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Interview
mit Benjie 10.August.2001 Benjie ist der Mann, der uns mit dem Song "Ganja Smoka" einen fetten Weedtune geliefert hat. RootZ hat exklusiv mit dem Mann aus Hannover per eMail ein Interview gemacht. RootZ: Hi Benjie, was hat
Dich inspiriert, Dancehall Music zu machen?
RootZ: Gibt es Kontakte nach Jamaika? Benjie: Ja, schon. Ich war
einige Male dort, habe dort Freunde und – wie man so sagt – meinen Place.
Ich konnte dort auch einiges lernen, bin auch aufgetreten, mit verschiedenen
Artists zusammen. Da sind also schon spannende und für mich persönlich
wichtige Sachen abgegangen. Das ist klar. Ich weiss nicht, wann ich wieder
dort sein werde. Im Moment habe ich einfach zu viele andere Sachen zu tun,
als über so einen fetten Trip nachzudenken. Wäre zwar schön,
aber wenn, dann ist das für mich Urlaub. Ich gehe also nicht dorthin,
um aufzunehmen oder ähnliches. Meine mittelfristigen musikalischen
Vorstellungen kann ich hier viel besser umsetzten.
RootZ: Wie siehst Du Möglichkeiten und Entwicklungspotential für Dancehall in D? Benjie: Dancehall ist eine
Musik, die sich sicher längerfristig in Deutschland wird halten und
entwickeln können. Da ist viel drin. Natürlich kommt das auch
auf die Künstler und „Aktiven“ an. Sind die Sachen wirklich interessant
gemacht und auch eigenständig!? Oder wird einfach nur kopiert?! Davon
wird abhängen, ob sich wirklich ein eigener deutschsprachiger Reggae-Style
entwickeln wird, der ... überlebt. Ich denke schon, wir müssen
eigenständig sein. Und nicht zuviele Regeln einfach übernehmen.
Die Notwendigkeit, fliessend Patois sprechen zu können oder gegen
Homosexuelle losgehen zu müssen usw. wird hier wohl kaum vermittelbar
sein und führt ja auch nur zu Ausgrenzung. Auch Bad-Boy-Styles ...
aus dem Sozialstaat heraus gelauncht – ich weiss nicht so recht... Es gibt
ja durchaus positivere Vibes in dieser Musik, die vielleicht ein stärkeres
Entwicklungspotential bergen... Wir werden sehen, wie‘s kommt!
RootZ: Wie siehst Du den Zustand der deutschen Reggaeszene? Benjie: Ich freue mich, dass
da jetzt so viel Bewegung drin ist. Ich treffe immer wieder neue – oder
scheinbar neue – Artists, neue Sounds und neue Leute, die auf diesen Sound
abfahren. Das ist gut.
RootZ: Wie erreichst Du bei
Produktionen und Texten die für Reggae so wichtige
Benjie: Seit Anfang 1999
arbeite ich mit meinem Produzenten, Hellmut Haferland zusammen. Wir haben
von Anfang an versucht, zunächst mal einen eigenen Sound zu entwickeln.
Sonst funktioniert diese Musik einfach nicht, wirkt geklaut oder auch lächerlich.
Die wenigen Instrumente und Samples, die ich derzeit in meinen Songs verwende,
müssen dann halt wirklich Charakter haben, damit Sie funktionieren.
Zum Glück gibt es bei DPS-Productions in Hannover, wo wir produzieren,
auch eine Menge altes Zeug, Vintage-Equipment, Tonbandmaschinen usw. Das
hilft natürlich, zumal der Benjie-Sound ja teilweise auch „kalkuliertes
Lofi“ ist. Ich bringe meist die vorproduzierten Songs mit ins Studio. Zu
hause komponiere ich, sammele meine Samples zusammen. Im Studio lassen
wir uns dann die Zeit, die’s eben braucht. Wenn man sich die Benjie-Tunes
anhört, dann kann man auch erkennen, dass wir uns fast jedesmal verschiedene
Aufgabenstellungen gegeben haben. „Sommerzeit“ sollte beispielsweise –
das war die Idee – sehr minimalistisch sein. Mit „Null“, der auf DancehallF
2 erscheinen wird, wollte ich einen deutlich langsameren Tune probieren.
Wir haben den Tune grad nochmal bearbeitet. Beim „Ganja Smoka“ war die
Phase, wo wir ausprobiert haben, was eigentlich vom Dub rein muss in den
Sound, wenn man das so sagen kann.... Also zum Beispiel die Delays auf
der Stimme, ziemlich laut... das war halt noch 1999. Ich musste auch einfach
erstmal ein paar Sachen ausprobieren. Das gilt auch für meine Texte.
Manchmal funktionieren die Worte einfach von alleine, manchmal ist das
aber auch echte Arbeit. Ich könnte es mir vielleicht einfacher machen
und manchmal krassere Positionen beziehen. Aber das ist nicht mein Style
und auch keine Garantie für Authentizität. Die wird wohl eher
über Identifikation erreicht. Identifikation mit dem, was der Künstler
zu sagen hat. Und zwar zu Dingen, die den Hörer auch tatsächlich
betreffen.
RootZ: Warum hast Du gerade das Thema Ganja an den Anfang Deiner Karriere gesetzt? In Medien mit Schere im Kopf gibt es wohl kaum Airplaymöglichkeiten für Ganja Smoka. Benjie: Schere im Kopf ist
gut... An die Medien habe ich dabei kaum gedacht. Zumindest nicht direkt.
Zunächst mal ist „Ganja“ in dieser Musik ein klassisches Thema, also
an sich nichts Besonderes oder etwa Neues. Christoph Moser hatte mich um
einen Tune für seinen ersten Dancehallfieber-Sampler gebeten. Zu der
Zeit arbeiteten wir im Studio zwar an etwas ganz Anderem, nahmen das aber
zum Anlass, den Tune in relativ kurzer Zeit aufzunehmen, noch ohne die
Bläser usw., wie er auf der Longplayversion zu hören sein
wird. Es hatte vorher Stress gegeben wegen Ganja, auch im Bekanntenkreis
und ich war sehr... tja... verärgert deswegen. Also wollte ich Position
beziehen. Und zwar vor allem gegen die Kriminalisierung der ganzen Angelegenheit.
Ich kam mit dem fertigem Text ins Studio, mein Produzent prüfte die
Aussagen darin und sagte dann: „Das geht, das nehmen wir genau so auf.“
Benjie: Ich bin grade dabei,
die Tunes für meine erste LP zusammen zu stellen. Ich möchte,
dass meine erste Platte vielseitig und interessant wird. Ja, wer will das
nicht... Gleichzeitig müssen die Tunes im Studio auch produziert werden.
Es gibt immer mal wieder Jobs zu erledigen, Remixe usw. Viel zu tun derzeit
und ich muss derbe fleissig sein. Denn auch live soll es natürlich
weitergehen. Ich bin jetzt dabei, meine Crew zu vergrössern um spätestens
im nächsten Sommer mit voller Bandbesetzung an den Start zu kommen.
RootZ: Ein Kommentar zum
folgenden Statement: "Mit Reggae in D Geld zu verdienen
Benjie: Zunächst mal
hat jeder meinen Respekt, der sein Brot mit dem verdient, was er auch wirklich
tun will. Wer die Chance hat, das noch mit Musik zu erreichen, dem gönne
ich das. Allerdings mit Ausnahmen... Wer z. B. nur eine Masche fährt
– nur um erfolgreich zu sein, oder zu bleiben – na klar, das nervt mich
auch. Aber ich denke, die Szene kann sehr wohl unterscheiden und das, was
Sie hört, auch richtig einordnen. So ein Automatismus, der Musikern
- sobald sie Erfolg haben - den Respekt abspricht... Schadet das nicht
vielleicht auch? Denn von der Musik leben zu können, heisst doch auch,
für die Musik die notwendige Zeit aufbringen zu können. Man muss
experimentieren und ausprobieren und auch mal was verwerfen können.
Man braucht daher Zeit, um gute Musik zu machen. Zeit kostet heute Geld...
RootZ: Was bedeutet für Dich das www? Benjie: Negativer Aspekt:
Der Kopf wird noch mehr voller Zeug geschaufelt, was oft gar keiner
braucht. Und mehr Kontrolle droht. Das ist klar. Aber jeder muss selbst
sehen, wie er das nutzt, oder sich benutzen lässt. Denn die Vorteile
sind klar und auf die möchte auch ich nicht verzichten. Neben Orientieren
und Informationen saugen vereinfacht es meine eigenen Angelegenheiten ganz
erheblich: Eine Mail ist halt schnell geschrieben, Kontakte machen und
halten ist viel einfacher durch das www. Wieviele Briefe müsste ich
sonst am Tag schreiben? Also: Das Werkzeug an sich ist gut. Aber ich bin
für den umsichtigen Einsatz.
RootZ: Message für die RootZ LeserInnen. Benjie: Ich freue mich, wenn Ihr Spass an meinen Tunes habt. Danke für alle Reaktionen – vor allem die positiven, versteht sich... Später! |
Copyright Text: Doc Igüz / Photos: DPS Productions. / Layout: Dr. Igüz 1998 - 2001 | ![]() |