seht ihr euch in der Szene?

Doubleface: Daß es keine englischsprachigen Gruppen gibt ist offensichtlich- der deutsche HipHop boomt. Man kennt uns aber, da wir schon lange dabei sind. Da ist gegenseitiger Respekt da. Es ist nicht so, daß wir uns von der deutschen Szene abschotten. Es ist keine deutsch-englische Trennung da.

RootZ: Ich finde das immer komisch, wenn man deutschstämmige Bands sieht, die die messages auch auf englisch bringen. Wie macht ihr das?
 


Doubleface: Bei uns ist die Musik klar englisch, aber der Kontakt zum Publikum ist uns sehr wichtig, und deshalb reden wir mit dem Publikum deutsch.

RootZ: Da bin ich ja beruhigt. Im HipHop werden ja häufig die Frauen gedisst, und was ist mit dem Gangsterimage- ein Statement dazu.

Doubleface: O.K. Frauen werden bei uns nicht angemacht, das Gangsterimage vertreten wir auch nicht. Wir haben andere Themen. Wir wollen rüberbringen, was wir erleben, und was um uns herum passiert. 

RootZ: Eure message in ein zwei Schlagworten.

Doubleface: Auf unserem Debutalbum geht es viel um den ganzen Struggle, den wir hatten. Vom Tag eins bis jetzt. Darum geht es überwiegend: Entweder waren wir zu früh hier für die Szene, oder das mit dem Englischen. Oder, das wir kurz vor dem Plattenvertrag standen, und es dann doch nicht geklappt hat. Und die andere Hälfte des Albums ist der eher skill-bezogene Teil. Um das Lyrische, der Poet in uns – es geht um Wortspielereien. Das sind die zwei Schienen, die wir fahren. 

RootZ: Versteht es das deutsche Publikum?

Doubleface: Inhaltlich ist es nicht ganz so einfach für die Kids da draußen. Den Flow, wie das so ins Ohr reingeht und so, das bekommen die schon mit. Ich beherrsche auch nicht die französchische Sprache, aber ich kann schon raushören, wenn der Flow cool ist. Den absoluten Inhalt bekommt nur der Kenner mit.

RootZ: Da wir ein Reggaemagazin sind, interessiert mich natürlich wie ihr eure Position zur Reggae, Ragga, Dub Musik seht?

Doubleface: Klar sind wir im HipHop verankert, Meine Ursprünge sind übrigens auch jamaikanisch. Meine Mutter ist Jamaikanerin. Auf dem Album haben wir ein Featurekünstler aus der Berliner Reggaeszene namens Black Kappa. Das war uns auch wichtig, daß wir eine große Bandbreite auf unserem ersten Album liefern.

RootZ: Wie siehst du die Geschichte des Rap, HipHop, Breakdance. Da gibt es doch eine Connection zum Reggae.

Doubleface: Ich denke die Connection dazu ist, daß sie alle aus einer Subkultur, einer Art Jugendbewegung heraus entstanden ist. Es ist eine Ausdrucksform der Jugend sich mitzuteilen. Ich denke, das ist die Parallele. Deshalb, so denke ich, verschmelzen auch die einzelnen Musikformen.

RootZ: Und jetzt habt ihr ein Vertrag beim Major. Muß man da denn irgendwelche Kompromisse eingehen?
Doubleface: Wenn man das Angebot vom Major annimmt, will man ja schon ne große Masse von Platten verkaufen. Das ist von Anfang an klar. Wir sind mit unserem Label zufrieden, da wir ein großes Mitspracherecht haben. Vom kreativen, musikalischen bis hin zur Art Work können wir viel selbst entscheiden, und ich denke, das ist ganz wichtig.

RootZ: Seit ihr bei Downbeat Records?

Doubleface: Wir waren bei Superior, einem Unterlabel von WEA. Das Label wurde gegründet von Henning Goldenberg und Andreas Kebanek, die auch das Label Showdown leiten, wo Deichkind auch drauf sind. Vor zwei bis drei Jahren wurde das Label Superior gegründet und wir waren der erste Act, der unterschrieben hatte. Showdown war mehr das Untergrund-Entwicklungslabel, und Superior war das Label wo mehr Geld floß. Jetzt sind wir direkt bei WEA gesignt.

RootZ: Nochmal zur Produktion selbst. Wie war die Arbeitsweise beim Major?
 
Doubleface: Wir hatten Zeit, und mußten nicht unter Druck arbeiten. Man muß eben Termine, Deadlines einhalten. Wenn man alles selbst macht arbeitet man klar freier. Doch es war relativ relaxt.

RootZ: Mal zu eurer Possie- jetzt wo ihr beim Major seit, habt ihr da ein Problem, werdet ihr akzeptiert?

Doubleface: Viele sagen Major gleich ausverkauft Kommerzialisierung usw.

Wir sagen, wir stehen hinter der Musik die wir machen und solange die Musik gut ist und sie Qualität hat, dann spricht nichts dagegen, es weitmöglichst rauszutragen, um den Leuten auch Vergleich zu bieten.

RootZ: Zum Album „Now we’re talkin´“. Ich denke, der Titel bezieht sich darauf, daß ihr lange gebraucht habt, um hochzukommen.

Doubleface: Der Titel ist zweideutig. Zum einen heißt das „Jetzt sind wir dran“- das Provokante, jetzt hört uns mal zu. Man sagt ja auch im englischen now we ´re talking, wenn man auf den Punkt kommt. Wir haben lange hin und her überlegt.

RootZ: Gibt es irgendetwas besonderes an euerem Album, was Du erzählen willst?

Doubleface: Es ist ein sehr persönliches Album, sehr familiär.

RootZ: Abschließende Frage- was hältst du vom Medium Internet?

Doubleface: Das Internet ist wichtig und gewinnt immer mehr an Bedeutung. Negativ ist natürlich klar MP3 Download und kopieren und das ganze pi pa po. Ich denke das kann den Künstlern auch Schaden zufügen. Aber im großen und ganzen ist das Internet ein Medium, was genutzt wird.

RootZ: Noch ne Message an die Leser?

Doubleface: In das neue Album einfach mal reinhorchen.


Copyright Text: Catharina / Dr. Igüz / Fotos: WEA Records / Layout: Dr. Igüz 2000