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Interview mit Pelican
Köln, RootZ Base, 19. August 2001


RootZ:  Hi Pelican,  herzlich willkommen in Deutschland, kannst du unseren Lesern vielleicht zunächst einmal, um dich vorzustellen, etwas über deine persönliche bzw. musikalische Karriere erzählen?
 
 
Pelican: Ja, klar also erst mal muss ich sagen, dass ich sehr erfreut bin in Deutschland zu sein. Ich bin zum dritten Mal hier und wir sehen, dass der deutsche Markt wächst. Der Anfang ist schon lange her, damals war ich  16, aber offiziell habe ich 1991 damit begonnen eigene Sachen aufzunehmen. Damals habe ich  meine erste Platte veröffentlicht, die gleichzeitig auch meine erste eigene Produktion war. Sie lief nicht so besonders gut, aber es war eine wertvolle Erfahrung. Zwischendurch fing ich dann an, auch für andere Labels Sachen aufzunehmen. 

Ich hatte kein Geld für mein eigenes Label also musste ich für andere arbeiten, um es dann aufbauen zu können. Seit 2000 habe ich jetzt meine eigene Produktion und das ist auch der heutige Stand der Dinge.

RootZ: Hast du auch in der Dancehall angefangen? 

Pelican: Ja, ich habe auch in der Dancehall angefangen, am Mikro bei Soundsystems wie z.B. ............
so hat das bei mir als Junge angefangen..

RootZ: Hattest du deinen Homie Sound?

Pelican: Nein ich hatte keinen eigenen Sound aber der jeweilige Sound in der Gegend wo ich lebte wurde automatisch zu meinem Sound. In der Gegend von .......z.B. war es el Mundo immer Freitag Nachts 

RootZ: Also was waren denn die Sounds mit denen du aufgetreten bist?

Pelican: Ich habe mit den meisten in Jamaika bekannten Sounds gearbeitet, mit Metro Media war ich letztes Jahr 2000, auch in Berlin, mit  Stone Love habe ich einmal gespielt, mit Cave Man Sound.

RootZ: Bist du eher im Roots- oder im Dancehallbusiness? Was ist dein Style?

Pelican: Mein Style ist ein Mix aus beidem, ich lasse mich da nicht festlegen, ich will so offen wie möglich sein – so international wie möglich, aber eigentlich möchte ich schon eher auf der Roots Seite bleiben, denn darauf achten auch die Leute hier in Europa. Außerdem will ich nicht, dass unsere Roots in Vergessenheit geraten.

RootZ: Wie viele Seven Inches hast du bis jetzt veröffentlicht?

Pelican: Bis heute sind es neun Seven Inches. 

RootZ: Hast du ein Album geplant?

Pelican: Ja, daran arbeite ich zur Zeit, es ist meine eigene Produktion und wird so ungefähr im nächsten Sommer fertig sein.

RootZ: Mit welchen Musikern arbeitest du in Jamaika? 

Pelican: Das Label, meine Produktion Ball A Fire Muzik habe ich aufgebaut um meine Karriere zu fördern, aber ich habe auch andere auf meinem Label wie z.B. George Nooks, Half Pint, und seit kurzem auch Lukie D, Triller U , Singin Melody, Anthony Curtis, Anthony B, Cutty Ranks, Determine und auch neue Künstler wie Sugar Ray, Spiderman und Christini.

RootZ: Und an den Instrumenten, wie sieht es da aus?

Pelican: Also das kommt zuerst auf den Riddim an, den wir verwenden, weil die meisten Musiker dort zusammenarbeiten wollen - we are one family - also möchte jeder an deinem Projekt mitarbeiten, dieses Mal sind es Danny Axeman and Dean Fraser zusammen.

RootZ: Erzähl doch mal ein bisschen mehr über diesen Riddim, wie bist du auf die Idee gekommen, wo hast du die Original Singles herbekommen und wie hast du daran gearbeitet?

Pelican: Der Riddim tauchte auf eine mysteriöse Weise auf, denn auf Jamaica da geht es eigentlich ziemlich drunter und drüber, jeder sucht DEN Riddim um auf dem Markt anzukommen, im Bezug auf Riddims tobt dort wirklich das Chaos...wir haben tief gewühlt, um diesen Riddim auszugraben und meine Freundin Mary, die sich bei den Roots Sachen besser auskennt, sagte zu mir „ Wir sollten es damit versuchen“ und es hat sich herausgestellt, dass das gar keine schlechte Idee war. 
 
Es gibt momentan diesen wirklich guten Riddim,   den Zion Gate Riddim und um dagegen konkurrieren zu können, mussten wir einfach so etwas wie diesen Riddim finden. Unser Riddim war ein alter Hit  „Just like the sea“ so ca. 1979 gesungen von David Isaacs, es war wie gesagt ein Hit,  schöne Erinnerungen werden geweckt. Wenn die jüngeren Artists den Riddim hören, spüren sie die guten Vibes und wollen dazu singen, ich musste deswegen schon Angebote ausschlagen, weil wirklich jeder der ihn hört dabei sein will und es sonst zu viele geworden wären. Aber wenn ich zurück nach Jamaica komme, werde ich ein zweites Set herausbringen, mit vier Top Artists.

RootZ: Wie bist du mit den Reggae Veteranen klargekommen?

Pelican: Wir fahren auf der selben Schiene, und da sie wissen wie ich arbeite halten sie zu mir, wie z. B. auch George Nooks, ich habe ihm beide Songs die er auf dem Ball A Fire Label gesungen hat empfohlen, ihn gebeten sie zu singen. Er sieht, was ich aufbaue und  er arbeitet mit daran und auch Artists wie Sugar Minott sehen, dass alles wächst, also wollen auch sie am Aufbau mitwirken vor allem wenn es in die richtige Richtung geht und ganz besonders, weil ich versuche die Roots zu erhalten.

RootZ: Wen können wir dann auf dem zweiten Set erwarten?

Pelican: Für das zweite Set will ich ein paar richtige Top – Seller wie Capleton und Sizzla, die verkaufen ziemlich viel im Moment und Admiral Tibet und Half Pint, weil sie den Riddim zuerst hatten. Sie hatten nie etwas davon und jetzt kommen sie damit zurück.

RootZ: Wie nehmen die Jungs den Riddim an? Es ist ja praktisch ein Klassiker.

Pelican: Sie sehen darin eine sehr gute Comeback Chance und jeder denkt, dass es ein Hit wird. Und ich glaube dafür ist jetzt genau der richtige Zeitpunkt.

RootZ: Und wie gefällt es den Leuten bis jetzt auf Jamaica?
Pelican: Ja, die Leute dort warten auch noch darauf, es hat zu lange gedauert bis er jetzt veröffentlicht wird, es gab Probleme mit den Labels und es hat eben länger gedauert.

RootZ: Und was sagen die anderen Künstler dazu? 

Pelican: Ja also wie schon gesagt die Artists sehen es als einen wirklich erfolgversprechenden Versuch für ein Comeback.

RootZ: Du hast mir vorhin erzählt, dass du den Riddim rekonstruiert hast, ohne das Original zu haben, erzähl doch mal wie das funktioniert..

Pelican: Na ja, man hat das eben so im Kopf ( singt) und dann muss man es den Musikern richtig erklären aber auch die hatten schon zuvor eine gewisse Vorstellung und so haben wir das dann halt gemacht und es lief so gut, dass wir das Original gar nicht brauchten.

RootZ: Das bedeutet, dass du dich bei der Rekonstruktion eher auf die Melodie konzentriert und mit dem Riddim hast du dem Ganzen eher einen frischen Touch gegeben?

Pelican: Ja, auf die Melodie und außerdem auf den früheren Song.

RootZ: Und die Bassline? 

Pelican: Ja, weißt du, beim Original war Deadly Headley dabei, also wusste er schon  wo es lang geht und Axeman ist ein richtig guter Musiker.

RootZ: Was planst du als nächstes? Klar, die Single erst mal aber hast du schon weiteres geplant?

Pelican: Ja ich habe schon neue Pläne, ich werde ein weiteres Remake machen und zwar habe ich auch zu Ragga Artists ein sehr gutes Verhältnis, und damit sie sich nicht übergangen fühlen durch dieses Projekt habe ich ein weiteres mit ihnen geplant.

RootZ: Du scheinst eine Art Musik Professor zu sein erzähl mal ein bisschen etwas über deine musikalischen Kenntnisse im Allgemeinen, die Theorie, wie du Tunes rekonstruieren kannst.

Pelican: Ich liebe zuerst mal die Musik, ich liebe Reggae Musik und ich würde mich selbst als einen Analysten bezeichnen. Ich gehe zu vielen Live Shows, verpasse fast nichts weil ich richtig heiß darauf bin. Ich bin also bei so gut wie allen größeren Events in Jamaica und beobachte dabei wie die Künstler performen, analysiere sie über Jahre hinweg und höre natürlich auch die Musik so lerne ich, durch Erfahrung.

RootZ: Im Laufe der Zeit hast du dann ja auch bestimmt schon viele der Grossen im Reggae Biz getroffen....was hast du für Kontakte zu Produzenten usw.?

Pelican: Ja, ich pflege wirklich enge Kontakte im Biz, ich glaub Chris Blackwell ist der einzige wirklich Wichtige, den ich noch nie persönlich getroffen habe, aber sonst eigentlich alle, sogar Don Taylor, er war der erste Manager von Bob Marley und immer ein guter Freund von mir, wir waren immer zusammen unterwegs. Außerdem habe ich ein Restaurant und eine Bar auf Jamaica, also hängen immer alle bei mir rum, die Künstler kommen gerne bei mir vorbei, Freitags spielen sie Musik dort und es ist wirklich ein cooler Platz zum chillen.
 
RootZ: Erklär das mal genauer, wie und wo du wohnst..

Pelican: Nun ich wohne in einer Party Gegend, in der Nähe von Jamaikas National Stadium, in dem die meisten der Events stattfinden, ich habe dort auch eine Küche und koche meistens für Roots Leute, überwiegend vegetarisch für Musiker und über das Catering komme ich auch mit den Top Artists in Kontakt und da ich selbst auch ein Artist bin ergeben sich die Sachen dann eben einfach irgendwie.....

RootZ: Du bist also ein recht vielseitiger Geschäftsmann, was machst du denn sonst noch so neben deinen Musikproduktionen und dem Catering?
 

Pelican at Yard >

Pelican: Was zum produzieren so dazu gehört, Promotion, früher bin ich auch aufgetreten. Alles ist ein Lernprozess,  ich habe schon viel Geld verloren aber ich habe immer etwas dazugelernt....und ich glaube, jetzt weiß ich wie der Hase läuft.....Wenn die Produktion fertig ist lege ich wieder los, dann fange ich mit der Vermarktung an und wir haben geplant das Label  auch auf Jamaika zu lancieren, dass ist dann vielleicht wieder eher ein neuer Anfang der Promotion. Ich werde versuchen ein paar der Künstler, die an den Projekten mitgearbeitet haben mit in die Promotion einzubeziehen.

RootZ: Wie funktioniert denn Promotion eigentlich auf Jamaika, ich schätze mal das läuft anders ab als hier in Europa? 

Pelican: Ja, bei der Promotion auf Jamaika ist das wichtigste eigentlich dein Name. Zuerst hatte ich auch keinen Namen dort, aber jetzt habe ich ihn unter anderem durch die Stage Shows, er ist wirklich das einzig Ausschlaggebende dort. Es kommen  Leute nach Jamaika mit viel Geld, aber was ihnen fehlt ist der Name und deshalb haben sie trotzdem schon von vorneherein verloren, weil sie keiner kennt. Wenn du also einen Namen hast und deine Sache gut machst, dann ist das besser als alles Geld der Welt, die Leute, die geholfen haben das Ball A Fire Label aufzubauen wollen jetzt auch auf Ball A Fire raus kommen.
Ich habe auch schon viel Geld verloren, aber was ich den Leuten versprochen habe, dass habe ich auch gehalten das ist ein Beispiel wie man Vertrauen aufbaut, meistens bescheißen die Promoter, sie versprechen z.B. das Beenie Man kommt und dann passiert nichts. Man muss die Erfahrungen teuer bezahlen,  aber wenn du ein Promoter bist, versprichst zu liefern und das dann auch einhältst, dann vertrauen die Menschen auf dich. Man muss zuerst das Risiko eingehen Geld zu verlieren, aber wenn man dann trotzdem alles richtig macht, dann hat man es geschafft.

RootZ: Wie sind deine Erfahrungen mit Deutschland in dieser Hinsicht?

Pelican: Also meine Erfahrung mit Deutschland ist eine sehr gute, wie gesagt, ich bin jetzt das dritte Mal hier und ich sehe Fortschritt und Wachstum, ich kenne jetzt fast alle wichtigen Spieler im deutschen Biz und das ist die Hauptsache. Mit meiner Produktion als Independent Label will ich nicht wirklich in den deutschen Markt eingreifen, sondern etwas dazu beitragen.

RootZ: Wie siehst du generell die Entwicklung des Reggae Biz in Deutschland, du hast ja bestimmt auch den Reggae Hype, der zur Zeit abgeht, mitbekommen....

Pelican: Ja, Reggae wächst in Deutschland, aber finanziell ist trotzdem nicht so viel zu holen. In Jamaika wird sehr viel Geld für Reggae ausgegeben, in Deutschland ist das anders, die Menschen lieben Reggae Musik aber das bewegt sich nicht auf einer rentablen kommerziellen Ebene. Auf Jamaika ist es strictly Music Business. Die Reggae Szene in Deutschland wächst, das kann man auf den Festivals wie dem Summerjam oder dem Splash sehen aber der Kommerz muss sich erst noch entwickeln.

RootZ: Willst du damit sagen, dass die Menschen in Deutschland kein Geld für Platten ausgeben, oder was meinst du damit?

Pelican: Es ist auf jeden Fall ein eingeschränkter Markt, wenn ich hier Seven Inches raus bringe, dann kann ich von vorneherein einschätzen, wie viele ich davon in Deutschland verkaufen kann, in Jamaika kann ich das nicht. Obwohl Jamaika ein viel kleineres und ärmeres Land ist. Aber dort kann es rasend schnell gehen, das ist auch eine Sache der Vermarktung.

RootZ: Ich glaube, das ist eher eine Frage des Konsumenten Verhaltens, in Deutschland kauft man zunächst mal eher das Album oder zumindest eine Maxi und dann kauft man auch eher CDs als Vinyl. Vinyl ist eher einer bestimmten Konsumenten Schicht vorbehalten, den Sound People, nicht ausschließlich den Soundsystems es gibt auch Privatleute, die Vinyl kaufen.
Das ist die Problematik hier und daher habe ich auch gefragt, ob du ein Album geplant hast, denn ich denke, dass sich ein Longplayer immer besser verkauft.

Pelican: Das beobachte ich auch zur Zeit, wenn man hier in die Platten Läden geht dann schaut man zuerst was es für Alben gibt, wir müssen das erst noch lernen, wie der Markt hier funktioniert. Das Album kommt ja auch bald raus...

RootZ: Hast du eine Botschaft oder Grüße an unsere Leser?

Pelican: Yeah man, ich habe immer Grüße an die Leute. Pelican sagt den Leuten immer, dass sich alle lieben sollen, (singt) are you ready for lo-ove?...das ist mein Motto, und so wie ihr mich jetzt hört, das ist mein Sound, und das ist es was ich den Leuten geben will, Liebe für alle. Das sind die Grüße die ich allen senden will – LOVE for everyone. 


Copyright Text: Nadine Z. / Dr. Igüz / Photos: Queen Bee / Dr. Igüz /  Layout: Dr. Igüz 1998 - 2001 Zum Seitenanfang