Interview mit El Criminal

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Interview
mit El Criminal 


von Caramelo Criminal
/ Raggabund

Das Gespräch führte
Lukas Schäfer


in  El Criminals Wohnung in Köln
im Oktober 2004 

Ein neues Zuckerstückchen
für alle Freunde tiefgründiger und dennoch


mitreißender Sounds
und Tunes, ein privat-persönliches Interview mit dem


27jährigen El Criminal,
der zusammen mit seinem Bruder


Don Caramelo und dem ehemaligen
Silly Walks


Movement-DJ Lobstar (auch
bei Les Babacools) bereits seit Jahren


unter dem Synonym “Raggabund”
in der deutschen Dancehall- und Reggaeszene


mitmischt und nun -ebenfalls
gemeinsam mit seinem Bruder- sein erstes


spanisches Album “Caramelo
& Criminal : Caramelo Criminal” auf den Markt


bringt. 

Wir trafen uns an einem
windigen Herbsttag in seiner Wohnung im Süden Kölns


und starteten nach einer
netten Unterhaltung über Hartz IV und Abtreibung


sowie einer Tasse leckeren
Tees das folgende RootZ.net-Interview :

RootZ.net: Erst einmal Danke
für deine Einladung hier zu dir in die Wohnung. Ihr


beide, Du und Don Caramelo,
seid ja zwei Brüder. Wo seid ihr geboren und


wer ist der ältere
von Euch?

El Criminal: Unsere Eltern
kommen aus Lateinamerika. Meine Mutter ist


Peruanerin, mein Vater hat
paraguayische, aber auch deutsche Vorfahren. Ich


selbst wurde in Argentinien
geboren. Mein Bruder, der 2 Jahre älter als ich


ist, kam hier in Deutschland
zur Welt. Wir waren aber die erste Jahre


unseres Lebens zusammen
in Lateinamerika unterwegs.

RootZ.net: Ihr wohnt in zwei
verschiedenen Städten (München / Köln), warum habt


ihr euch für diese
beiden Orte entschieden? Und warum wohnt ihr nicht in der


selben Gegend?

El Criminal: Für München,
wo ich die meiste Zeit meines Lebens gewohnt


habe, haben wir uns eigentlich
nicht entschieden sondern haben durch den Job


meines Vaters seit unserer
Kindheit praktisch zwangsweise dort gelebt. Als


ich älter wurde wollte
ich raus aus München und hatte zuerst vor, nach


Berlin zu ziehen. Doch da
ich an der Kölner Universität meinen Studiengang


Regionalwissenschaften Lateinamerika
gefunden habe, hat es mich hierher


verschlagen. (lacht) 

RootZ.net: Ist es denn nicht
schwer, zusammen Musik zu machen, wenn man so weit


voneinander entfernt lebt?

El Criminal: Nun ja, es ist
schon etwas komplizierter als wenn man direkt


nebenan wohnt, aber dank
Telefon, Internet und den vielen gemeinsamen


Abenden – wir sehen uns
fast 2 mal die Woche – funktioniert das schon


irgendwie. Dennoch kommt
es durch die Distanz dazu, dass wir, wenn wir


alleine sind, oft Solostücke
komponieren wie man z.B. auf unserer


Raggabund-Scheibe “Erste
Welt” merkt.

RootZ.net: Seit wann macht
ihr überhaupt (gemeinsam) Musik ?

El Criminal: Eigentlich machen
wir schon immer “Mucke“. Wir kommen ja auch


aus einer sehr musikalischen
Familie, mein Vater spielt Gitarre und meine


Mutter singt fantastisch.
Mein Bruder, der mich schon seitdem ich klein


bin inspiriert hat, fing
irgendwann an, mit dem Kassettenrecorder herum zu


experimentieren und versuchte,
neue Töne und Rhythmen zu erzeugen. Später kam


er zum Hip Hop und startete
mit den “Les Babacools”. Ich selbst bin erst über


eine Punk- und eine Rockband
zum Reggae gekommen, obwohl ich natürlich schon


immer lateinamerikanische
Gitarrenstücke, wie wir sie ja auch jetzt zum Teil


verwenden, geliebt und gespielt
habe. 

RootZ.net: Mal ganz abstrakt,
was verstehst Du unter Musik im Allgemeinen?

El Criminal: Sie ist meine
Liebe. Sie ist für mich ein Medium, das immer


in irgendeiner Weise eine
Message rüberbringt und mich fasziniert der


Gedanke, durch sie anderen
Menschen etwas erzählen zu können. Darüber hinaus


ist sie natürlich eine
Emotionsquelle sonder gleichen. 

RootZ.net: Wie würdest
du eure neue Platte beschreiben ?

EL CRIMINAL : Auch wenn ich
mich nicht gerne festlege, würde ich sagen, dass


unser neues Album, in das
wir alle wirklich viel rein gesteckt haben, eine


ehrliche, lebensbeeinflusste
und auch vielseitige Platte ist ,die sowohl


conscious lyrics und ironische
Texte über das Leben und unsere Gesellschaft,


als auch fröhliche
und aufmunternde Tunes enthält. 

RootZ.net: Ihr tretet unter
verschiedenen Synonymen auf, was hat es damit auf


sich und wie kamt ihr auf
die jeweiligen Namen?

EL CRIMINAL : Der Name Don
Caramelo stammt noch aus der Hip Hop-Zeit meines


Bruders. Er sang damals
dauernd das Lied “El Caramelo”, was soviel wie


Karamell-Bonbon heißt,
von dem Panameischen Raggamuffin-Artist El General.


Seitdem nannten ihn alle
Caramelo. Bei mir ist das ganze etwas ernster, denn


wie man sich vielleicht
schon denken kann, hat El Criminal nicht unbedingt


etwas gutes zu bedeuten.
Ich hatte leider schon seit meiner frühen Jugend


immer wieder Stress mit
der Münchener Polizei und wegen den ständigen


Bagatellen, den Hausdurchsuchungen
und dem ganzen “Bullshit” von damals


hatte ich dann auch irgendwann
meinen Namen weg. (lacht)


Raggabund war eigentlich
von Anfang an als rein deutschsprachiges


Reggaeprojekt geplant und
konnte mit Hilfe von Rumford Music aus München


glücklicherweise verwirklicht
werden. Live performten wir dann dennoch oft


auch unsere spanischen Lieder.
Nachdem wir die sehr positive Resonanz des


Publikums zu diesen Tunes
erfahren hatten, haben wir uns entschieden von nun


an zweigleisig zu fahren
und alles deutsche wie gewohnt über das Projekt


Raggabund, alles spanische
aber von nun an als Caramelo-Criminal getrennt


laufen zu lassen. 

RootZ.net: Singst du lieber
auf Spanisch oder auf Deutsch? 

EL CRIMINAL : Oh, dass ist
schwer zu sagen. Eigentlich habe ich das


Spanische natürlich
mehr im Blut und habe es auch schon immer gerne gesungen


und gesprochen. Aber irgendwann
nervt es, wenn du stolz über einen neuen


Text bist und damit ja auch
was bewirken willst, aber dich keiner von deinen


Kollegen hier in Deutschland
versteht. Da war die Zeit gekommen, in der wir


mit Raggabund starteten
und ich habe es bis heute nicht bereut. Wenn ich


einen wirklich guten, deutschen
Text schreibe, bin ich sogar manchmal noch


etwas stolzer. (grinst)

ROOTZ : Eure Lyrics enthalten
viel Kritik am bestehenden System und klagen


die hiesigen Probleme an,
was habt ihr am stärksten zu bemängeln?

EL CRIMINAL : Unser System
und die hiesige Gesellschaft sind einfach nicht


menschenfreundlich. 

Es tut mir weh sehen zu
müssen, dass Leute, die hierhin kommen weil sie nur


hier Möglichkeiten
für ein weiteres Leben sehen, in der Illegalität, d.h.


ohne jegliche Rechte, leben
müssen. 


Allein die Tatsache, dass
ein Mensch ist illegal sein kann, ist krank. 


Die globale Unausgeglichenheit,
das Abschotten und Sich-einmauern der


reichen, westlichen Länder
und die indirekte Förderung der macht- und


geldgierigen Eliten der
einzelnen 3.Weltländer durch unsere Politiker und


Konzerne sind zwar alles
sehr komplexe, aber halt auch sehr wichtige Themen,


über die sich eigentlich
jeder im Klaren sein sollte. 

ROOTZ : Wie sieht deiner
Meinung nach sinnvolle Lösungsansätze aus und


welche Rolle spielt die
Musik dabei?

EL CRIMINAL : Natürlich
kenne ich keine allumfassende, globalgültige Lösung


mit der sich jedes Problem
beheben läßt. Dennoch heißt der einzige Weg, der


uns zu Fairness und Frieden
führen wird, Liebe. Wirklich Liebe. Wenn Du es


schaffst, Liebe für
jeden einzelnen Menschen zu spüren und jeden in seiner


Art und mit seinen Macken
respektierst und lieben lernst, offen auf Menschen


zugehst, einfach etwas Positives
ausstrahlst und die Liebe lebst, dann


werden auch bald mehr Menschen
deine Richtung einschlagen. Denn jede


Entwicklung startet im Kleinen,
innerhalb deiner Partnerschaft, deiner


Familie oder deines Freundeskreises.
Wenn Du einem Menschen etwas gibst,


wird auch er etwas weitergeben. 

Jedenfalls ist die Liebe
das einzige Ziel, das einzig Wichtige im Leben, da


sie das einzig Wahre ist.

ROOTZ : Hast du Idole, sowohl
musikalisch als auch sagen wir mal


philosophisch, die dich
auf deinem Weg Kraft geben und euch anspornen ?

El Criminal: Eigentlich haben
mich unzählige verschiedene Tunes von


unzähligen verschiedenen
Artists in einer gewissen Weise inspiriert und mich


durch mein Leben begleitet,
besonders möchte ich aber Manu Chao bzw. seine


Band Mano Negra erwähnen,
weil er wirklich ein Künstler ist, der das, was


er fühlt, schildert,
einfach seine Musik lebt und immer andere Musiker


unterstützt und ihnen
hilft. Außerdem finde ich natürlich deutsche Artists


wie Gentleman, mit dem wir
vor 2 Jahren bereits einmal auf Tour waren oder


DJ Lobstar von Silly Walks
Movement, der auch bei Raggabund mitmacht und


einfach ein musikalischen
Allround-Talent ist, bereichernd und anspornend


zugleich. 

Im ideologischen und spirituellen
Sinne würde ich jetzt Jesus und Gandhi als


meine Idole bezeichnen,
da ich sie als Leitbilder meines Handels und


Verhaltens betrachte. 

ROOTZ : Gesetz dem Fall,
ihr würdet auf eine einsame Insel reisen, welche 3


Sachen dürften auf
keinen Fall fehlen?

EL CRIMINAL : Meine Frau,
meine Gitarre und mein Aufnahmegerät. 


(Die Reihenfolge wurde aus
Rücksicht auf seine Freundin geändert. Anm. d.


Red.)

RootZ.net: Und welche 3 Alben
würdest Du dort am meisten vermissen ?

El Criminal: (nach kurzer
Denkpause) Wahrscheinlich 3


MP3-DVD-Supersammlungen
mit allen Songs die ich habe. Ich kann mich da echt


nicht auf 3 konkrete Platten
festlegen. (lacht)

RootZ.net: Wann und wo kann
man euch live performen sehen?

El Criminal: Neben der aktuellen
Caramelo Crimnal-Tour jetzt im Oktober und


November, gebe ich ab und
zu mit einem befreundeten DJ zusammen unserer


kostenlosen “Clan Destino”-Parties
im Shiva in der Kyffhäuserstra?e in Köln,


und ganz aktuell ist am
03.12. Im Tsunami in Köln ein Raggabund Meets


Caramelo Criminal Konzert,
also ein Mix von unseren deutschen und spanischen


Songs. 

Zusätzlich gibt’s jeden
letzten Samstag im Monat Funk, Hip Hop und Reggae im


ARTheater in Köln mit
der UPS-Crew.

RootZ.net: Auch eure Platte
“CarameloCriminal” kommt im Oktober auf den Markt.


Wie lange habt ihr an den
Aufnahmen gearbeitet?

EL CRIMINAL : Bis auf einige
Lieder wie “Que Sera” und “Dime” die ja schon


etwas ?lter sind, haben
wir, also unser treuer Freund (…..) DJ Lobstar,


mein Bruder und ich, alles
zwischen Januar und Juli aufgenommen und


produziert. Nat?rlich nicht
an einem St?ck. (lacht)

ROOTZ : Zu guter Letzt, wie
stellt ihr euch einen Tag eures Lebens in, sagen


wir mal, 30 Jahren vor ? 

El Criminal: Ich will in
30 Jahren auf jeden Fall Kinder -um so mehr um so


besser – haben und wenn
möglich, wäre es spitze dann auch schon Enkel am


Start zu haben. Eine glückliche
Familie ist jedenfalls definitiv mein


Hauptziel. Ich möchte
da wohnen, wo die Liebe mich hinführt, wäre natürlich


schön, wenn das irgendwo
in Lateinamerika oder der Karibik wäre. (lacht)


Und noch was: auch meine
Gitarre will ich noch nicht verbannt haben.

ROOTZ : Dank dir für
das nette Interview und eine aufgeschlossenen


Antworten, es hat Spaß
gemacht, sich mit dir zu unterhalten. Noch ein


letztes Statement zum Schluss?

El Criminal: Verkauft euch
nicht!

F?r mehr Infos, Konzerttermine,
Videostreams und kostenlose Songproben


checkt www.caramelocriminal.com
oder www.raggabund.de .


Copyright Text: Luke
Schäfer / Layout: Doc Highgoods 2005
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