RootZ.Öko – Artikel aus der Umwelt

Spiegel online 24.01.07

ARKTIS

Eisbären verlieren ihren natürlichen

Kreißsaal

Schneehöhlen auf Treibeis-Schollen sind für

Eisbären das, was für Menschen der Kreißsaal ist: Ein

sicherer Ort zum

Gebären. Doch immer weniger Weibchen finden diese Abgeschiedenheit

sie bringen ihre Jungen an Land zur Welt.

Anchorage – Für die Niederkunft graben sich

Eisbären-Weibchen

sprichwörtlich ein. Abgeschieden auf Treibeis buddeln sie sich

eine

Höhle, um darin ihre Jungen zur Welt zu bringen. Jedenfalls tat

das die

Mehrheit der Tiere, solange sie Gelegenheit dazu hatte.

In Alaska bringen Eisbärinnen jedoch mittlerweile

ihren Nachwuchs

überwiegend an Land zur Welt. Das fanden Forscher des U.S.

Geological

Survey (USGS) bei einer Langzeitbeobachtung heraus. Demnach gruben sich

in den Jahren 1985 bis 1994 über 60 Prozent der untersuchten

Eisbärinnen eine Schneehöhle auf Treibeis. Zwischen 1998 und

2004

bauten nur noch 37 Prozent der Bärinnen ihre

Kreißsaal-Höhle auf Eis.

Die anderen wichen aus und suchten sich eine geeignete Stelle an Land.

Anthony Fischbach, der leitende Biologe der Studie,

führt dies auf die Veränderungen in der arktischen Umwelt

zurück. In den vergangenen Jahren habe sich das arktische Packeis

später gebildet und sei im Frühjahr früher wieder

abgeschmolzen, sagte

er.

An Land können sich die Tiere ruhiger

Abgeschiedenheit weniger

sicher sein als auf dem Meereis. Außerdem stellen weite

Schwimmstrecken

eine zusätzliche Belastung für die trächtigen Weibchen

dar.

Der Rückgang des Meereises gilt als eine

große Bedrohung für die

Eisbären. Sollte er – was allgemein erwartet wird – weiter

voranschreiten, könnte dies die Eisbärenpopulation in Alaska

nach

Einschätzung des USGS drastisch verringern.

Im vergangenen Sommer hatten Forscher derselben

US-Bundesbehörde im Fachblatt “Polar Biology” von Fällen von

Kannibalismus unter Eisbären berichtet.

Sie führten dieses Art-untypische Verhalten auf Futtermangel in

einem

sich verändernden Lebensraum zurück. Im November letzten

Jahres

bescheinigten dieselben Wissenschaftler den Eisbären, dass sie

kleiner und seltener werden. Ende 2006 erklärte dann auch die

US-Regierung, dass der Eisbär als bedrohte Tierart in das

nationale Artenschutzprogramm aufgenommen werden soll.

Dirk Kempthorne, Staatssekretär im US-Innenministerium, sagte

damals:

“Wir fürchten, dass der Lebensraum der Eisbären

buchstäblich

wegschmelzen könnte.”

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