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Wer
den Kölner Tanzbrunnen, gelegen im Rheinpark, direkt an den Ufern
des großen, braunen Flusses, von früher her kennt, wird zunächst
einmal einen kleinen Schock bekommen haben: War das Gelände früher
gepflegt und durch Beete und andere Arrangements für die Optik eine
wahre Augenweide, fallen dem Besucher heute zunächst die Lücken
in der Bestuhlung (was an Sitzmöbeln noch vorhanden ist, verschwindet
unter einer schmuddeligen Rostschicht) und der im Allgemeinen vorhandene
Zustand des Rottens auf. Hoffentlich ändert sich das mit dem neuen
Betreiber, der das Gelände vor Kurzem übernommen hat.
Aber jetzt zum Festival: Nicht nur die angekündigten drei, sondern sogar vier Bands bestritten das Programm, das relativ pünktlich mit der nicht im Programm erwähnten Kölner Multikulticombo Weep not Child eröffnet wurde. Fette Hip Hop Beats und relaxte Reggae Rhythmen, begleitet von urbanen Raps und Gesängen aus abwechselnd weiblicher und männlicher Kehle erwiesen sich als der ideale Opener für das musikalisch verwöhnte Publikum aus Köln.
Aber dann ging es los mit "Weltmusik", ein Begriff, mit dem ich bis heute noch Probleme habe, halt Ethnobeats, oder wie immer man den Sound aus den weniger kommerziell erschlossenen und verdorbenen Winkeln dieses Planeten bezeichnen soll. Schon seit über zwei Jahrzehnten im Geschäft, arbeitete Salif Keita sich über die "Rail Band" und die "Ambassadeurs" an die Spitze der afrikanischen Musik. Seine heutige Band ist die Symbiose aus seinen zwei Heimaten: Mali und Paris. So spielt ein französischer Keyboarder an der Seite eines Meisters der Kora, wie man ein westafrikanisches Instrument, ähnlich einer Harfe, nennt. Diese Begegnungen reflektieren sich auch in der Musik von Salif. Nachdem seine vergangenen Studioprojekte sehr sphärisch und trotz seiner hervorragenden Stimme teils auch sehr instrumentenlastig waren, lieferte er im Tanzbrunnen eine sehr rootsige, vom Afropop der Gegenwart geprägte Aufführung, ein Stil, der eher zu ihm paßt, als seine vorigen elektronischen Eskapaden.
Sprung über den großen Teich zu Salif Keitas eventuellen und nach dort verschleppten Vorfahren: Die Gruppe Olodum aus Bahia, Brasilien schlugen ihre massenhaft mitgebrachten Trommeln. Bei dieser Band darf mensch nicht den Fehler machen und sich ihren Sound nur anhören, das wäre zu einseitig. Die Aufführungen sind gleichzeitig immer ein Augenschmaus, wenn synchron bis zu zwanzig Leute die Felle auf ihren Trommeln und die Trommelfelle der Zuschauer zum schwingen bringen. Da werden die Trommeln jongliert und durch die Luft geschleudert, es wird getanzt und mit dem Publikum gefeixt. So kann man sich einen Vorgeschmack auf den sagenumwobenen Karneval in Bahia einfangen.
Höhepunkt
des Tages waren ohne Diskussion die Afro Cuban Allstars von der Insel der
edlen, dicken, unsäglich teuren Luftverschmutzer namens Zigarren.
Trotz widriger politischer Umstände hat diese Band es unter Anderem
dem Künstler "Ry Cooder" aus den U.S.A. zu verdanken, daß
sie mit ihrer Musik heute solche internationalen Erfolge feiert. Aber das
ist nur ein Teil der Geschichte: Wer die Allstars live auf der Bühne
gesehen hat, ob jetzt mit oder ohne den Piqanisten Rubén Gonzáles,
weiß, daß es hauptsächlich die phantastische Art der Künstler,
ihre Musik zu interpretieren und rüberzubringen ist, die das Publikum
fast hysterisch werden läßt. Und dabei ist es noch nicht einmal
Gegenwartsmusik, sondern eine Retrospektive von den Vierziger Jahren bis
heute, die das Publikum zum Kochen bringt.
Beim Veranstalter Misereor, der mit diesem Festival offensichtlich eine andere Art der Kooperation in der Entwicklungshilfe und Völkerverständigung beschreitet, wird nach dem überraschenden Erfolg darüber nachgedacht, ob "1000 Beats für eine Welt" zu einer festen Einrichtung werden kann. Das Publikum würde sich freuen und man kann davon ausgehen, daß eine solche Veranstaltung für das gegenseitige Verständnis von Leuten aus verschiedene Kontinenten mehr gebracht hat, als das Gelaber von tausend Politikern.