RootZ.Öko – Artikel aus der Umwelt

FAZ online 18.02.07

Erneuerbare

Energien – Wie deutsche Ökofirmen die Welt retten

Von

Bettina Weiguny

18. Februar 2007 

Bundeskanzlerin

Angela Merkel hat die Zukunft entdeckt – zusammen mit George Bush und

der chinesischen Regierung, mit Siemens-Chef Klaus Kleinfeld und

Südkorea. Die Zukunft, verkünden sie, liege in Wind, Sonne,

Wasser und

der Biomasse.

Solche

Schwärmerei für die Ökoenergien war bis vor kurzem aus

diesen Lagern

selten zu hören. Wer die Abkehr vom Öl propagierte,

womöglich auch den

Ausstieg aus der Atomenergie forderte, galt als Jobkiller oder als

Phantast.

„Green power“ ist angesagt

Weltweit belächelt wurden

die

Deutschen in den 80er und 90er Jahren, als die Grünen hierzulande

ihre

Träume von den erneuerbaren Energien mit staatlichen Geldern zu

fördern

begannen. Und jetzt?

Jetzt

stehen die Deutschen plötzlich als Vorreiter

zukunftsträchtiger

Technologien im internationalen Rampenlicht. Sie sind

Weltmarktführer

in einer explodierenden Branche. „Green power“ ist angesagt, das

Kyoto-Protokoll kein Fremdwort mehr.

Vorsprung dank staatlicher

Päppelung

Selbst in Davos diskutierten

die

Vorstandsvorsitzenden der Global Player über Biosprit, Solarwafer

und

Wellenenergie. Und Firmen mit Sitz in Hamburg, Husum, Thalheim und

Freiburg sind die Stars in der Fertigung von Solarzellen,

Windkrafträdern und Biokraftstoffanlagen.

Den

Vorsprung verdanken sie der staatlichen Päppelung durch die

ehemalige

rot-grüne Bundesregierung. Das Erneuerbare-Energien-Gesetz hat der

Branche Subventionen in Millionenhöhe gesichert.

Wissen und Technik als

Exportschlager

Zum

großen Durchbruch verhalfen der Branche nun die weltweite

Diskussion um

Klimawandel, Erderwärmung und Ölpreisexplosion, der

Ärger mit Öl- und

Gaslieferungen aus Russland sowie der Wirbelsturm „Katrina“, der New

Orleans verwüstete.

Als

Rettung bleibt – die Ökoenergie-Industrie. Und Deutschland ist

Weltmeister in der Entwicklung von Anlagen zur Nutzung erneuerbarer

Energien. Wissen und Technik „made in Germany“ sind Exportschlager.

Ein

Drittel der weltweit installierten Wasserkraft stammt vom Heidenheimer

Maschinenbauunternehmen Voith. Fast jede zweite Windanlage und jede

dritte Solarzelle werden hierzulande gefertigt. Bereits 34 Prozent der

produzierten Solarzellen wurden ins Ausland geliefert.

Grün ist in – auch an

der Börse

Ausländische

Investoren werfen bereits ein Auge auf die hiesigen Start-ups. Derzeit

überbieten sich der französische Nuklearkonzern Areva und das

indische

Energieunternehmen Suzlon mit Übernahmeangeboten für die

Repower AG.

Seit

ein, zwei Jahren sind besonders die Solarwerte wie Q-Cells oder

Solarworld die Lieblinge an der Börse. Um dem Trend nachzukommen,

legen

immer mehr Banken in dem Bereich Publikumsfonds auf – Grün ist in.

Darauf stürzt sich der Anleger, ob klein oder etwas

größer.

Anderthalb Quadratmeter

saubere Zukunft

Auch

angelsächsische Beteiligungsgesellschaften haben den

Ökostandort

Deutschland entdeckt. Private-Equity-Investoren sind auf ständiger

Suche, wo sie Geld in die Wind- und Sonnenenergie pumpen können.

Kritiker warnen bereits vor einem neuen Hype wie zu Zeiten der New

Economy.

Dabei

ist die Solarindustrie noch immer ein Winzling, der weniger als ein

Prozent des Stromverbrauchs in Deutschland deckt. Das Potential aber

sei enorm, deshalb seien die Anschubhilfen gerechtfertigt, meint

Solarworld-Gründer Frank Asbeck. In einigen Jahren müsse sich

Branche

schließlich selbst tragen. Heute fertigen seine Leute im

sächsischen

Freiberg im Drei-Schicht-Betrieb mehr als 3000 Solarmodule am Tag –

jeweils anderthalb Quadratmeter saubere Zukunft.

Deutsches Knowhow weltweit

gefragt

Zwei

Drittel der Module verschifft Asbeck, ein Gründungsmitglied der

Grünen,

inzwischen ins Ausland. Noch vor wenigen Jahren war ein solcher

Weltmarkt unvorstellbar. Im Jahr 2000 haben deutsche Firmen Anlagen im

Wert von einer halben Milliarde Euro exportiert. 2005 waren es bereits

4,6 Milliarden Euro. „2006 beläuft sich die Höhe der Exporte

auf sechs

Milliarden Euro“, teilte jetzt der Verband Erneuerbare Energie mit.

„Mit der Steigerung von 30 Prozent haben wir unsere hochgesteckte

Prognose für das vergangene Jahr erreicht.“

Der

weitaus größte Anteil des Exportvolumens entfiel dabei auf

die

Windindustrie. Deutsches Knowhow besonders im Bereich Maschinenbau sei

weltweit gefragt. „Selbst wo General Electric draufsteht, ist

größtenteils ,Made in Germany’ drin“, sagt der Sprecher des

Verbandes

Erneuerbare Energien.

Stramme ökonomische

Ziele

Insgesamt

arbeiten in Deutschland mehr als 170.000 Menschen in der Branche. Zum

Vergleich: In der Automobilbranche verdienen – inklusive aller

Zulieferer – 700.000 Menschen ihren Lebensunterhalt.

Und

die Energiebranche hat stramme ökonomische Ziele: Sie will

jährlich um

zehn Prozent wachsen, im Jahr 2020 etwa 120 Milliarden Euro umsetzen

(derzeit sind es 16,4 Milliarden Euro) und eine halbe Million

Mitarbeiter beschäftigen. Zudem sollen Anlagen für 80

Milliarden Euro

exportiert werden.

Im

vorigen Jahr haben mehrere Unternehmen bereits in Amerika, Indien und

Asien Fuß gefasst. Der Windmühlenhersteller Repower setzt in

Husum

Windräder zusammen, die per Schiff nach Amerika exportiert werden.

Ebenso hat Repower erste Gemeinschaftsunternehmen mit chinesischen

Konzernen gegründet.

Die CDU

übertrifft sogar die Grünen

Exporte

lohnen sich für deutsche Unternehmen, seit auch andere Regierungen

die

Energieversorgung aus erneuerbaren Energien finanziell fördern. So

will

China bis zum Jahr 2020 etwa 17 Prozent seines Energiebedarfs aus

erneuerbaren Quellen decken und führt dazu ein Einspeisegesetz

nach

deutschem Vorbild ein. Schweden will 2020 ohne Ölimporte

auskommen,

Kalifornien ein Drittel des Strombedarfs mit regenerativen Energien

decken.

Jetzt,

wo Ökostrom weltweit hoffähig ist, erwärmt sich auch

Angela Merkel für

die CO2-Alternative. Die CDU übertrifft sogar die Grünen, die

im Jahr

2020 etwa 25 Prozent der Stromversorgung durch erneuerbare Energien

decken möchten.

Vorige

Woche forderten die Energieexperten der Union überraschend 35

Prozent.

Davon wagt selbst Solarworld-Chef Asbeck kaum zu träumen.

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