Interview mit Don Abi

Interview
mit

Don
Abi

per Mail 02.2002

RootZ: Man kennt Dich von
B.A.N.T.U. und Brothers Keepers. Gib dem Leser bitte einen kurzen Überblick
über Dein gesamtes musikalisches Leben.

Don Abi: Schon Anfang der
90er, nach meiner Ankunft aus Nigeria, habe ich meine ersten musikalischen
Schritte mit diversen Soundsystems und Hip Hop Crews unternommen. In der
Anfangszeit waren das hauptsächlich Gastauftritte bei verschiedenen
Dances hier in Köln, bevor ich dann 1994 mit meiner ersten 7inch “Criminaltiy
No Pay” auf mich selbst aufmerksam gemacht habe. Im gleichen Jahr ist auch
neben ein paar Songs auf diversen Dancehall Samplern (Di Iries/Vibe Tribe)
der Song “Keep Your Soul Together” mit der Jazzlegende Marceo Parker erschienen.
Im ahr 1995 folgten dann zwei Songs mit Weep Not Child, die auf deren Album
“Liberation Thru Lyrics And Music” veröffentlicht worden sind. 

 

Etwa zwei Jahre später
(1997/1998) hat mein Bruder Ade, der auch der damalige Kopf von Weep Not
Child war, zusammen mit Amaechinna, Patrice und mir die Band B.A.N.T.U.
gegründet. Das Ziel war, unsere eigene Vision von Reggae und Afrofunk
zu verfolgen. Nach diversen kleineren und größeren Erfolgen
im Ausland habe ich dann im Jahr 2000 mit Patrice den Song “Life Hard”
für sein Debut-Album “Ancient Spirit”  aufgenommen.

Im vergangenen Jahr folgte
dann mein Beitrag zu der Brothers Keepers Single “Adriano – Letzte Warnung”
– die inzwischen wohl allen bekannt ist – bzw. dem Album “Lightkultur”
abgeliefert und einen weiteren Song mit dem Namen “Morning Gospel” 
hab ich zum Album der Hip-Hopper Beatboxing Vol. 1.0 “The Mystery Of Beatboxing”
beigesteuert.

Neben den ganzen Gastauftritten
in den letzten Jahren habe ich allerdings kontinuierlich mein eigenes Repertoire
aufgebaut, Songs gesammelt und jetzt als ersten Vorgeschmack meine neue
7inch “Girl You Look So Good” auf einem eigenen Label, 96° RECORDINGS,
veröffentlicht.

Wer sich ein komplettes Bild
von meinen bisherigen Veröffentlichungen machen möchte, kann
gerne auf meiner Webpage www.donabi.com unter dem Button “Discography”
nachschauen.

RootZ: Brothers Keeper hat
mit Adriano echte Furore gemacht (glücklicherweise). Wie ist die Idee
entstanden über diesen Mord einen Song zu machen?

Don Abi: Das Brothers Keepers
Projekt wurde von meinem Bruder Ade ins Leben gerufen. Er verarbeitet bei
all seinen bzw. unseren Projekten, sei es Weep Not Child oder Bantu, immer
global- olitische Aspekte. Leider war dieser politische Aspekt in Verbindung
mit Musik vielen Leuten, gerade hier in Deutschland, für lange Zeit
zu anstrengend – das hat es ziemlich erschwert, in der kommerziellen Szene
Gehör zu finden. Mit der Realisierung des Brothers Keepers Projektes
ist also auch ein kleiner Traum meines Bruders in Erfüllung gegangen.
Wer den Werdegang meines Bruders auch nur ein bisschen mitverfolgt hat,
weiß, dass da etliche Jahre konzeptioneller Vorbereitung drinstecken.
Der unmittelbare Auslöser für Brothers Keepers war aber der feige
Mord an dem afrikanischen Familien-Vater Adriano. Sicherlich nicht der
erste dieser Art, aber als die Nachricht damals über die Medien verbreitet
worden ist war für uns einfach das Maß voll. 





Wir wollten ein Statement
zu diesem Verbrechen bzw. zum alltäglichen und institutionellen Rassismus
abgeben, mit dem wir als “nicht offensichtlich-deutsche” jeden Tag konfrontiert
werden. Schließlich haben wir als Künstler durch die Medienpräsenz
ein große Reichweite und damit auch die Möglichkeit, das Thema
Rassismus zumindest eine zeitlang zur bundesweiten Diskussion zu machen.

Die Grundidee war damals,
die stetig steigende Popularität afro-deutscher Künstler zu nutzen,
um auf die gesellschaftlichen Probleme innerhalb der deutschen Bevölkerung
hinzuweisen und über unsere Belange als Minderheit zu berichten. Wir
wollten durch unsere Arbeit Opferhilfe leisten und in die Offensive gehen.
Durch den Erfolg werden nun unsere konkreten politischen Forderungen endlich
auch wirklich ernst genommen.

RootZ: Mittlerweile gibt
es in D eine Menge “Afrodeutsche”. Viele davon sind im Entertainment Bizz.
Wie sieht es denn bei diesen KollegInnen mit politischer Betätigung,
bzw. als Racism Watchdog aus?

Don Abi: Insgesamt möchte
ich dieses Thema gar nicht so sehr an die große Glocke hängen.
Viele von den sogenannten Afro-Deutschen wollen einfach nur ein produktiver
Teil dieser Gesellschaft sein und sich mit Ihren ganz eigenen Facetten
verwirklichen. Ich finde es ist fatal immer nur bestimmte Klischees zu
bedienen. Jeder einzelne sollte die Chance haben seinen eigenen Weg zu
gehen, und zwar ohne den Drang zu verpflichtenden Aussagen zu spüren,
nur weil er ein Afro-Deutscher ist. Ich persönlich versuche einen
menschlichen, spirituellen Ansatz zu leben und sehe meine Musik als Vehikel
um in Kommunikation mit Gott und mit der Welt zu treten.

RootZ: Du hast mit “Girl
You Look So Good” einen ersten Einblick in Dein derzeitiges Projekt eines
Longplayers gegeben. Da hört man nichts Politisches raus. Was kann
man inhaltlich sowie stylistisch von den anderen Tunes erwarten?

Don Abi: Wieso hörst
Du nichts politisches aus dem Tune heraus – nur weil ich oberflächlich
gesehen keine politischen Statements von mir gebe? Ich bin der Auffassung,
dass das Leben genug Politik ist. In dem Song “Girl You Look So Good” geht
es um eine bestimmte Frau, die mein Leben bereichert und der ich durch
diesen Song Respekt und Liebe zeige. Ich bezeichne so

etwas, auf meinen eigenen
kleinen Mikrokosmos bezogen, auch als politisch. Generell empfinde ich
meine Musik aus einem spirituellen Kontext heraus. In ihr spiegelt sich
die Vielfältigkeit meines Universums wieder – wenn Du Politik in meinen
Songs suchst, dann wirst Du sie auch finden. Mein Album wird sehr persönlich,
aber dennoch universal sein und sich mit verschiedenen Themen auseinandersetzen,
die keine Grenzen kennen, wie zum Beispiel Gott, universelle Liebe, aber
auch Leben und Tod.

RootZ: Wie entstehen die
Tunes und Texte und wie werden sie dann zu fertigen Songs umgesetzt?

Don Abi: Die Songs entstehen
aus dem Moment heraus. Es sind meistens Erfahrungen und Gefühle, die
aus mir heraussprudeln. Ich kann es nicht steuern. Im Nachhinein suche
ich dann, zusammen mit meinem Produzenten-Team Gazou, die Melodien, die
den Inhalt der Texte auch musikalisch darstellen können. Wenn das
erreicht ist, treten Text und Musik in eine Symbiose, unterstützen
sich gegenseitig und können das Gefühl des gesamten Songs noch
stärker transportieren.

Glücklicherweise macht
sich bei so etwas die jahrelange Übung sehr stark bemerkbar und ich
kann sagen, dass ich dadurch an Originalität gewonnen habe. Es ist
wie ein Handwerk, dass man perfekt beherrschen muss. Insgesamt habe ich
zum produzieren meiner Songs keine großartigen Studios bzw. Budgets
– dafür aber dank Jah einen Haufen Inspiration!

 





RootZ: Zeigt die Musikindustrie
Interesse an der Scheibe und wie sind Deine bisherigen Erfahrungen mit
den Leuten allgemein? 

Don Abi: Die Musikindustrie
zeigt schon längere Zeit Interesse an meiner Musik, aber in der Vergangenheit
ist es des öfteren vorgekommen, dass meine Songs nicht “…in ihr
Repertoire…” gepasst haben. Sie wird sich aber zwangsläufig mit
mir und meinen Songs auseinandersetzen müssen, da sie sich in den
letzten Jahren zu sehr auf ihren Lorbeeren ausgeruht hat. Insgesamt versuchen
wir aber einen unabhängigen Ansatz zu verfolgen, um uns so die gewisse
Freiheit, die wir zum Arbeiten brauchen, zu verschaffen. Ich denke aber
auch, dass die Musikindustrie langsam reif genug wird, einen Artist wie
mich zu signen, da sie mit Ihren kommerziellen Eintagsfliegen immer öfter
auf die Schnauze  fallen.

In Bezug auf meine aktuelle
7inch “Girl You Look So Good” kann man definitiv sagen, dass die Musikbranche
extrem gut und viel besser als erwartet auf meine Musik reagiert. Der Tune
wurde schon in diversen Magazinen, wie Breakbeat, MKII, Piranha, RootZ
u.v.m.  vorgestellt – selbst die Bravo hatte den Drang darüber
zu schreiben… Auch radiomäßig ist der Song nicht nur in speziellen
Hip Hop-/Reggae-/Dancehall-Sendungen, sondern auch bei so großen,
genre-übergreifenden Radiostationen, wie Eins Live mehrmals vorgestellt
worden.

Die genauen Reaktionen der
Branche und Updates kann man aber auf meiner Page unter dem

Button “Response” abrufen. 

RootZ: Wer arbeitet daran
mit und wann wird der Longplayer erscheinen?

Don Abi: Ich habe ein starkes
Produzenten-Team namens Gazou, das für mich eigentlich alle Tracks
produziert. Außerdem probe ich gerade mit meiner Band um meine Ideen 
auch live umsetzen zu können.

Mein Album soll im Herbst
diesen Jahres erscheinen – aber vorher wird es, neben meiner aktuellen
7inch “Girl You Look So Good”, noch einen Song geben: Der Titel heißt
“Firefighter” und wird auf der kommenden Riddim CD-Beilage erscheinen.
Aller Voraussicht nach wird es dann zum Sommer hin noch eine zweite offizielle
Single geben – zu welchem Zeitpunkt und mit welchem Marketingaufkommen
hängt ein bisschen davon ab, wie unsere kommenden Gespräche mit
möglichen Vertrieben verlaufen. Sicher ist aber, dass ich aufgrund
des starken musikalischen Interesses da draußen, den Leuten einen
weiteren Song anbieten möchte, damit sie sich auf den ganz speziellen
Vibe meines kommenden Albums vorbereiten können.

RootZ: Wie siehst Du die
deutsche Szene in Bezug auf Reggae und Dancehall?

Don Abi: Die deutsche Reggae-
und Dancehall Szene hat sich in den letzten Jahren stark und konstant entwickelt.
Trotz der immer besser werdenden Qualität ist sie leider noch 
nicht groß genug um kommerzielle Ansprüche zu stellen, wie etwa
die deutsche Hip Hop Szene. Ich denke aber, dass wir da gemeinsam auf dem
richtigen Weg sind.

RootZ: Welche Kollegen sind
maßgeblich an dem bisherigen Erfolg von Reggae in D beteiligt und
welche verdienen shoutouts?

Don Abi: Alle, die diese
Musik auf Ihre Art und Weise ehrlich promotet und konsumiert haben. Reggae
ist spirituelle Musik, die sich in den letzten Jahrzehnten auch hierzulande
in verschiedene Richtungen entwickelt hat und in den letzten Jahren ja
sogar in die deutschsprachige Version des Reggae, expandiert ist. Das ist
sehr gut so, zumindest solange die Leute dabei immer die Roots dieser Musik
respektieren und die Stilrichtung auf diese Art weiterentwickeln. Alles
in allem kann aber keiner auf dieser Welt Bob Marley seine Funktion als
Botschafter des Reggae absprechen. Seiner Arbeit ist es zu verdanken, dass
die Erfolgskurve des Reggae seit den frühen Achtzigern -auch in Deutschland-
langsam aber kontinuierlich nach oben geht. 

RootZ: Eine Message für
die RootZ LeserInnen.

Don Abi: Stay true to Jah-Game!

RootZ. Thanx for the interview. 


Copyright: Doc Highüz
2002
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