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Interview mit Enuff
aka Pierre Baigorry von Seeed
07.09.2000 im "Pavillon" in Hannover
von Heico Stadermann

RootZ: Vielen Dank, dass du dem Internetmagazin www.RootZ.net ein Interview gewährst. 
Ihr seid eine elfköpfige Formation, das sind ja nun nicht gerade wenig Leute. Wie habt ihr elf euch zusammengefunden? 

Seeed: Wir kennen uns grösstenteils seit Schulzeiten, sind also schon länger befreundet und kennen uns durch Konzerte, Schülerband-Wettbewerbe, also Bekanntschaften, die schon in die Schulzeiten zurückreichen. Dann sind noch ein paar Leute zu uns gestossen, die bei den ersten Demos mit dabei 
waren (z.B. Alfi unser Perkussionist); das war vor drei Jahren als die Band gegründet wurde. Und wie gesagt, die anderen kennen sich eigentlich schon ziemlich lange. 

RootZ: Nun, ich denke in einer Stadt wie Berlin geht das sicher ziemlich gut, weil da viele Leute auf einem Haufen sind und man sich dadurch leichter zusammenfindet.
 


Seeed: Hm, es kann aber auch sehr schwer sein, sich zusammen zu finden, gerade weil Berlin so gross ist. Man läuft sich nun doch nicht so schnell über den Weg wie in einer kleineren Stadt. Da lernen sich Musiker, die auf dem selben Level sind sicher schneller kennen, weil es nicht so viele Orte gibt wo man auftreten kann. Bei uns ist es auch so, dass wir grösstenteils aus dem Südwesten Berlins kommen. 

RootZ: Ist auch jemand aus dem ehemaligen Ostberlin bei euch Mitglied?

Seeed: Ja, Demba, einer unserer Sänger. Aber er ist schon Mitte der 80er Jahre mit seiner Mutter nach Westberlin gekommen. 
Alfi ist mit der British Army irgendwann mal in Berlin hängengeblieben, also zu ‚alliierten Zeiten'. Jerome (unser Posaunist) stammt aus der französischen Schweiz und ist vor drei, vier Jahren eigentlich nur zum Posaune studieren nach Berlin gekommen. Alle anderen von Seeed sind gebürtige Berliner. 

RootZ: Also hat Euch das Schicksal ganz gut formiert, würde ich sagen. Seeed mit drei ‚e', also es gibt ja schon eine Band mit zwei ‚e' und deshalb das dritte ‚e', denke ich? 

Seeed: Ja, es gibt schon "Seed" oder "The Seed" mit zwei ‚e'. Unser Bandname "Seeed" war damals die Idee von Demba. Das fanden wir gut. Und damit es auch Seeed ausgesprochen wird (also schön lang) haben wir gesagt, lasst uns drei ‚e' nehmen. Das sieht auch optisch besser aus und ist sowieso ein besonderes Merkmal. 

RootZ: Und seit wann gibt es Seeed offiziell? 

Seeed: Seit 1998. 

RootZ. Ihr seid ja auch verschieden (haut)farbig, also von weiss, über braun bis schwarz. Woher kommen eigentlich eure Eltern? 

Seeed: Wie das so ist in so einer grossen Stadt, eben aus der ganzen Welt. Es wurden alle (ausser Alfi, er ist Jamaikaner) in Berlin geboren. Frank's Vater kommt aus Ghana, Demba's Vater kommt aus Guinea...
 
RootZ: ...Und du hast aber auch einen französischen Vor- und Nachnamen. 

Seeed: Ja, meine Mutter kommt aus dem französischem Baskenland. 

RootZ: Ungefähr da, wo Manu Chao auch herkommt? Ich habe gehört, dass er ein französischer Baske ist. Stimmt das? 

Seeed: Ja, er ist Baske. Die Basken selbst machen da nicht so einen grossen Unterschied zwischen französischen und spanischen Basken. Aber das zu erklären würde jetzt zu weit führen. Also er (bzw. seine Eltern) kommt aus dem spanischen Baskenland. Er ist aber (soviel ich weiss) in Paris aufgewachsen. 

RootZ. "Seed" bedeutet ja soviel wie Samen, Saat, Obstkern. Wie kann man euer "Seeed" übersetzen? 

Seeed: Alle Übersetzungen passen: Samen, Saatgut, Saat usw. 

RootZ: Ihr seid auf der Bühne immer fein angezogen und auch auf den Pressefotos tragt ihr immer einen edlen Zwirn. Orientiert ihr euch da irgendwie an Linton Kwesi Johnson, oder wie kommt es, das ihr euch immer in feinen Stoff schmeisst? 

Seeed: Das ist einfach die Lust darauf, sich so anzuziehen. Es gibt ein paar von uns, die ziehen auch sonst gerne Anzüge an. Ich weiss nicht, es macht einfach was her. Wir fanden das einfach gut mit diesem Nadelstreif-Look. Es unterstreicht aber auch das Bühnenbild so'n bisschen und es sieht schon 
geil aus, wenn fast alle Leute von uns in Anzügen auftreten. Und es ist auch nicht gerade das, was man bei der Musik die wir machen, erwartet. Wir wollen auch einen Unterschied zu anderen Leuten machen.
Ich finde auch, dass Linton Kwesi Johnson geil aussieht auf der Bühne, so mit seinem Hut und seinen Suit. 

RootZ: Habt ihr mit eurem ersten Album "New Dubby Conquerors" schon internationale Erfolge, ich meine: ist jemand aus dem Ausland auf euch aufmerksam geworden? 



Seeed: Also nicht wirklich, das Album ist Ende Mai 2000 herausgekommen. Wir spielen nun auch in Österreich und der Schweiz. Es gibt Kontakte nach Frankreich und im Rahmen unserer Herbsttour spielen wir auch in Amsterdam und vielleicht nächstes Jahr in Roskilde (DK). Also wir haben schon vor, uns auch auf das Ausland auszudehnen, denn es gibt ja nichts Schöneres als wenn man mit seiner Band auch in andere Länder fährt und da Musik macht. Aber es ist nicht so, dass sich das Ausland um uns reisst. Es gibt ja immer noch genug Leute in Deutschland, die noch nie von uns gehört haben, d.h. wir sind immer noch am Anfang. 
 

RootZ: Nun, das Album ist ja noch nicht so lange raus und da nehme ich an, dass so bald kein neues Album geplant ist, oder?

Seeed: Doch, klar. Das nächste Album ist schon geplant. Das dauert ja auch immer ziemlich lange so ein Album aufzunehmen - jedenfalls bei uns. Es gibt auch Leute, die nehmen ein Album in drei Tagen auf, das ist auch cool...

RootZ: ...aber da könnte es passieren, dass die Qualität darunter leidet... 

Seeed: Das würde ich nicht sagen. Kommt drauf an, was das für Musik ist, aber bei uns ist es so, dass wir Wert auf eine ausgefeilte Produktion legen, oder wir sind vielleicht einfach nur langsam - wie man's nimmt. Also früher, so eine Rock'n'Roll- , Blues- oder Jazz-Scheibe - das wurde in zwei bis drei Tagen aufgenommen und das war auch keine schlechte Musik. 

RootZ: Habt ihr eigentlich musikalische Vorbilder an denen ihr euch orientiert oder irgendwelche ‚favourite Artists'? 

Seeed: Also bei elf Leuten ist es schwierig sich auf ein paar ‚Artists' festzulegen. Da hat schon jeder seine eigenen ‚favourite Artists'. Sagen wir es mal so: Es ist Reggae im allgemeinen, den wir alle mögen und der uns verbindet. Einer steht mehr auf die ‚rootsigen' Sachen und ein Anderer ist mehr Dancehall-Fan. Es gibt auch Leute, die sind eher mit Rock aufgewachsen, oder mit Hip Hop, so wie unser DJ Illvibe. 

RootZ. Versucht ihr in eure Musik alles ein bisschen mit einfliessen zu lassen, oder gibt es da eine dominante Person, die sagt in welche Richtung es geht? 
 
Seeed: Also wir probieren jetzt nicht absichtlich irgendwas mit einfliessen zu lassen. Natürlich kommt in der Musik die man macht, immer das zum Vorschein was einen geprägt hat. Uns wurde auch von verschiedenen Leuten schon gesagt: "Ja also, ich finde das ‚rockt' irgendwie bei euren Live-Auftritten". Das liegt wahrscheinlich auch daran, dass einige von uns früher auch Led Zeppelin oder AC DC gehört haben. Aber das sind, bzw. waren auch Bands die ‚gegroovd' haben. Also uns ist es auf jeden Fall wichtig, dass es ‚groovd' und dass es tanzbar ist... 

RootZ: ...und den Leuten gefällt. 

Seeed: ...Naja, erst mal muss es uns gefallen, und wenn es elf Leuten gefällt und die sich darauf einigen können, dann ist eigentlich schon mal gewährleistet  (wenn man nicht alles falsch gemacht hat), dass es auch vielen anderen Leuten gefällt. 

RootZ: Ja, das war's dann soweit, und hab noch mal vielen Dank für das Interview. 



Copyright Text / Bilder: Heico Stadermann /  Layout: Doc Highüz 2002 Zum Seitenanfang