RootZ.Öko – Artikel aus der Umwelt

Soiegel online 18.02.07

KLIMAKILLER COMPUTER

14 Kraftwerke arbeiten nur für Rechenzentren

Von Matthias Kremp

Der weltweite Serverpark verbraucht

gigantische

Mengen an Energie. In welchen Dimensionen dieser Stromverbrauch liegt,

war allerdings bisher weitgehend unerforscht. Eine Studie bringt nun

erschreckende Zahlen ans Licht.

Allein in den USA laufen fünf Kraftwerke der 1000

Megawatt-Klasse

ausschließlich, um Rechenzentren mit Strom zu versorgen. Weltweit

sollen es sogar 14 sein. So lautet das Ergebnis einer Studie, die der

Wissenschaftler Jonathan Koomey von den Lawrence Berkeley National

Laboratories im Auftrag des Prozessorherstellers AMD durchgeführt

hat.

Koomeys Analyse stützt sich auf Daten des

Marktforschungsunternehmens

IDC. Deren Angaben über die Zahl der im Umlauf befindlichen Server

verknüpfte der Wissenschaftler mit Messungen und Schätzungen

zu deren

Stromverbrauch.

Das Resultat dieser Datenverarbeitung: 2005 verbrauchte

der Betrieb

von Servern, Kühlanlagen und Zusatzeinrichtungen in Rechenzentren

45

Milliarden Kilowattstunden Strom. Die entsprechende Stromrechnung

summiert sich auf 2,7 Milliarden US-Dollar (2,06 Milliarden Euro).

Allerdings wird davon nur die Hälfte wirklich für den Betrieb

der

Rechner benötigt. Enormer Aufwand wird vor allem für deren

Kühlung

betrieben. Insgesamt sind die US-amerikanischen Rechenzentren damit

für

1,2 Prozent des gesamten nationalen Stromverbrauchs verantwortlich – in

etwa genauso viel, wie die Fernsehgeräte der TV-Nation USA.

Riesige Dunkelziffer

Koomey weist darauf hin, dass seine Zahlen vermutlich

sogar noch

deutlich unter den realen Werten liegen. Der Grund: nicht alle Server

werden von den IDC-Zahlen erfasst. Als Beispiel gibt er die

Server-Installationen der Suchmaschine Google an, die nicht von der IDC

gemessen werden, da Google diese Rechner direkt von den Herstellern

bezieht. 2006 wurde allein Googles weltweiter Serverpark auf etwa

450.000 Geräte geschätzt.

Damit schienen die USA in der Rangliste der

IT-Stromverbraucher weit

vorne zu liegen. Den weltweiten Energieverbrauch durch Rechenzentren

taxiert die Studie auf mehr als 120 Milliarden Kilowattstunden, was

Kosten in Höhe von 7,2 Milliarden US-Dollar (5,48 Milliarden Euro)

entspricht.

Zum Vergleich wurde zudem die Entwicklung des

IT-Stromverbrauchs

seit dem Jahr 2000 berechnet. Demnach verdoppelte sich der Stromhunger

durch Server innerhalb dieses Zeitraums. Bis 2010, so fürchtet

Koomey,

werde der Energiebedarf um weitere 40 Prozent steigen. Verantwortlich

dafür seien vor allem sogenannte Blade-Server, die aufgrund

günstiger

Preise stark an Popularität zulegen. Da solche Server auf

Steckkarten

aufgebaut sind, können Dutzende davon in einem einzigen

Serverschrank

untergebracht werden.

Umdenken erforderlich

Als Ausweg fordert der Autor der Studie ein Umdenken

bei den

IT-Verantwortlichen. Statt in erster Linie auf die Kosten für den

Kauf

neuer Server zu schielen, sollten sie lieber langfristig denken und die

sogenannten “total cost of ownership”, also die Gesamtkosten über

den

Nutzungszeitraum, als Kriterium für Kaufentscheidungen

heranziehen.

Dann könnten die Firmen ungeahnte Sparpotentiale freisetzen.

Zudem, so

glaubt er, könnte die Entwicklung durch den Trend zu

Virtualisierung,

also dem Betrieb von mehreren Betriebssystemen, die gleichzeitig und

parallel zueinander auf derselben Hardware laufen, und den zunehmenden

Einsatz besonders effizienter Prozessoren gebremst werden.

Allerdings findet derzeit ohnehin ein Wettlauf zwischen

der

Entwicklung stromsparender Hightech-Produkte und dem rasant steigenden

Bedarf an IT-Infrastrukturen statt. So haben die beiden großen

Chip-Hersteller Intel und AMD ihre Entwickler auf einen neuen Kurs

gebracht und verwenden mittlerweile viel Energie darauf, den

Strombedarf ihrer Produkte trotz steigender Leistung im Zaum zu halten.

Zudem könnten gänzlich neue Technologien dazu

beitragen, den

Gesamt-Energiebedarf zu senken. So wird beispielsweise erwartet, dass

etliche Notebook-Hersteller in diesem Jahr Mobilrechner auf den Markt

bringen werden, deren Bildschirme von fortschrittlichen LED-Lampen

beleuchtet werden. Deren Strombedarf liegt rund 50 Prozent niedriger

als der herkömmlicher CCFL-Hintergrundbeleuchtungen. Vorerst mag

das

nur ein Tropfen auf den heißen Stein sein. Angesichts von 77

Millionen

Mobilgeräten, die nach Angaben des Marktforschungsunternehmens

Canalys

allein 2006 verkauft wurden, addieren sich aber auch solche kleinen

Beträge im globalen Maßstab zu stattlichen Summen.

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