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Interview
mit Dreadzone
Köln, Summer Jam 06. Juli 2001
Greg: Nun ja, mit mir hat das alles angefangen aber die ganze Dreadzone Geschichte hat lange zuvor begonnen aber wir haben uns damals in einer Gruppe namens Big Audio Dynamite in den Achtzigern getroffen, es ging mit verschiedenen Leuten weiter, Screaming Target in den frühen Neunzigern, und dann haben wir schließlich Dreadzone gegründet und haben damit zwar unsere Roots behalten aber sind eine Art Drum’n Bass Partnerschaft eingegangen. Neue Sounds sind eine neue Inspiration. So entstehen neue Sounds in England. Wichtig ist es auch, trotz allem bei seinen Roots zu bleiben. Bei BAD ging es immer darum alles zu vermischen, Hip Hop Beats und Rock’n Roll Gitarren, und damit haben wir einfach weitergemacht. Wir haben einen typisch englischen Sound. Wenn man den Dreadzone Sound hört, dann merkt man einfach, dass er eigentlich nur aus England kommen kann. RootZ: Warum denn? Greg: Weil die Einflüsse
des Lebens in England in unserer Musik wiedergespiegelt werden. In England
wird man mit so vielen Einflüssen konfrontiert und die sammeln und
verarbeiten wir in unserer Musik. In einem Track haben wir zum Beispiel
einen deutschen Radiosprecher, englisch ummantelte Musik mit einer Reggae
Bassline.
RootZ: Was beschäftigt euch denn so zur Zeit? Welcher Style? Greg: Nun ja, alle möglichen
Styles, ich lege auch ziemlich viel auf, wir haben einen Club in London,
er heißt Dubwiser und dort machen wir sehr viel Dreadzone Sound,
mit einem MC und zwei DJs. Dort spielen wir ziemlich viel Deep Breakbeat,
diese Art Garage, diese gute Deep Underground Bassline Garage Musik die
es in England gibt, Hip Hop, Dope Beats, alles was gut ist, Tribal Dub
House. Einfach das Beste vom Besten. In unserem Club folgen wir immer der
Bassline, es kann eine Reggae Night werden oder auch ziemlich funkige Party
Musik...wir wollen einfach Party machen.
RootZ: Was haltet ihr denn
dann hier so vom Summer Jam Festival?
RootZ: Habt ihr auch schon in den Vereinigten Staaten gespielt? Leo: Nein, nicht mit Dreadzone,
vorher mit BAD schon, wir haben jetzt bei einer amerikanischen Firma unterschrieben,
was bedeutet, dass wir jetzt auch dort auf den Markt kommen. Wir haben
einige Tracks, die eher in Richtung Rock’n Roll gehen, die ich auch vorhin
schon einmal erwähnt habe und die haben wir eigentlich schon mit dem
amerikanischen Markt vor Augen geschrieben. Ja, wir werden in die USA gehen
und dort mit dieser Art der Mischung verschiedener Styles auf den Markt
kommen. Es ist so etwas wie Black- Rock’n Roll, mit krassem Gitarren Sound
auf heftigen Breakbeats. Das rockt.
RootZ : Und was kann man da erwarten? Welche Styles? Greg: Das können wir auch nicht so genau sagen, wenn ihr Dreadzone, Screaming Target und BAD kennt, dann werdet ihr von allen Dreien etwas auf dem neuen Album finden. Wir haben uns dieses Mal von unserer Vergangenheit inspirieren lassen, wir haben jeweils die besten Sachen mit einbezogen. RootZ: Könnt ihr etwas zu den Vocals auf dem Album sagen, wer ist dabei? Earl Sixteen? Leo: Ja, Earl Sixteen ist auch dabei, er singt einige Lieder, das ist eher die melodische Seite des Albums, auch ein wirklich schöner Disco- Dub- Track ist dabei, der als erste Single erscheinen wird, er heißt „Believing in it“ und bei diesem Track werden die Lead- Vocals von einem Mädchen gesungen. RootZ: Von wem? Leo: Sie heißt Sorel Johnson, sie ist eigentlich Schauspielerin, aber sie hat eine brilliante Stimme, ich weiß aber nicht ob sie auch live auftreten wird, wir haben auch einen MC am Start, MC Spee, um die Leute anzuheizen, dass ist zum Beispiel etwas was wir vom Soundsystem übernommen haben. RootZ: Du hast eben erwähnt, dass diese Sängerin eigentlich Schauspielerin ist, lasst ihr euch auch von Filmen inspirieren? Greg: Ja, immer. Wenn man
sich einen Film ansieht, dann ist das doch so, wie wenn er dich für
eine gewisse Zeit irgendwohin mitnimmt, das ist es auch was wir mit den
Samples erreichen möchten. Viele der Songs haben keine Vocals aber
die Samples sollen an Stelle eines Sängers stehen und ausdrücken,
was wir rüber bringen wollen. Ich würde sagen das ist ungefähr
gleichwertig. So haben wir Dreadzone angefangen, wir haben uns gedacht,
dass wir doch eigentlich keinen Sänger brauchen um Stimmungen rüber
zu bringen. Wir können das auf Drum’n Bass reduzieren.
RootZ: Was haltet ihr von anderer Dub Musik? Greg: Sie versuchen alle
innovativ zu sein, jeder versucht neue Sounds, neue Styles, die Musik ist
heute ein so weites Feld. Man kann sich nicht auf eine einzige Art der
Musik beschränken, wenn man das tut ist man wahrscheinlich nicht mehr
in der Lage weiter zu denken. Man muss experimentieren, damit man neue
Levels erreichen kann, sonst wird das auch alles langweilig, so wie bei
diesen Teenie Boy Groups. Da gibt es nichts außergewöhnliches,
aufregendes mehr.
RootZ: Seid ihr der Meinung das immer mehr Whities zu dieser Einstellung kommen, es gibt ja heute ständig neuen, weißen Reggae... Leo: Ja, das ist doch ein natürlicher Prozess, war doch beim Blues und beim Jazz genauso. Das ist ganz natürlich, es ist einfach ein neues Gebiet, dass entdeckt und weiterentwickelt wird, es ist doch gut, dass sich die Leute damit beschäftigen. RootZ: Was haltet ihr denn so von den neuen deutschen Reggae Sachen wie z. B. Seeed, Gentleman ? Greg: Ich habe von D- Flame
gehört und letztes Mal als wir hier waren habe ich mir sein Album
gekauft, ich habe ihn im Fernsehen gesehen und diese Stimme gehört
und dachte Wow, dieser Typ hat eine richtig fette Stimme und das ist deutsch,
einfach unglaublich...ich ging sofort in den Plattenladen um mir die Scheibe
zu kaufen. Es ist auch ein A- Capella Stück drauf, dass ich auf jeden
Fall sampeln will, da singt er auch ein bisschen was auf Englisch. D-Flame,
das ist so eher die Art Hip Hop Reggae Crossover. Das ist Teil des Fortschrittes
der Musik, die verschiedenen Styles werden miteinander vermischt, es gibt
so viele verschieden definierte Gebiete, aber wir mögen es wenn diese
Grenzen überschritten werden, das ist es auch was uns inspiriert.
RootZ: Was tut ihr denn sonst so, wenn ihr euch nicht gerade mit der Musik beschäftigt? Leo: Die Tage sind irgendwie viel zu kurz, wir genießen das Leben, jeden einzelnen Tag. Wir beschäftigen uns auch mit Computerzeugs, Websites, mit dem Computer kann man so viel anfangen, das Internet öffnet einem so viele Türen, es ist großartig. RootZ: Gibt es auch Neuigkeiten von Euch im Internet? Greg: Ja klar. Wir haben
ja diesen Club, Dubwiser, das wird live im Internet übertragen. Wir
machen auch regelmäßig Umfragen und so etwas, aber zuerst einmal
muss man die Leute online haben. Es ist ziemlich einfach auf unsere Seite
zu kommen, www.dreadzone.com merkt euch diese Adresse. Tim, der andere
Teil von Dreadzone mag es irgendwie nicht auf Tour zu gehen aber er beschäftigt
sich sehr viel mit dem Internet und unserer Website, er ist wohl eher der
Techniker bei uns. Er bleibt lieber zu Hause und hat auch von dort aus
am Album und an der Website gearbeitet. Auch jetzt ist er nicht dabei,
er ist in Gedanken bei uns. Wenn ihr euch damit auskennt Seiten für
das Internet zu bauen, dann solltet ihr euch unsere Seite wirklich einmal
anschauen. Wir benutzen da das neueste Zeug, bei den Graphiken und so weiter
und wenn ihr ein bisschen Ahnung davon habt, dann inspiriert euch
unsere Seite bestimmt oder vielleicht regt sie euch auch dazu an eure eigene
Website zu basteln.
RootZ: Würdet ihr Reggae mit Religion gleichsetzen? Oder ist es Teil einer Religion? Greg: Eine Religion? Also unsere Religion ist Musik. Wir haben etwas gefunden, was uns durch das Leben führt. Ja, früher als ich mir die ersten Platten gekauft habe, Bob Marley, „Natty Dread“ und so, da war es wie eine Religion für mich, ich bin sofort in die Plattenläden gerannt, wenn etwas neues veröffentlicht wurde. Und dann habe ich meine neuen Sachen gespielt und mich hingesetzt....Es ist genau so wichtig wie Religion, nicht die Hardcore Sachen von heute, aber der Conscious Reggae den es auch heute noch gibt, er ist eine Art Meditations- Musik. Ich würde sagen Reggae ist besser als die heute bestehenden Religionen, die in ihrer Form wirklich einfach nicht mehr zeitgemäß sind. Wenn wir uns eine Johnny Clarke Platte anhören und einen Spliff dazu rauchen, dann bringt uns das viel weiter. Es weist uns eine Richtung. In dieser Hinsicht bringt es uns mindestens genauso viel wie wenn wir jetzt meinetwegen nach Mekka beten würden. Reggae ist für uns schon so eine Art Hilfe, wie man sein Leben führen sollte. Auf jeden Fall kann man im Grunde nicht viel falsch machen, wenn man Reggae Musik hört. RootZ: Was haltet ihr denn so vom Musikbusiness im Allgemeinen? Leo: Es ist doch so wie in
jedem anderen Business auch, es gibt eben Leute die Geld machen wollen
und es gibt die Leute, die Musik machen wollen. Da treffen natürlich
oft zwei völlig kontroverse Ideologien aufeinander. Wir empfinden
das nicht als so schlimm, wir wollen schließlich die Leute unterhalten.
Deswegen kriegen wir doch dann keine Komplexe. Es gibt eine gesunde Pop
Musik Industrie und die Leute aus dem Untergrund treten eben auch ab und
zu mal ans Licht und schwimmen auf einer Welle mit. In England gibt es
oft recht lahmarschige Platten, aber Popmusik ist eben ähnlich wie
Soaps, was für jedermann.
RootZ: Was für ein Verhältnis habt ihr denn zu eurer Plattenfirma? Greg: Es ist ein besonderes
Verhältnis, da wir die Leute schon seit Jahren kennen. Sie stehen
auch in Verbindung mit einer amerikanischen Plattenfirma. Es könnte
gar nicht besser sein. Wir sind auch in die ganze Planung sehr integriert.
Wir sprechen alles ab und überlassen nichts allein der Plattenfirma,
wie viel wir meinetwegen für Presse oder Radio ausgeben wollen, an
wen wir uns zu Promotionzwecken wenden...Das ist eine ganz andere Art an
die Sache heranzugehen, wir stehen in engem Kontakt und entscheiden über
das Budget, alles passiert Schritt für Schritt und ich bin sehr zufrieden
mit unserem Verhältnis. Es ist jemand den wir seit 10 Jahren kennen.
Und es ist sehr gut, dass wir alles unter Kontrolle haben. Das ist wirklich
wichtig, sonst versucht dich jeder über den Tisch zu ziehen, oder
man schiebt dich in eine falsche Richtung, es ist ein Business und da sollte
man schon wachsam sein.
RootZ: Glaubt ihr, dass Reggae die Menschen vereint? Leo: Ob Reggae der beste
Weg dafür ist? Das kommt auf die Perspektive an, manche Menschen sehen
Reggae als mehr an als nur Musik, als Religion, aber letztendlich muss
sich jeder der Realität stellen. Und es gibt auch Menschen die nicht
weiterkommen. Das müssen auch wir verstehen, in England gibt es zur
Zeit zum Beispiel ziemlich viel Rassismus, die konfessionsgebundene Teilung
Irlands, darüber kann man nicht einfach so hinwegsehen. Auch wir haben
unsere Einstellung ein bisschen geändert, wir sind realistischer geworden.
Früher haben wir auch ständig „unity,unity“ gefordert, aber wir
mussten einsehen, dass es so einfach eben auch nicht funktioniert. Und
diese Tatsache sollte man auch akzeptieren, darum geht es auch in unserem
Album. Wir haben uns in den letzten 3 Jahren mit der Realität auseinandergesetzt,
also sollte man auf unserem Album auch etwas von dieser Realität finden.
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Copyright Text: Holger / Thabani / Nadine / Photos / Layout: Dr. Igüz 1998 - 2001 | ![]() |