>> Talk  
zurück zur letzten Seite Zum Inhaltsverzeichnis zur nächsten Seite


 
nterview mit Lucky Dube
München, Georg-Elser-Halle, 28.10.2000
mit freundl. Unterstützung von Contour Music
 
RootZ: Zuerst möchte ich mich selbst vorstellen. Mein Name ist Heidi und ich schreibe für eines der umfassendsten Reggae-Magazine in deutscher Sprache im Internet, RootZ.
Du hast bereits 1998 während des SummerJam in Köln ein Interview für dieses Magazin gegeben, allerdings hieß es damals noch „IRIE“.

Lucky Dube: Ah, ok.

RootZ: Du bist nicht zum ersten Mal in Deutschland, wie fühlst Du Dich hier?

Lucky Dube: Es ist wirklich nett und wir haben hier eine Menge Shows gemacht. Und es waren immer gute Leute bei unseren Shows, Leute, die die Musik lieben, und deshalb kommen wir gerne hierher.

RootZ: Das Konzert in Bremen diese Woche wurde kurzfristig gecancelt. Was ist passiert?

Lucky Dube: Zu Anfang dieser Tour hatten wir eine Menge Probleme. Ich weiß nicht genau, warum genau dieser Termin nicht gehalten werden konnte. Eigentlich war alles klar mit den Terminen, aber dieser konnte aus irgendeinem Grund nicht stattfinden. Ich weiß nicht genau, was passiert ist.
 
RootZ: Ich habe gehört Du und die Band hattet Probleme mit den Visum.

Lucky Dube: Es gibt immer Schwierigkeiten mit den Visa, das ist normal, aber es geht dann doch immer durch. Es hat geheißen, wir bekommen die Visa am Montag, und Montag war aber schon der Tag an dem wir abreisen sollten, eigentlich schon Sonntag. Aber wir machen uns inzwischen keine Gedanken mehr darüber, die werden uns das Zeug schon geben.

RootZ: Wie läuft die Tour ansonsten?

Lucky Dube: Die Tour ist prima. Yah man.
RootZ: Ist das nur eine Tour durch Deutschland oder ganz Europa

Lucky Dube: Eine Europatournee. Deutschland ist die erste Station

RootZ: Und wo geht’s dann hin?
 
Lucky Dube: Wohin gehen wir noch? (lacht) Ich weiß es nicht!
Wir sind in Amsterdam und so weiter. Weißt Du, auf Tournee ist die Sache die: Ich bin nur der Bursche, der singt. Ich will gar nicht wissen wo wir heute gerade wieder sind. Ich sag zu meinem Manager: Zeig mir wo die Bühne ist und lass mich einfach allein, erzähl mir nicht wo wir sind. Sag mir, das ist der Weg zur Bühne, das ist genug.

RootZ: Die meisten der Musiker, die am Album ‚The way it is’ mitgewirkt haben, sind die gleichen wie beim Vorgängeralbum ‚Taxman’. Arbeitest Du immer mit den gleichen Leuten zusammen?

Lucky Dube: Ja, wenn möglich arbeite ich immer mit den gleichen Leuten. Das ist einfacher. Sie versehen mich und ich verstehe sie. Sie wissen, was ich möchte und ich weiß, wie weit ich sie puschen kann. Wir schreiben die Musik nicht auf, sie ist nur in meinem Kopf. Wenn  ich zum Bassisten gehe und sage, die Line, die Du spielst, geht: (singt) Buuum, bum, bum, bum buuum ....... dann versteht er das, er hört es und weiß, wie er es spielen muss. Jemand anderer würde nicht verstehen, was ich sagen möchte. Deshalb ist es einfacher immer mit den gleichen Leuten zu arbeiten, weil man einander versteht.
 
RootZ: Und die Backing-Band  bei der Tour sind diese Musiker?

Lucky Dube: Ja.

RootZ: Das ist prima, vor allem weil das ja leider nicht immer möglich ist.

Lucky. Ja, das stimmt. Und manchmal haben wir Studiomusiker, z.B. für die Streicher in ‚The way it is’,  haben wir mit dem Soweto String Quartett gearbeitet. Die können nicht mit uns on the road gehen, aber was die Band betrifft, können meine Musiker zum Glück immer mit mir reisen, für Studioaufnahmen wie auf Tournee. Und ebenso ist es einfacher, wenn auch der Sound Engineer der gleiche wie im Studio ist, denn  wir versuchen grundsätzlich, dass die Live Performance annähernd gleich der Studioufnahme klingt.

RootZ: Mit dem Soweto String Quartett hast Du ja auch schon bei ‚Taxman’  gearbeitet. Was sind das für Leute, spielen sie klassische Musik?

Lucky Dube: Sie spielen alle Arten von Musik. Sie haben  auch ein eigenes Album unter anderem mit alten  afrikanischen Songs. Das ist ein hervorragendes Quartett, das schon durch Europa und Amerika getourt ist. Sie machen auch eigene Touren als Soweto String Quartett.

RootZ: Magst Du auch klassische Musik?

Lucky. Ja, ja. Und ich versuche etwas in die Reggaemusik einzubringen, was es vorher noch nicht gegeben hat, neue Elemente zu implementieren. Denn manchmal denke ich mir, na ja, verrückt: Wenn Bob Marley morgen wieder am Leben wäre, was würde er sagen: So, was habt Ihr Reggae-Burschen eigentlich die ganzen Jahre getan seit ich gegangen bin. Und es wäre doch dumm zu sagen: Hör zu Bob, es ist immer noch das gleiche, was Du auch getan hast, nichts hat sich verändert. Deshalb versuche neue Elemente einzubringen. Das ist hauptsächlich die Art von Musik, die ich gerne mag. Ich mag Rock’n’Roll. In einigen meiner Songs kannst Du Rockgitarren hören. Ich mag Pavarotti, ich mag überhaupt die klassische Musik. Deshalb habe ich beschlossen diese Streicher in meiner Platte einzubringen. Das ist etwas, was es im Reggae vorher nicht gab.

RootZ: Wie siehst Du Dich eigentlich selbst. Auf Deinen Alben steht immer nur Dein Name. Verstehst Du Dich als Solo-Künstler oder als Teil einer Band?
 
Lucky Dube: Ich bin ein Solo-Künstler aber natürlich muss ich auch eine Band haben. Ich bin nicht z.B. Lucky Dube and the ...mhm,mhm ... es heißt nur Lucky Dube, ein Solo-Künstler, der aber auch eine Band braucht, weil es wirklich langweilig für mich wäre, allein  auf der Bühne zu stehen, nur ich mit einer Gitarre. Ja, aber ich bin ein Solo-Künstler, denn die Band kann man jederzeit wechseln, wenn es notwendig ist. Das heißt: Lucky Dube ist ein Solo-Künstler, und ich denke das wird auch so bleiben.

RootZ: Im Cover zu ‚The way it is’ machst Du einen Joke, da steht: Ich habe alles alleine gemacht und die Musiker mussten dafür zahlen, dass ihr Name auf dem Album erscheint. War das wirklich nur ein Witz oder hat das irgendeine tiefere Bedeutung?

Lucky Dube: Nein, das ist nur ein Witz, wirklich nur ein Witz. Ich habe ja nicht alles alleine gemacht. Das war nur ein kleiner Joke im Studio. Als das Album fertig war, habe ich zu den Jungs gesagt: Ich brauche euch Jungs nicht wirklich, ich habe das alles selbst gemacht, ich war der Engineer, ich war der Sänger, ich war .. nein, nur ein Witz ohne tiefere Bedeutung.

RootZ: Du hast gesagt, dass ‚The way it is’ das am schwierigsten zu produzierende Album war, weil Du auf so viele Leute  hören musst. Welche Leute sind das?

Lucky Dube: Siehst Du, wenn du mal 4, 5, vielleicht 10 gute Platten hast, ja so etwa 10, sind da jedes Mal, wenn du ein Album aufnimmst, Leute wie die Plattenfirma, die Medien, deine Freunde, Jeder kommt und sagt: Wir das so gut werden wie der Rest? Wird es so klingen wie das da, wird es dies, wird es das? Und du musst auf all diese Leute hören, weil es am Ende diejenigen sind, zu denen die Musik geht, die die Musik kaufen, es sind die, für die die Musik gemacht wird. So sehr du möchtest, dass die Musik dir selbst als Künstler gefällt, musst du aber auch an die Leute denken, die diese Musik kaufen. Du musst das in deiner Musik haben, was sie mögen.
Und bei diesem Album war sehr schwierig, weil es nach ‚Taxman’ kam. Der Song ‚Taxman’ war zuhause ein toller Erfolg, sogar in einigen Teilen Amerikas war es ein großer Erfolg. Und so haben die Leute gesagt, ‚Taxman’ war gut, wird das hier wie ‚Taxman’ sein? Wenn sie sagen, bleib komplett bei der Linie von ‚Taxman’, ist das verwirrend. Aber du hörst schon auf diese Leute. Eigentlich musst du aber dann nur das tun, was du fühlst. Wenn du ins Studio gehst, versuche nicht einen Hit zu machen, mache einfach nur einen Song. Es sind die Leute, die einen Hit daraus machen. Den ersten Hit den ich hatte, zuhause in Südafrika, ich wusste nicht, dass ich einen Hit gemacht habe. Ich habe nur einen Song gemacht und er wurde ein Hit. WOW!

RootZ: Das, was Du gerade gesagt hast und Deine Popularität, denkst Du, dass das Deine Arbeit behindert?
 
Lucky Dube: Tut es nicht, wenn du wie ich aus dir selbst herausgehen und dich selbst aus der Ferne betrachtest kannst. Das klingt verrückt, aber das mache ich. Ich sehe mich selbst eigentlich nicht als eine berühmte Person oder eine reiche Person oder was auch immer, ich sehe mich als eine normale Person. Ich  verstehe das so, dass das, was die Leute wirklich mögen nicht eigentlich ich, ich, ich, die Person, bin, sondern sie mögen die Musik. Die Musik ist der eigentlich wichtige Teil und ich bin nur das Vehikel durch das sie Musik transportiert wird.

RootZ: Ich habe gelesen, dass Du in den 90ern mit Peter Gabriel zusammengearbeitet hast. Gibt es da noch irgendwelche musikalischen oder privaten Kontakte?

Lucky Dube: Eigentlich nicht, nein. Ich glaube es war eine einmonatige Tour mit ihm und wir sind wirklich Freunde geworden während dieser Zeit. Aber ich würde mir wünschen etwas mit ihm zusammen zu machen, das war ein sehr netter Mann.
Aber jeder ist mit seinen Dingen beschäftigt, und ich möchte ihn auch nicht belästigen.

RootZ: In dem Interview für IRIE (Anm. D. Red.: jetzt RootZ) vor 2 Jahren hast Du gesagt, Du glaubst, dass nach der Ära Mandela ein großes Chaos sein wird. Was sagst Du heute über die politische Situation in Südafrika?

Lucky Dube: Da gibt es noch viele Dinge die nicht richtig laufen. Es ist noch ein ganz junge Demokratie, da liegen noch viele Fallen auf dem Weg, die ausgeräumt werden müssen, das ist noch ein langer Weg. Aber wenn die Menschen in Südafrika eventuell diese Sache mit der Demokratie verstehen können und helfen den Prozess zu beschleunigen, dann wird es besser werden, aber bis dahin ist es noch ein langer harter Weg.

RootZ: Aber Du hast schon die Hoffnung, dass sie diesen Weg finden?

Lucky Dube: Ja, ich hoffe schon, aber meine Hoffnungen werden durch die Situation mit der Kriminalität, die wir jetzt haben, erschüttert. Das ist das größte Problem das wir haben, Verbrechen in so hohem Maß in Südafrika. Wegen dieser Verbrechen sind meine Hoffnungen ein wenig getrübt.

RootZ: Ist es nicht gefährlich für Dich und Deine Familie in Südafrika zu leben?
 
Lucky Dube: Es ist für Jeden gefährlich, wirklich. du bist nicht sicher in deinem Haus, du bist nicht sicher in deinem Auto, du bist nicht sicher auf der Straße, du bist überhaupt nirgends sicher. Es ist nicht so wie in der Vergangenheit, da würde man sagen, halte dich nicht auf der Straße auf oder wenn du im Auto bist, schließe die Türen ab, aber das ist heute egal. Wenn du in deinem Auto sitzt, erschießen sie dich in deinem Auto und nehmen es einfach. Und jeden Tag werden Menschen in ihren Häusern getötet.

RootZ: Wie schützt Du Dich dann? Hast Du Bodyguards und eine hohe Mauer um Dein Haus , wie Du es in Deinem Song ‚Crime and Corruption’ beschreibst?

Lucky Dube: Das würde nicht helfen. Es würde nur einem Schwindel helfen. Mit der Korruption, wie sie existiert, ist es so: Wenn Dir jemand etwas schlechtes will, wird er deine Bodyguards kaufen. Sie kaufen die Bodyguards. Wenn du deinem Bodyguard 1000 Dollar am Tag gibst, geben sie ihm 10000 Dollar am Tag. Und er wird es nehmen und einfach wegsehen.

RootZ: Und Du hast keine Angst um Deine Familie dort?

Lucky Dube: Eigentlich nicht. Ich habe großes Vertrauen zu Gott. Und was immer Gott entscheidet, was passieren soll, ich habe keine Kontrolle darüber. Wenn Gott entschieden hat, kann es schmerzhaft sein zu beobachten, was er alles zuläßt, dass es passiert. Aber ich kann nichts dagegen tun. So ist das nun mal.

RootZ: Wenn ich die Texte zu ‚The way it is’ und  ‚You stand alone’ aus dem aktuellen Album lese, habe ich den Eindruck, Du bist resigniert und von einigen Leuten enttäuscht. Stimmt das?

Lucky Dube: Es ist einfach die generelle Aussage, dass Menschen, die gerne miteinander befreundet sein würden, oft deswegen keine Freunde werden, weil sie sich gegenseitig die Wahrheit gesagt haben. Sie werden vielleicht Freunde, weil sie irgendetwas verheimlicht haben oder nicht richtig erzählt haben. Wenn diese beiden Freunde wirklich die Wahrheit voneinander wüssten, würden sie vielleicht keine Freunde sein. Das ist es, was ich meine: ‘If you stand for the truth, you will always stand alone’ (Anm.d. Red.: Textzitat aus ‘You Stand Alone’)
Ich sage manchmal Dinge über schwarze Menschen, die wahr sind, aber die schwarzen Leute wollen diese Dinge nicht hören. Und irgendwie werde ich dadurch ein Ausgestoßener. Zum Beispiel: Jemand fängt an zu stehlen. Und er stiehlt und sagt: Ja aber es war doch nur von einem weißen Kerl, ich bestehle doch nur Weiße, ich bestehle keine Schwarzen. Aber für mich ist das das Gleiche, Stehlen ist falsch, es ist schlecht. Und wenn ich jetzt sage, es ist sogar falsch einen weißen Mann zu bestehlen, macht mich das zum Ausgestoßenen.
Oder ein anderes einfaches Beispiel: Hier im Backstage-Bereich, wo wir jetzt gerade sind, haben wir manchmal Leute, die kommen einfach her, kämpfen mit der Security, um hier reinzukommen und sagen: Hey, ich bin Schwarzer und ich möchte meine schwarzen Brüder aus Afrika sehen. Und ich sage: Der Backstage-Bereich ist für Musiker reserviert und es ist ganz egal, ob er ein Schwarzer oder ein  Weißer oder sonstwas ist, wenn es heißt bleib draußen, dann bleib draußen! Und manche Leute verstehen das nicht. Und nur weil ich die Wahrheit gesagt habe, gehen manche, und fluchen auf mich: Hey, you, white-people-lover und so weiter und reden Scheiße. Aber das ist einfach nur die Wahrheit. Und deswegen der Song ‚You stand alone’, weil die Leute die Wahrheit nicht mögen.
 
RootZ: Es ist aber keine Resignation, ich meine bzgl. der Probleme, die Du seit langer Zeit in Deinen Texten bearbeitest, und die immer noch da sind.

Lucky Dube: Na ja, weißt Du, die Menschen lernen und es braucht Zeit die Menschen zu lehren, besonders dann, wenn du ihnen die Wahrheit erzählst. Meistens wenden sich die Leute von dir ab, wenn du ihnen die Wahrheit erzählen möchtest. Erzählst du ihnen Lügen, wollen sie deine Freunde werden. Ich kann aber in meiner Musik nicht lügen, nicht bei der Musik.

Vielleicht könnte ich lügen, mhm, ich weiß auch nicht, vielleicht wenn ich eine Freundin hätte und sie hat ein neues Kleid und kommt zu mir und fragt mich wie das an ihr aussieht. Dann sage ich WOW! Bombig! Toll! Und nicht: Das Kleid sieht nicht so gut aus. Ich weiß nicht, ob man das überhaupt eine Lüge nennt. Ich sage schon solche freundlichen Sachen. Aber nicht in der Musik und nicht über Dinge die womöglich eine Nation aufbauen oder zerbrechen.
Ich habe fast keine Freunde, aber soweit ich weiß, ist der Grund, warum ich wenig  Freunde habe, weil ich die Wahrheit erzählt habe. Das ist mir lieber als tausende Freunde zu haben und zu wissen, dass ich sie anlüge.

RootZ: Welche Pläne hast Du für die nächste Zeit? Du bist ja sehr fleißig und bringst fast jedes Jahr ein Album heraus. Gehst Du also nach der Tour wieder ins Studio? Gibt es bald wieder ein neues Album?

Lucky Dube: Ja, ich werde im Januar wieder für einige Zeit ins Studio gehen und wenn alles gut läuft, wird es ein neues Label geben. Ich möchte zuhause mein eigenes Label gründen. Ich würde gerne einige andere Bands produzieren. Das müssen nicht unbedingt Reggae-Bands sein, vielleicht Rock-Bands oder was mir sonst gefällt. Das ist eine Sache, an der ich gerade arbeite. Meine Rechtanwälte sind gerade dabei das Geschäftliche zu regeln. Wenn alles gut geht, werde ich nächstes Jahr das Label haben und ich werde auch im Studio sein und mein neues Album aufnehmen.
 
RootZ: Das wars schon. Gibt es noch etwas, was Du den Lesern von RootZ und den deutschen Reggaefans sagen möchtest?

Lucky Dube: Ja, deutsche Reggae-Fans, bleibt dabei Reggae-Musik zu hören, das ist eine Musik, die immer auch eine Message hat. Und wir schätzen Eure Unterstützung. 

Konzertbericht Lucky Dube


Copyright Text / Photos: ID / Layout: Dr. Igüz 1998 - 2001 Zum Seitenanfang