RootZ Musik – Musikfeature – Moneypulation, oder wie man einen Hit macht – Die Sean Paul Story



 

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Musik
 

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Feature


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Moneypulation,
oder 


wie
man einen Hit macht

Ich habe ja schon davon gehört,
daß das Musikbizz ein ganz versautes ist, habe schließlich
fast 10 Jahre bei VIVA gearbeitet und da so einiges mitbekommen. Zugegebenerweise
habe ich es auch geschafft, da machmal etwas Underground aus dem Bereich
Reggae unterzubringen, bspw. Perry’s Video aus dem 2000er Album “Techno
Party”. So etwas war aber eher die absolute Ausnahme. 


 

Passender zu
diesem Sender ist da schon eher die folgende Story zu Sean Paul’s Durchbruchswerk
“Dutty Rock”. Fragt mich nicht mehr, wie die Singleauskoppelung hieß,
die mir ein Kollege von einer kleinen Promofirma im Ruhrpott nach VIVA
geschickt hatte, um die Kopien des Videos auf die “richtigen” Schreibtische
und damit zur Wirkung zu bringen. Zum Hintergrund: derzeit war das Album
noch unter Lizenz von VP Records, einem Indie, der auf Jamaika und den
USA operiert, und die mich bemusternde Ruhrpottfirma deren Promoagent für
Deutschland. 

 Vom VIVA-Musikmanagement,
zuständig für die Bestückung des Bunte-Bilder-Programms
mit Videoclips, hieß es fast entsetzt: “Das ist ja Dancehall, für
uns kein Thema”. Auch Diskussionen darüber, was denn die Musik von
Seeed sei, die in dem Programm rauf und runter liefen, seit sie das “Dicke
B” gebracht hatten. Der Clip wurde nicht ein einziges Mal gespielt. 

Zwischenzeitlich hatte VP
das Album in den USA an Warner weiterlizensiert und Mr Sean Paul hat dort
richtig abgesahnt, war Chartberaker in den Billboards und hat, wenn ich
mich richtig entsinne, zwei Millionen Alben abgesetzt. Warner brachte das
Werk im Anschluß an den Heimerfolg nach Europa, um noch ein bißchen
mehr Kohle zu verdienen, denn dazu taugt das “alte Europa” ja wenigstens
noch. Bei VIVA wurde der Videoclip also erneut dem Musikmanagement vorgelegt,
das den Tune auf “heavy Rotation” – über 10 Mal pro Tag dudeln lassen
– setzte. VIVA plus, die virtuelle Videojukebox folgte stantepede. Und
Mr Paul kletterte in den Charts auf Toppositionen. 

Wenn man bedenkt, daß
AOL Time Warner mittlerweile fetter Miteigentümer von VIVA und VIVA
Plus ist – ja, Gorny hat die Sender an die Amis verscherbelt und ist letztendlich
von ihnen gekickt worden – dann ist das schon ein starkes Stück. Hier
zählen weder das Können (oder Nichtkönnen) eines Künstlers
oder die harte Arbeit der Promomenschen, es bestimmen die Seilschaften.
Und das ist so typisch für meine Freunde, die Amis: sie versuchen
über ihre multinationalen Konzerne und die Satellitennetzwerke eine
globale, von ihnen kontrollierte Ramschkultur aufzubauen um den Menschen
ihre billigen Werte von Ego, Konsum und Selbstjustiz einzuimpfen. In diesem
Fall war der Ramsch jamaikanischem Ursprungs, umso schlimmer. Vielleicht
existiert dieser musikalische Junk deswegen, weil Mr Paul keinen Tropfen
afrokaribisches Blut in sich trägt und einfach auf den Bandwagon gejumpt
ist, mit Dancehall ein paar schnelle Dollars zu machen. Ich weiß,
ich bin der ewige Träumer und Weltverbesserer, schon meine Mama hat
immer gesagt, “Junge, das ist so, war schon immer so und wird auch so bleiben.” 

Mir ist übrigens gerade
eingefallen, wie der Song zum grottenschlechten Video mit Sean im Trash-Outfit
(Jeansjacke, Strass und USA-Anstecker) und jeder Menge wackelnder Titten
im Hintergrund hieß: “Gimme The Light.” Und RootZ.net hatte den Clip
schon verrissen, bevor er überhaupt seinen Weg zu VIVA gefunden hatte.
Der Kack war dem RootZ.net Author Luke gerade mal fünf Zeilen wert.


Copyright: Doc Highgoods
2003
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