Interview mit Linton Kwesi Johnson



 


>>
Talk
 

zurück zur letzten Seite Zum Inhaltsverzeichnis zur nächsten Seite


Interview
mit LKJ

Hannover,
Capitol, 25.11. 2000

in
Coop mit Rootsman Chris und Heico Stadermann

mit
freundl. Unterstützung von Contour Music

Greetings Reggae-Massive!

Linton Kwesi Johnson and
the Dennis Bowell Dub Band inna di Hannover. LKJ – der grossartige Dub
Poet – tourte in den vergangenen Wochen mit der Dennis Bowell Dub Band,
die ihn seit 1983 begleitet, durch Deutschland. Da ich LKJ live selbst
noch nie erlebt habe, habe ich mich ganz besonders auf seinen Auftritt
in Hannover gefreut und wollte auch für “RootZ” ein Interview mit
ihm führen. Leider ist es mir nicht gelungen Linton Kwesi Johnson 
n a c h  seiner Show vors Mikrofon zu bekommen. Gut, dass es Rootsman
Chris
gibt, der mit Linton Kwesi Johnson  v o r  seinem Auftritt
ein Interview führen konnte und es “RootZ” freundlicherweise zur Verfügung
gestellt hat. Rootsman Chris ist einer der Moderatoren der wöchentlichen
Reggae-Show (sonntags von 22.00 – 00.00 Uhr) bei Radio
Flora
– dem nichtkommerziellen Lokalradiosender für Hannover und
Umgebung, zu empfangen auf den Frequenzen 106,50 MHz (Air) und 102,15 (Kabel)
MHz sowie im Internet.

Das Konzert
von Linton Kwesi Johnson spiegelte sein 23-jähriges künstlerisches
Schaffen wider. Es waren sowohl ältere Tunes zu hören, wie z.B.
“Di Anfinished Revalueshan”, “Tings An’ Times”, “Making History”, “Di Great
Insoreckshan”, “Bass Culture”, “Mi Revahlueshanary Fren”, “Di Black Petty
Booshwah”, aber auch neuere Sachen: Aus dem 98er Album “More Time” der
Titelsong (More Time), Reggae Fi May Ayim und über den “Hurricane
Blues” habe ich mich besonders gefreut, denn das ist mein Lieblingsstück
aus der More-Time-CD.

Und hier das Interview, das
Christian Mercker (AKA Rootsman Chris) am 25.11. 2000 im “Capitol” in Hannover
mit Linton Kwesi Johnson geführt hat:

 



^ Radio
Flora Reggae Show Posse bei LKJ

In der Mitte Rootsman
Chris
RootZ: Linton, in einigen
Minuten wirst Du auf der Bühne sein. Was werden wir heute Abend hören,
mehr aus deinem neusten Album “More Time” oder auch andere Sachen? 

LKJ: Hallo, ich freue mich
sehr, hier in Hannover zu sein. Es ist schon viele Jahre her, als ich das
letzte mal hier war. 

Heute Abend könnt ihr
einen Querschnitt von Linton Kwesi Johnson erwarten, denn ich werde etwas
aus allen meinen Platten spielen, die ich in den letzten 23 Jahren gemacht
habe: “More Time”, “Tings And Times”, “Making History”, “Bass Culture”,
“Forces Of Victory”, “Dread Beat and Blood”. 

RootZ: Du hast so viele Alben
gemacht, welches ist dein Lieblingsalbum und warum?

LKJ: Mein Lieblingsalbum
ist z.Zt. “More Time”, weil es das Neuste ist.

RootZ: Sicher, und ich denke
die Leute kennen das Album oder sollten es kaufen, weil es gut  ist.
Aber das wichtigste was ich dich fragen wollte ist: was ist ‘Dub Poetry’
für dich, denn es ist sehr bedeutend was du machst, was bedeutet es?

LKJ: ‘Dub Poetry’ ist ein
irreführender Begriff, es ist ein wirklich unglücklich gewählter
Begriff. Ich benutze den Begriff um die Kunst der Reggae-Deejays wie Big
Youth, U-Roy, I-Roy und solche Leute zu beschreiben. Aber einer meiner
Freunde, nämlich Oku Onuora von der Jamaikanischen-Trommler-Schule
prägte diesen Begriff um das alles zusammenzufassen, was Dichter wie
wir so schreiben.

Ich denke es ist ein irreführender
Begriff, denn es klingt so als wäre es eine Art ‘ärmliche’ Art
von Dichtung. Ich würde eher sagen, dass ich lieber Gedichte als Dub-Gedichte
schreibe, weil Dub-Poetry (sprich Dub-Dichtung) ist wie eine halbe Sache
ist wie entfernte Verwandtschaft von Dichtung. Was ich mache ist Gedichte
schreiben.

RootZ: Glaubst du an Rasta
und was denkst Du über Rasta?

LKJ: Ich respektiere Rastafari,
weil die Rastafari-Bewegung den schwarzen Menschen ihre Würde zurückgab,
die ihnen im Laufe von 500 Jahren Kolonialherrschaft (und der damit verbundenen
Gehirnwäsche) genommen wurde. Es war eine Gehirnwäsche, durch
uns eingeredet wurde, dass wir minderwertiger sind als andere Menschenrassen.
Und die Rastafari-Bewegung machte uns bewusst, dass auch wir grossartige
Menschen sind, dass auch wir einen grossen Beitrag zur Geschichte geleistet
haben und dass wir ruhig stolz auf unsere afrikanisches Erbe sein können.

Ich glaube nicht dass Kaiser
Haile Selassie Gott ist, aber ich respektiere die Rasta-Bewegung dafür,
dass sie einen bedeutenden Beitrag zum Wandel des Bewusstseins unseres
Volkes geleistet hat.

RootZ: Aber du gehörst
doch sicher einer Religion an?

LKJ: Ich habe keine Religion,
ich glaube an die Menschlichkeit.

RootZ: Du warst früher
sehr aktiv in politischen Organisationen, wie “Black Panther” und noch
einigen anderen Vereinigungen. Was machst Du derzeit in England?

 

 

LKJ: Zur Zeit engagiere
ich mich in einer Organisation namens “The George Pipemore Institute”.
George Pipemore war ein berühmter internationaler Revolutionär
aus der Karibik, der sich dem antikolonialem Kampf in Afrika und der Karibik
gewidmet hat. Das “George Pipemore Institute” ist in erster Linie eine
Forschungsinstitution, welches Mittel für Leute bereitstellt, die
etwas über Afrika und die Karibik lernen wollen und auch allgemein
etwas über die “schwarze Diaspora”. 

Wir sammeln also Material
und ‘füttern’ damit den Computer und diejenigen die entsprechendes
studieren, oder allgemein interessiert sind, können zu uns kommen
und verschiedene Informationen über die “schwarze Diaspora” finden. 

RootZ: Das ist sehr interessant.
Können wir darüber etwas im Internet oder auf deiner Homepage
lesen? 

LKJ: Wir werden sehr bald
im Internet präsent sein und das wird dann zur Verfügung stehen,
ja.

RootZ: Du wurdest auf Jamaika
geboren, aber du lebst in London bzw. England, ist das richtig?

LKJ:  Ja, ich lebe in
England seit 1963, meistens in Brixton, da wo ich jetzt auch wohne.

RootZ: Fühlst du dich
als Jamaikaner oder Engländer?

LKJ: Ich fühle mich
als Jamaikaner, aber ich weiss, dass ich Brite bin, denn ich habe den grössten
Teil meines Lebens in England verbracht, anstatt in Jamaika, und ich habe
mit dazu beigetragen, eine Veränderung in England herbeizuführen.
Meine Generation war die Generation der Rebellen und wir haben mitgeholfen
England zu verändern und England ist ein besserer Platz dadurch geworden.

RootZ: Aber du reist doch
noch manchmal nach Jamaika und ich möchte dich fragen: was denkst
du über jamaikanischen Reggae und hast du Kontakte zu jamaikanischen
Musikern, die dich beeindruckt haben.

LKJ: Ich kenne eine Menge
jamaikanischer Musiker. Wir arbeiteten jahrelang zusammen und wir tourten
durch Europa, Amerika, Japan; du triffst andere Musiker und wir alle respektieren
uns gegenseitig und wir sind untereinander grosse Fans und ich selbst mag
besonders “Burning Spear”, ich mag “Culture”, ich mag all die Roots-Reggae-Bands,
weisst du. Ich mag “Toots And The Maytals” und solche Leute, die “Gladiators”
weisst du.

RootZ: Was denkst du über
den jetzigen Reggae, den Einfluss von Ragamuffin, Dancehall und solche
Sachen?

LKJ: Da ist Raum für
alles. Reggae ist eine so vielschichtige Musik, die sich in ganz verschiedenen
Richtungen und Formen ausdrücken kann, wie von Ska zu Rocksteady zu
Reggae, zu Rockers, zu Ragamuffin, da ist Raum für jeden und da ist
Raum für alles. Die älteren Leute ziehen die ältere Musik
vor und die Jüngeren mögen die jüngere Musik; das ist nur
natürlich.

 

RootZ: Und was für
Pläne hast du? Wird bald ein neues Album herauskommen, was planst
du jetzt? 

LKJ: Ich mache nie Pläne,
aber etwas steht immer bevor, aber was das ist, kann ich dir jetzt noch
nicht sagen. 

RootZ: Ich danke Dir sehr,
ich wünsche uns und dir ein tolles Konzert hier in Hannover. 

LKJ: Ich danke Dir sehr. 

Konzertbericht
LKJ


Copyright Text / Photos:
Heico Stadermann / Radio Flora Hannover / Layout: Dr. Igüz 1998 –
2001
Zum Seitenanfang

Scroll to Top